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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Cap. 5. Die sünffte Quelle
mir gleich Leib und Seel verschmachtet/
so bist doch du/ o GOtt/ meines Hertzens
Trost und mein Theil.
v. 25. und 26.

Siehest du demnach, mein liebes Kind! die
Kinder dieser Welt sich in Dingen, so die finstere,
plumpe Erde darreicht, brav lustig machen; so
lasse du dich nicht gelüsten, daran Theil zu neh-
men: Dann das Ende der Mahlzeit ist ewiger
Wermuth, und ein unaufhörliches Grimmen und
Nagen in Leib und Seele: Ach ja! die Uerten,
so sie dem Fürsten der Welt für eine so schlechte
und Seelen-schädliche Mahlzeit bezahlen müssen,
wird so theuer seyn, daß ihnen darüber die Haare
gen Berge stehen und sie erkennen werden, daß
ihnen tausendmahl besser gewesen wäre, wann sie
zur selbigen Zeit mit den Grönländern und Sa-
mojeden gespiesen bätten; als bey welchen sie ein
weit vergnügter Leben gehabt hätten, und nun nicht
an allem Schiffbruch leiden, in den Schlund des
Abgrunds der Verzweiflung versincken, und ewig
ohne einige Lust, Kurtzweil und Erquickung dar-
ben müßten. Laß dich doch, mein Kind, nicht
bethören: Jn einem kleinen Augenblick kanst du dein
Heyl verschertzen oder gewinnen. Habe dann Acht,
harre ein wenig, es hat schon eilff Uhr geschlagen,
es ist nahe kommen das Ende aller Dingen, und
die Eß-Glocken, die dir zum Mittagmahl rufft,
wird bald läuten. Dahin spare deinen Appetit,
und bekümmere dich um nichts, als wie du dann-
zumahl fertig, und dein Hochzeit-Kleid herrlich
seye. Es wird alles aus des Königs unerschöpff-
lichen Reichthum bereitet, und kostet dich nichts:

Es

Cap. 5. Die ſuͤnffte Quelle
mir gleich Leib und Seel verſchmachtet/
ſo biſt doch du/ o GOtt/ meines Hertzens
Troſt und mein Theil.
v. 25. und 26.

Sieheſt du demnach, mein liebes Kind! die
Kinder dieſer Welt ſich in Dingen, ſo die finſtere,
plumpe Erde darreicht, brav luſtig machen; ſo
laſſe du dich nicht geluͤſten, daran Theil zu neh-
men: Dann das Ende der Mahlzeit iſt ewiger
Wermuth, und ein unaufhoͤrliches Grimmen und
Nagen in Leib und Seele: Ach ja! die Uerten,
ſo ſie dem Fuͤrſten der Welt fuͤr eine ſo ſchlechte
und Seelen-ſchaͤdliche Mahlzeit bezahlen muͤſſen,
wird ſo theuer ſeyn, daß ihnen daruͤber die Haare
gen Berge ſtehen und ſie erkennen werden, daß
ihnen tauſendmahl beſſer geweſen waͤre, wann ſie
zur ſelbigen Zeit mit den Groͤnlaͤndern und Sa-
mojeden geſpieſen baͤtten; als bey welchen ſie ein
weit vergnuͤgter Leben gehabt haͤtten, und nun nicht
an allem Schiffbruch leiden, in den Schlund des
Abgrunds der Verzweiflung verſincken, und ewig
ohne einige Luſt, Kurtzweil und Erquickung dar-
ben muͤßten. Laß dich doch, mein Kind, nicht
bethoͤren: Jn einem kleinen Augenblick kanſt du dein
Heyl verſchertzen oder gewinnen. Habe dann Acht,
harre ein wenig, es hat ſchon eilff Uhr geſchlagen,
es iſt nahe kommen das Ende aller Dingen, und
die Eß-Glocken, die dir zum Mittagmahl rufft,
wird bald laͤuten. Dahin ſpare deinen Appetit,
und bekuͤmmere dich um nichts, als wie du dann-
zumahl fertig, und dein Hochzeit-Kleid herrlich
ſeye. Es wird alles aus des Koͤnigs unerſchoͤpff-
lichen Reichthum bereitet, und koſtet dich nichts:

Es
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[306/0324] Cap. 5. Die ſuͤnffte Quelle mir gleich Leib und Seel verſchmachtet/ ſo biſt doch du/ o GOtt/ meines Hertzens Troſt und mein Theil. v. 25. und 26. Sieheſt du demnach, mein liebes Kind! die Kinder dieſer Welt ſich in Dingen, ſo die finſtere, plumpe Erde darreicht, brav luſtig machen; ſo laſſe du dich nicht geluͤſten, daran Theil zu neh- men: Dann das Ende der Mahlzeit iſt ewiger Wermuth, und ein unaufhoͤrliches Grimmen und Nagen in Leib und Seele: Ach ja! die Uerten, ſo ſie dem Fuͤrſten der Welt fuͤr eine ſo ſchlechte und Seelen-ſchaͤdliche Mahlzeit bezahlen muͤſſen, wird ſo theuer ſeyn, daß ihnen daruͤber die Haare gen Berge ſtehen und ſie erkennen werden, daß ihnen tauſendmahl beſſer geweſen waͤre, wann ſie zur ſelbigen Zeit mit den Groͤnlaͤndern und Sa- mojeden geſpieſen baͤtten; als bey welchen ſie ein weit vergnuͤgter Leben gehabt haͤtten, und nun nicht an allem Schiffbruch leiden, in den Schlund des Abgrunds der Verzweiflung verſincken, und ewig ohne einige Luſt, Kurtzweil und Erquickung dar- ben muͤßten. Laß dich doch, mein Kind, nicht bethoͤren: Jn einem kleinen Augenblick kanſt du dein Heyl verſchertzen oder gewinnen. Habe dann Acht, harre ein wenig, es hat ſchon eilff Uhr geſchlagen, es iſt nahe kommen das Ende aller Dingen, und die Eß-Glocken, die dir zum Mittagmahl rufft, wird bald laͤuten. Dahin ſpare deinen Appetit, und bekuͤmmere dich um nichts, als wie du dann- zumahl fertig, und dein Hochzeit-Kleid herrlich ſeye. Es wird alles aus des Koͤnigs unerſchoͤpff- lichen Reichthum bereitet, und koſtet dich nichts: Es

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/324>, abgerufen am 21.11.2024.