e) Wollen dann die Eltern, daß ihre Kinder den Tauff-Bund nicht brechen, sondern täglich er- neueren, so müssen sie denen gefährlichsten, schäd- lichsten, und nach dem Heyl der Kindern stets- nachlaurenden Seelen-Feinden wohl ins Spiel se- hen, und zu dem End hin das Geheimniß der Bosheit, die Tiefen des Satans, etwelcher Maassen kennen und aus eigener Erfahrung wahrgenommen haben, was die Gemeinschafft mit GOtt fürnem- lich schwäche, oder vollends verhindere, welch ein scheußliches Ungeheur die Eigen-Liebe, und wie kein Leben GOttes, keine neue Creatur aufkom- men könne, wo man selbige nicht kräncke und creu- tzige; und wie man die alle Süßigkeiten der Sünd und Welt unendlich übersteigende Süßigkeit GOt- tes und seines Reichs mit nichten zu geniessen habe, so lang man noch mit Willen der geringsten Lust Herberg und Nahrung gebe. Ach die arme, un- erfahrne, unweise Kinder wissen nicht, was die Schlange im Sinn hat; und darum müssen sie es erst lernen: Wie dann bisweilen auch wohl ein gottloser Vater, durch des HErrn heilige Vorse- hung, seinem Kind eine gute Lehre geben muß. Jch kenne einen Herrn, der GOtt nicht fürchtet und keinen Menschen scheuet; dieser legte seinem Kind einen Löffel voll verzückerter Erdbeeren auf den Tel- ler, und sagte darbey: Dis ist Geschleuder; is- sest du darvon, so bekommst du eben so eine bleiche Farb, als die Magd hat: Da dann das Kind auf keine Weise zu bereden ware, daß es nur eins
davon
der Verfuͤhrung der Jugend.
§. 17.
e) Wollen dann die Eltern, daß ihre Kinder den Tauff-Bund nicht brechen, ſondern taͤglich er- neueren, ſo muͤſſen ſie denen gefaͤhrlichſten, ſchaͤd- lichſten, und nach dem Heyl der Kindern ſtets- nachlaurenden Seelen-Feinden wohl ins Spiel ſe- hen, und zu dem End hin das Geheimniß der Bosheit, die Tiefen des Satans, etwelcher Maaſſen kennen und aus eigener Erfahrung wahrgenommen haben, was die Gemeinſchafft mit GOtt fuͤrnem- lich ſchwaͤche, oder vollends verhindere, welch ein ſcheußliches Ungeheur die Eigen-Liebe, und wie kein Leben GOttes, keine neue Creatur aufkom- men koͤnne, wo man ſelbige nicht kraͤncke und creu- tzige; und wie man die alle Suͤßigkeiten der Suͤnd und Welt unendlich uͤberſteigende Suͤßigkeit GOt- tes und ſeines Reichs mit nichten zu genieſſen habe, ſo lang man noch mit Willen der geringſten Luſt Herberg und Nahrung gebe. Ach die arme, un- erfahrne, unweiſe Kinder wiſſen nicht, was die Schlange im Sinn hat; und darum muͤſſen ſie es erſt lernen: Wie dann bisweilen auch wohl ein gottloſer Vater, durch des HErrn heilige Vorſe- hung, ſeinem Kind eine gute Lehre geben muß. Jch kenne einen Herrn, der GOtt nicht fuͤrchtet und keinen Menſchen ſcheuet; dieſer legte ſeinem Kind einen Loͤffel voll verzuͤckerter Erdbeeren auf den Tel- ler, und ſagte darbey: Dis iſt Geſchleuder; iſ- ſeſt du darvon, ſo bekommſt du eben ſo eine bleiche Farb, als die Magd hat: Da dann das Kind auf keine Weiſe zu bereden ware, daß es nur eins
davon
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0129"n="111"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Verfuͤhrung der Jugend.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 17.</head><lb/><p><hirendition="#aq">e</hi>) Wollen dann die Eltern, daß ihre Kinder<lb/>
den Tauff-Bund nicht brechen, ſondern taͤglich er-<lb/>
