Victorie über alle unsere Feinde. So lange du lebest/ dencke alle Tage: Wer nicht mit kämpfft, trägt auch die Cron des ewigen Lebens nicht davon.
Wann man Kindern herrliche Sachen ver- spricht, so werden sie dadurch besonders und der- gestalten zum Gehorsam gelocket, daß sie offt auch Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und son- sten geschiehet. Mancher Knab setzt sein Blut dar- an, daß er nur ein armes Vogel-Nest auf einem hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der junge Jcarus, daß er fliegen könne? GOTT sagt mit einem erschütternden Donner-Schlag auf dem Berg Sinai: Laß dich nicht gelüsten: Doch wagen offt böse Buben ihre Haut an schöne Blumen und edle Früchte, um derenwillen sie in grosser Herren Gärten steigen, und schon manche darüber ihr Leben eingebüßt haben: Hier aber ists dir ernstlich befohlen, daß du nach der Heili- gung hefftig lüstern, und an GOttes Reich und Gerechtigkeit dich belustigen sollest. Sinne dann, liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; bist du nicht neugierig Paradies-Früchte vom Baum des Lebens zu kosten? Was thaten nicht junge Kna- ben in Griechen-Land in den Olympischen Spielen, um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen schon in der Kindheit an, sich alles dessen zu enthalten, was sie an dieser Ehre verkürtzen möchte. Kind! was sagst du nun von der Himmels-Crone/ die dir dein JEsus aufsetzen wird, und was hältest du vom verborgenen Manna? Wilst du nicht
auch
Cap. 6. Die ſechſte Quelle
Victorie uͤber alle unſere Feinde. So lange du lebeſt/ dencke alle Tage: Wer nicht mit kaͤmpfft, traͤgt auch die Cron des ewigen Lebens nicht davon.
Wann man Kindern herrliche Sachen ver- ſpricht, ſo werden ſie dadurch beſonders und der- geſtalten zum Gehorſam gelocket, daß ſie offt auch Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und ſon- ſten geſchiehet. Mancher Knab ſetzt ſein Blut dar- an, daß er nur ein armes Vogel-Neſt auf einem hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der junge Jcarus, daß er fliegen koͤnne? GOTT ſagt mit einem erſchuͤtternden Donner-Schlag auf dem Berg Sinai: Laß dich nicht geluͤſten: Doch wagen offt boͤſe Buben ihre Haut an ſchoͤne Blumen und edle Fruͤchte, um derenwillen ſie in groſſer Herren Gaͤrten ſteigen, und ſchon manche daruͤber ihr Leben eingebuͤßt haben: Hier aber iſts dir ernſtlich befohlen, daß du nach der Heili- gung hefftig luͤſtern, und an GOttes Reich und Gerechtigkeit dich beluſtigen ſolleſt. Sinne dann, liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; biſt du nicht neugierig Paradies-Fruͤchte vom Baum des Lebens zu koſten? Was thaten nicht junge Kna- ben in Griechen-Land in den Olympiſchen Spielen, um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen ſchon in der Kindheit an, ſich alles deſſen zu enthalten, was ſie an dieſer Ehre verkuͤrtzen moͤchte. Kind! was ſagſt du nun von der Himmels-Crone/ die dir dein JEſus aufſetzen wird, und was haͤlteſt du vom verborgenen Manna? Wilſt du nicht
auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0370"n="352"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 6. Die ſechſte Quelle</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Victorie uͤber alle unſere Feinde. So<lb/>
lange du lebeſt/ dencke alle Tage:</hi><lb/>
Wer nicht mit kaͤmpfft, traͤgt auch die<lb/>
Cron des ewigen Lebens nicht davon.</p><lb/><p>Wann man Kindern herrliche Sachen ver-<lb/>ſpricht, ſo werden ſie dadurch beſonders und der-<lb/>
geſtalten zum Gehorſam gelocket, daß ſie offt auch<lb/>
Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und ſon-<lb/>ſten geſchiehet. Mancher Knab ſetzt ſein Blut dar-<lb/>
an, daß er nur ein armes Vogel-Neſt auf einem<lb/>
hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der<lb/>
junge <hirendition="#fr">Jcarus,</hi> daß er fliegen koͤnne? GOTT<lb/>ſagt mit einem erſchuͤtternden Donner-Schlag auf<lb/>
dem Berg Sinai: <hirendition="#fr">Laß dich nicht geluͤſten:</hi><lb/>
Doch wagen offt boͤſe Buben ihre Haut an ſchoͤne<lb/>
Blumen und edle Fruͤchte, um derenwillen ſie in<lb/>
groſſer Herren Gaͤrten ſteigen, und ſchon manche<lb/>
daruͤber ihr Leben eingebuͤßt haben: Hier aber<lb/>
iſts dir ernſtlich befohlen, daß du nach der Heili-<lb/>
gung hefftig luͤſtern, und an GOttes Reich und<lb/>
Gerechtigkeit dich beluſtigen ſolleſt. Sinne dann,<lb/>
liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; biſt du<lb/>
nicht neugierig Paradies-Fruͤchte vom Baum des<lb/>
Lebens zu koſten? Was thaten nicht junge Kna-<lb/>
ben in Griechen-Land in den Olympiſchen Spielen,<lb/>
um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und<lb/>
Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen ſchon in<lb/>
der Kindheit an, ſich alles deſſen zu enthalten, was<lb/>ſie an dieſer Ehre verkuͤrtzen moͤchte. Kind! was<lb/>ſagſt du nun von der <hirendition="#fr">Himmels-Crone/</hi> die dir<lb/>
dein JEſus aufſetzen wird, und was haͤlteſt du<lb/>
vom <hirendition="#fr">verborgenen Manna?</hi> Wilſt du nicht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[352/0370]
Cap. 6. Die ſechſte Quelle
Victorie uͤber alle unſere Feinde. So
lange du lebeſt/ dencke alle Tage:
Wer nicht mit kaͤmpfft, traͤgt auch die
Cron des ewigen Lebens nicht davon.
Wann man Kindern herrliche Sachen ver-
ſpricht, ſo werden ſie dadurch beſonders und der-
geſtalten zum Gehorſam gelocket, daß ſie offt auch
Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und ſon-
ſten geſchiehet. Mancher Knab ſetzt ſein Blut dar-
an, daß er nur ein armes Vogel-Neſt auf einem
hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der
junge Jcarus, daß er fliegen koͤnne? GOTT
ſagt mit einem erſchuͤtternden Donner-Schlag auf
dem Berg Sinai: Laß dich nicht geluͤſten:
Doch wagen offt boͤſe Buben ihre Haut an ſchoͤne
Blumen und edle Fruͤchte, um derenwillen ſie in
groſſer Herren Gaͤrten ſteigen, und ſchon manche
daruͤber ihr Leben eingebuͤßt haben: Hier aber
iſts dir ernſtlich befohlen, daß du nach der Heili-
gung hefftig luͤſtern, und an GOttes Reich und
Gerechtigkeit dich beluſtigen ſolleſt. Sinne dann,
liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; biſt du
nicht neugierig Paradies-Fruͤchte vom Baum des
Lebens zu koſten? Was thaten nicht junge Kna-
ben in Griechen-Land in den Olympiſchen Spielen,
um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und
Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen ſchon in
der Kindheit an, ſich alles deſſen zu enthalten, was
ſie an dieſer Ehre verkuͤrtzen moͤchte. Kind! was
ſagſt du nun von der Himmels-Crone/ die dir
dein JEſus aufſetzen wird, und was haͤlteſt du
vom verborgenen Manna? Wilſt du nicht
auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/370>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.