zu nahe kommest/ sonst fängt der Zun- der des Bösen/ der in dir ist/ gar zu leicht Feuer.
Nengierigkeit ist ein merckliches Stück von der Erb-Sünde, und ein sehr grosses Ubel: Sie ist einer von denen Mördern, von welchen die un- vorsichtige Menschen-Seele ist umgebracht worden. Eva war neugierig zu wissen, was es mit dem Bösen für eine Bewandniß, und welch einen Ge- schmack es habe, und asse darum von dem verbo- tenen Versuch-Baum den Tod. Mein Kind! die Neugierigkeit ist der Rachen der Seele, welcher nur nach den Gütern des neuen Bundes offen seyn muß, zu wissen und zu schmecken, wie es im Pa- radies der Gemeinschafft Christi stehe, was das Brod, Wein, Bäume und Brunn des Lebens für einen Geschmack habe, was das verborgene Manna und das Abendmahl seye, so JEsus nach seiner Einkehr in des Gläubigen Hertz mit der Seele halten will. Aber neugierig seyn über schädliche gifftige Dinge, ist wohl eine eitele Narrheit, und stürtzet unzähliche Leute in das grösseste Unglück. Mein Kind! die Oerter und Leute, wo böses oder unnützes Geschwätz getrieben wird, sind des See- len-Feindes Lock-Heerd; wann er dann ein uner- fahrnes Kind daher kommen siehet, so weiß er schon, was für Körner er vorstreuen solle, das unweise Jugend-Hertz in seinen Strick zu fangen, und ums Leben zu bringen; dann er kennet eines jeden Nei- gung, Schwachheit, Temperament und Geblüt. Das ist sein Pulver, kan er dir beykommen, und einen Höllen-Funcken drein werffen, so giebts
Brand-
Q
der Verfuͤhrung der Jugend.
zu nahe kommeſt/ ſonſt faͤngt der Zun- der des Boͤſen/ der in dir iſt/ gar zu leicht Feuer.
Nengierigkeit iſt ein merckliches Stuͤck von der Erb-Suͤnde, und ein ſehr groſſes Ubel: Sie iſt einer von denen Moͤrdern, von welchen die un- vorſichtige Menſchen-Seele iſt umgebracht worden. Eva war neugierig zu wiſſen, was es mit dem Boͤſen fuͤr eine Bewandniß, und welch einen Ge- ſchmack es habe, und aſſe darum von dem verbo- tenen Verſuch-Baum den Tod. Mein Kind! die Neugierigkeit iſt der Rachen der Seele, welcher nur nach den Guͤtern des neuen Bundes offen ſeyn muß, zu wiſſen und zu ſchmecken, wie es im Pa- radies der Gemeinſchafft Chriſti ſtehe, was das Brod, Wein, Baͤume und Brunn des Lebens fuͤr einen Geſchmack habe, was das verborgene Manna und das Abendmahl ſeye, ſo JEſus nach ſeiner Einkehr in des Glaͤubigen Hertz mit der Seele halten will. Aber neugierig ſeyn uͤber ſchaͤdliche gifftige Dinge, iſt wohl eine eitele Narrheit, und ſtuͤrtzet unzaͤhliche Leute in das groͤſſeſte Ungluͤck. Mein Kind! die Oerter und Leute, wo boͤſes oder unnuͤtzes Geſchwaͤtz getrieben wird, ſind des See- len-Feindes Lock-Heerd; wann er dann ein uner- fahrnes Kind daher kommen ſiehet, ſo weiß er ſchon, was fuͤr Koͤrner er vorſtreuen ſolle, das unweiſe Jugend-Hertz in ſeinen Strick zu fangen, und ums Leben zu bringen; dann er kennet eines jeden Nei- gung, Schwachheit, Temperament und Gebluͤt. Das iſt ſein Pulver, kan er dir beykommen, und einen Hoͤllen-Funcken drein werffen, ſo giebts
Brand-
Q
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="241"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Verfuͤhrung der Jugend.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">zu nahe kommeſt/ ſonſt faͤngt der Zun-<lb/>
der des Boͤſen/ der in dir iſt/ gar zu leicht<lb/>
