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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Betrachtungen
herrlichste, unvergänglichste und unwandelbarste Wesen! O tolle, tolle
Welt, daß du diesen Schatz also gar verächtlich haltest! die Ursach aber,
warum du diese theure Perl so gering schätzest, ist, weil du ihren aus-
fliessenden, Segen-reichen Früchten nichts nachfragest, welches sind
ungefärbte Liebe, Hoffnung aus dem Glauben, Gerechtigkeit, Gott-
seeligkeit, Hertzens-Demuth, Selbst-Verläugnung, Gedult,
Keuschheit. Ach daß doch die Zeit bald käme, daß jedermann diese
Tugenden höher achtete als alles auf Erden; Weilen sie nicht nur von
Ost- oder West-Jndien herkommen, sondern von JESU aus dem
Himmel. O wie bald würden dich, o theurster Seeligmacher, al-
le Leute sodann vor ihren einigen Reichthum, Trost, Ehre, Labsal,
Schatz, Wonne und Ergötzung halten, lieben und unzehlich tau-
send mahl nach dir seufftzen.

Anrede an
die Ju-
gend, JE-
sum allein
zu lieben.

§. 7. O ihr Töchtern Jerusalem! Jhr traget ja feine Perlen so gern
an eurem Leib, sehet hier will euch euer himmlischer Vatter euer
GOTT und Schöpffer die allerschönste Perl geben, so im Himmel
zu haben vor euern unsterblichen Geist, seyd ihr dann gar nicht zu be-
reden, daß ihr die Hand eurer Begierden ausstrecket und sie euerm
GOTT abnehmet, merckets doch, wann ihr nicht mit zitternder
Freud und unruhiger Begierlichkeit nach JESU strebet, so verach-
tet ihr zugleich beyde den Vatter und den Sohn, den Majestäti-
schen, unendlichen Geber und seine unendliche, unbeschreibliche
Gabe.

Ach ergreiffet doch JESUM und saget ihm: HERR JESU
ich will dein seyn, dir will ich leben und sterben, deine Liebe soll mir
nie aus dem Sinn kommen, vergesse ich deiner, so verges-
se ich meiner rechten Hand, meine Zung müsse an
meinem Gaumen kleben, wo ich nicht deiner einge-
denck bin den gantzen Tag
a. Ja süsser JESU! Jch will
nicht mehr in die eitele Societäten oder Gesellschafften gehen.
Komm du lieblichste Zierd, du unverwelckliche Blum und Lebens-
Sonne, wir wollen in mein Kämmerlein, da wollen wir uns zusam-
men verschliessen und diesen Vor- und Nachmittag heiliglich und see-
liglich mit einander zubringen, da will ich dich genug riechen, da

sollt
a Psal. CXXXVII. 5. 6.

Betrachtungen
herrlichſte, unvergaͤnglichſte und unwandelbarſte Weſen! O tolle, tolle
Welt, daß du dieſen Schatz alſo gar veraͤchtlich halteſt! die Urſach aber,
warum du dieſe theure Perl ſo gering ſchaͤtzeſt, iſt, weil du ihren aus-
flieſſenden, Segen-reichen Fruͤchten nichts nachfrageſt, welches ſind
ungefaͤrbte Liebe, Hoffnung aus dem Glauben, Gerechtigkeit, Gott-
ſeeligkeit, Hertzens-Demuth, Selbſt-Verlaͤugnung, Gedult,
Keuſchheit. Ach daß doch die Zeit bald kaͤme, daß jedermann dieſe
Tugenden hoͤher achtete als alles auf Erden; Weilen ſie nicht nur von
Oſt- oder Weſt-Jndien herkommen, ſondern von JESU aus dem
Himmel. O wie bald wuͤrden dich, o theurſter Seeligmacher, al-
le Leute ſodann vor ihren einigen Reichthum, Troſt, Ehre, Labſal,
Schatz, Wonne und Ergoͤtzung halten, lieben und unzehlich tau-
ſend mahl nach dir ſeufftzen.

Anrede an
die Ju-
gend, JE-
ſum allein
zu lieben.