neueren, ſo muͤſſen ſie denen gefaͤhrlichſten, ſchaͤd-<lb/>
lichſten, und nach dem Heyl der Kindern ſtets-<lb/>
nachlaurenden Seelen-Feinden wohl ins Spiel ſe-<lb/>
hen, und zu dem End hin das Geheimniß der<lb/>
Bosheit, die Tiefen des Satans, etwelcher Maaſſen<lb/>
kennen und aus eigener Erfahrung wahrgenommen<lb/>
haben, was die Gemeinſchafft mit GOtt fuͤrnem-<lb/>
lich ſchwaͤche, oder vollends verhindere, welch ein<lb/>ſcheußliches Ungeheur die <hirendition="#fr">Eigen-Liebe,</hi> und wie<lb/>
kein Leben GOttes, keine neue Creatur aufkom-<lb/>
men koͤnne, wo man ſelbige nicht kraͤncke und creu-<lb/>
tzige; und wie man die alle Suͤßigkeiten der Suͤnd<lb/>
und Welt unendlich uͤberſteigende Suͤßigkeit GOt-<lb/>
tes und ſeines Reichs mit nichten zu genieſſen habe,<lb/>ſo lang man noch mit Willen der geringſten Luſt<lb/>
Herberg und Nahrung gebe. Ach die arme, un-<lb/>
erfahrne, unweiſe Kinder wiſſen nicht, was die<lb/>
Schlange im Sinn hat; und darum muͤſſen ſie es<lb/>
erſt lernen: Wie dann bisweilen auch wohl ein<lb/>
gottloſer Vater, durch des HErrn heilige Vorſe-<lb/>
hung, ſeinem Kind eine gute Lehre geben muß. Jch<lb/>
kenne einen Herrn, der GOtt nicht fuͤrchtet und<lb/>
keinen Menſchen ſcheuet; dieſer legte ſeinem Kind<lb/>
einen Loͤffel voll verzuͤckerter Erdbeeren auf den Tel-<lb/>
ler, und ſagte darbey: Dis iſt Geſchleuder; iſ-<lb/>ſeſt du darvon, ſo bekommſt du eben ſo eine bleiche<lb/>
Farb, als die Magd hat: Da dann das Kind<lb/>
auf keine Weiſe zu bereden ware, daß es nur eins<lb/><fwplace="bottom"type="catch">davon</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[111/0129]
der Verfuͤhrung der Jugend.
§. 17.
e) Wollen dann die Eltern, daß ihre Kinder
den Tauff-Bund nicht brechen, ſondern taͤglich er-
neueren, ſo muͤſſen ſie denen gefaͤhrlichſten, ſchaͤd-
lichſten, und nach dem Heyl der Kindern ſtets-
nachlaurenden Seelen-Feinden wohl ins Spiel ſe-
hen, und zu dem End hin das Geheimniß der
Bosheit, die Tiefen des Satans, etwelcher Maaſſen
kennen und aus eigener Erfahrung wahrgenommen
haben, was die Gemeinſchafft mit GOtt fuͤrnem-
lich ſchwaͤche, oder vollends verhindere, welch ein
ſcheußliches Ungeheur die Eigen-Liebe, und wie
kein Leben GOttes, keine neue Creatur aufkom-
men koͤnne, wo man ſelbige nicht kraͤncke und creu-
tzige; und wie man die alle Suͤßigkeiten der Suͤnd
und Welt unendlich uͤberſteigende Suͤßigkeit GOt-
tes und ſeines Reichs mit nichten zu genieſſen habe,
ſo lang man noch mit Willen der geringſten Luſt
Herberg und Nahrung gebe. Ach die arme, un-
erfahrne, unweiſe Kinder wiſſen nicht, was die
Schlange im Sinn hat; und darum muͤſſen ſie es
erſt lernen: Wie dann bisweilen auch wohl ein
gottloſer Vater, durch des HErrn heilige Vorſe-
hung, ſeinem Kind eine gute Lehre geben muß. Jch
kenne einen Herrn, der GOtt nicht fuͤrchtet und
keinen Menſchen ſcheuet; dieſer legte ſeinem Kind
einen Loͤffel voll verzuͤckerter Erdbeeren auf den Tel-
ler, und ſagte darbey: Dis iſt Geſchleuder; iſ-
ſeſt du darvon, ſo bekommſt du eben ſo eine bleiche
Farb, als die Magd hat: Da dann das Kind
auf keine Weiſe zu bereden ware, daß es nur eins
davon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/129>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.