Feuer.</hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">Nengierigkeit</hi> iſt ein merckliches Stuͤck von<lb/>
der Erb-Suͤnde, und ein ſehr groſſes Ubel: Sie<lb/>
iſt einer von denen Moͤrdern, von welchen die un-<lb/>
vorſichtige Menſchen-Seele iſt umgebracht worden.<lb/>
Eva war neugierig zu wiſſen, was es mit dem<lb/>
Boͤſen fuͤr eine Bewandniß, und welch einen Ge-<lb/>ſchmack es habe, und aſſe darum von dem verbo-<lb/>
tenen Verſuch-Baum den Tod. Mein Kind! die<lb/>
Neugierigkeit iſt der Rachen der Seele, welcher<lb/>
nur nach den Guͤtern des neuen Bundes offen ſeyn<lb/>
muß, zu wiſſen und zu ſchmecken, wie es im Pa-<lb/>
radies der Gemeinſchafft Chriſti ſtehe, was das<lb/>
Brod, Wein, Baͤume und Brunn des Lebens<lb/>
fuͤr einen Geſchmack habe, was das verborgene<lb/>
Manna und das Abendmahl ſeye, ſo JEſus nach<lb/>ſeiner Einkehr in des Glaͤubigen Hertz mit der Seele<lb/>
halten will. Aber neugierig ſeyn uͤber ſchaͤdliche<lb/>
gifftige Dinge, iſt wohl eine eitele Narrheit, und<lb/>ſtuͤrtzet unzaͤhliche Leute in das groͤſſeſte Ungluͤck.<lb/>
Mein Kind! die Oerter und Leute, wo boͤſes oder<lb/>
unnuͤtzes Geſchwaͤtz getrieben wird, ſind des See-<lb/>
len-Feindes Lock-Heerd; wann er dann ein uner-<lb/>
fahrnes Kind daher kommen ſiehet, ſo weiß er ſchon,<lb/>
was fuͤr Koͤrner er vorſtreuen ſolle, das unweiſe<lb/>
Jugend-Hertz in ſeinen Strick zu fangen, und ums<lb/>
Leben zu bringen; dann er kennet eines jeden Nei-<lb/>
gung, Schwachheit, Temperament und Gebluͤt.<lb/>
Das iſt ſein Pulver, kan er dir beykommen, und<lb/>
einen Hoͤllen-Funcken drein werffen, ſo giebts<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q</fw><fwplace="bottom"type="catch">Brand-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[241/0259]
der Verfuͤhrung der Jugend.
zu nahe kommeſt/ ſonſt faͤngt der Zun-
der des Boͤſen/ der in dir iſt/ gar zu leicht
Feuer.
Nengierigkeit iſt ein merckliches Stuͤck von
der Erb-Suͤnde, und ein ſehr groſſes Ubel: Sie
iſt einer von denen Moͤrdern, von welchen die un-
vorſichtige Menſchen-Seele iſt umgebracht worden.
Eva war neugierig zu wiſſen, was es mit dem
Boͤſen fuͤr eine Bewandniß, und welch einen Ge-
ſchmack es habe, und aſſe darum von dem verbo-
tenen Verſuch-Baum den Tod. Mein Kind! die
Neugierigkeit iſt der Rachen der Seele, welcher
nur nach den Guͤtern des neuen Bundes offen ſeyn
muß, zu wiſſen und zu ſchmecken, wie es im Pa-
radies der Gemeinſchafft Chriſti ſtehe, was das
Brod, Wein, Baͤume und Brunn des Lebens
fuͤr einen Geſchmack habe, was das verborgene
Manna und das Abendmahl ſeye, ſo JEſus nach
ſeiner Einkehr in des Glaͤubigen Hertz mit der Seele
halten will. Aber neugierig ſeyn uͤber ſchaͤdliche
gifftige Dinge, iſt wohl eine eitele Narrheit, und
ſtuͤrtzet unzaͤhliche Leute in das groͤſſeſte Ungluͤck.
Mein Kind! die Oerter und Leute, wo boͤſes oder
unnuͤtzes Geſchwaͤtz getrieben wird, ſind des See-
len-Feindes Lock-Heerd; wann er dann ein uner-
fahrnes Kind daher kommen ſiehet, ſo weiß er ſchon,
was fuͤr Koͤrner er vorſtreuen ſolle, das unweiſe
Jugend-Hertz in ſeinen Strick zu fangen, und ums
Leben zu bringen; dann er kennet eines jeden Nei-
gung, Schwachheit, Temperament und Gebluͤt.
Das iſt ſein Pulver, kan er dir beykommen, und
einen Hoͤllen-Funcken drein werffen, ſo giebts
Brand-
Q
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/259>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.