§. 7. O ihr Toͤchtern Jeruſalem! Jhr traget ja feine Perlen ſo gern
an eurem Leib, ſehet hier will euch euer himmliſcher Vatter euer
GOTT und Schoͤpffer die allerſchoͤnſte Perl geben, ſo im Himmel
zu haben vor euern unſterblichen Geiſt, ſeyd ihr dann gar nicht zu be-
reden, daß ihr die Hand eurer Begierden ausſtrecket und ſie euerm
GOTT abnehmet, merckets doch, wann ihr nicht mit zitternder
Freud und unruhiger Begierlichkeit nach JESU ſtrebet, ſo verach-
tet ihr zugleich beyde den Vatter und den Sohn, den Majeſtaͤti-
ſchen, unendlichen Geber und ſeine unendliche, unbeſchreibliche
Gabe.

Ach ergreiffet doch JESUM und ſaget ihm: HERR JESU
ich will dein ſeyn, dir will ich leben und ſterben, deine Liebe ſoll mir
nie aus dem Sinn kommen, vergeſſe ich deiner, ſo vergeſ-
ſe ich meiner rechten Hand, meine Zung muͤſſe an
meinem Gaumen kleben, wo ich nicht deiner einge-
denck bin den gantzen Tag
a. Ja ſuͤſſer JESU! Jch will
nicht mehr in die eitele Societaͤten oder Geſellſchafften gehen.
Komm du lieblichſte Zierd, du unverwelckliche Blum und Lebens-
Sonne, wir wollen in mein Kaͤmmerlein, da wollen wir uns zuſam-
men verſchlieſſen und dieſen Vor- und Nachmittag heiliglich und ſee-
liglich mit einander zubringen, da will ich dich genug riechen, da

ſollt
a Pſal. CXXXVII. 5. 6.
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[866/0962] Betrachtungen herrlichſte, unvergaͤnglichſte und unwandelbarſte Weſen! O tolle, tolle Welt, daß du dieſen Schatz alſo gar veraͤchtlich halteſt! die Urſach aber, warum du dieſe theure Perl ſo gering ſchaͤtzeſt, iſt, weil du ihren aus- flieſſenden, Segen-reichen Fruͤchten nichts nachfrageſt, welches ſind ungefaͤrbte Liebe, Hoffnung aus dem Glauben, Gerechtigkeit, Gott- ſeeligkeit, Hertzens-Demuth, Selbſt-Verlaͤugnung, Gedult, Keuſchheit. Ach daß doch die Zeit bald kaͤme, daß jedermann dieſe Tugenden hoͤher achtete als alles auf Erden; Weilen ſie nicht nur von Oſt- oder Weſt-Jndien herkommen, ſondern von JESU aus dem Himmel. O wie bald wuͤrden dich, o theurſter Seeligmacher, al- le Leute ſodann vor ihren einigen Reichthum, Troſt, Ehre, Labſal, Schatz, Wonne und Ergoͤtzung halten, lieben und unzehlich tau- ſend mahl nach dir ſeufftzen. §. 7. O ihr Toͤchtern Jeruſalem! Jhr traget ja feine Perlen ſo gern an eurem Leib, ſehet hier will euch euer himmliſcher Vatter euer GOTT und Schoͤpffer die allerſchoͤnſte Perl geben, ſo im Himmel zu haben vor euern unſterblichen Geiſt, ſeyd ihr dann gar nicht zu be- reden, daß ihr die Hand eurer Begierden ausſtrecket und ſie euerm GOTT abnehmet, merckets doch, wann ihr nicht mit zitternder Freud und unruhiger Begierlichkeit nach JESU ſtrebet, ſo verach- tet ihr zugleich beyde den Vatter und den Sohn, den Majeſtaͤti- ſchen, unendlichen Geber und ſeine unendliche, unbeſchreibliche Gabe. Ach ergreiffet doch JESUM und ſaget ihm: HERR JESU ich will dein ſeyn, dir will ich leben und ſterben, deine Liebe ſoll mir nie aus dem Sinn kommen, vergeſſe ich deiner, ſo vergeſ- ſe ich meiner rechten Hand, meine Zung muͤſſe an meinem Gaumen kleben, wo ich nicht deiner einge- denck bin den gantzen Tag a. Ja ſuͤſſer JESU! Jch will nicht mehr in die eitele Societaͤten oder Geſellſchafften gehen. Komm du lieblichſte Zierd, du unverwelckliche Blum und Lebens- Sonne, wir wollen in mein Kaͤmmerlein, da wollen wir uns zuſam- men verſchlieſſen und dieſen Vor- und Nachmittag heiliglich und ſee- liglich mit einander zubringen, da will ich dich genug riechen, da ſollt a Pſal. CXXXVII. 5. 6.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/962>, abgerufen am 22.11.2024.