Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 7. Nachlese noch einiger Mitteln
daß es unter den Frommen so wenige vom Geist
GOttes erfüllete Tempel giebt, ist diß nicht eine
geringe Ursache mit, weil sie ihre Lüste nicht mit
dem scharffen Messer des Worts GOttes beschnei-
den, und lieber der Eva in ihrem traurigen Fall
nachfolgen, als dem Hunger-und Kummer-leiden-
den Sohn GOttes, unserm Jmmanuel. Dann
wann der guthertzige Schöpffer aus überflüßiger
Mildigkeit denen unartigen Sündern eine sehr ge-
sunde, niedliche Speise vorstellet, selbige mit kind-
licher und heiliger Enthaltung vom Uberfluß zu ge-
niessen, so schleicht die arge Schlange, der neidige
Teuffel, der gern alle Paradies-Gärten, so der Va-
ter in Christo uns bereitet, in lauter Höllen verwan-
deln möchte, ins Paradies, und bringt die falsche
Lust in seiner höllischen Schüssel dar, wodurch dann
so viele sich vergifften und verunreinigen lassen.
Mache du es besser, liebes Kind! Lasse dir JEsum
einen jeden Bissen gleichsam vorschneiden, und
nimme alles aus seiner Hand; so wirst du keinen
Tod noch Fluch, sondern Segen und Leben in dich
schlingen.

Es ist eine gewisse Gebets-Formul/ darin
die Leute JEsum zu Gast laden, und sagen: Lieb-
ster JEsu! sey unser Gast etc.
damit man
des Heylands nicht vergessen, sondern in seiner Ge-
genwart bleiben, und die gantze Mahlzeit zum Be-
sten des Leibs und der Seele gebenedeyet seyn möch-
te. Eben dieses betete auch einmahl ein gotts-
fürchtiges Kind
über Tisch, und als es sahe,
daß man über der Mahlzeit unnütze Dinge schwätz-
te, schertzte, lachte, und den gegenwärtigen HErrn

JE-

Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
daß es unter den Frommen ſo wenige vom Geiſt
GOttes erfuͤllete Tempel giebt, iſt diß nicht eine
geringe Urſache mit, weil ſie ihre Luͤſte nicht mit
dem ſcharffen Meſſer des Worts GOttes beſchnei-
den, und lieber der Eva in ihrem traurigen Fall
nachfolgen, als dem Hunger-und Kummer-leiden-
den Sohn GOttes, unſerm Jmmanuel. Dann
wann der guthertzige Schoͤpffer aus uͤberfluͤßiger
Mildigkeit denen unartigen Suͤndern eine ſehr ge-
ſunde, niedliche Speiſe vorſtellet, ſelbige mit kind-
licher und heiliger Enthaltung vom Uberfluß zu ge-
nieſſen, ſo ſchleicht die arge Schlange, der neidige
Teuffel, der gern alle Paradies-Gaͤrten, ſo der Va-
ter in Chriſto uns bereitet, in lauter Hoͤllen verwan-
deln moͤchte, ins Paradies, und bringt die falſche
Luſt in ſeiner hoͤlliſchen Schuͤſſel dar, wodurch dann
ſo viele ſich vergifften und verunreinigen laſſen.
Mache du es beſſer, liebes Kind! Laſſe dir JEſum
einen jeden Biſſen gleichſam vorſchneiden, und
nimme alles aus ſeiner Hand; ſo wirſt du keinen
Tod noch Fluch, ſondern Segen und Leben in dich
ſchlingen.

Es iſt eine gewiſſe Gebets-Formul/ darin
die Leute JEſum zu Gaſt laden, und ſagen: Lieb-
ſter JEſu! ſey unſer Gaſt ꝛc.
damit man
des Heylands nicht vergeſſen, ſondern in ſeiner Ge-
genwart bleiben, und die gantze Mahlzeit zum Be-
ſten des Leibs und der Seele gebenedeyet ſeyn moͤch-
te. Eben dieſes betete auch einmahl ein gotts-
fuͤrchtiges Kind
uͤber Tiſch, und als es ſahe,
daß man uͤber der Mahlzeit unnuͤtze Dinge ſchwaͤtz-
te, ſchertzte, lachte, und den gegenwaͤrtigen HErrn

JE-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0378" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 7. Nachle&#x017F;e noch einiger Mitteln</hi></fw><lb/>
daß es unter den Frommen &#x017F;o wenige vom Gei&#x017F;t<lb/>
GOttes erfu&#x0364;llete Tempel giebt, i&#x017F;t diß nicht eine<lb/>
geringe Ur&#x017F;ache mit, weil &#x017F;ie ihre Lu&#x0364;&#x017F;te nicht mit<lb/>
dem &#x017F;charffen Me&#x017F;&#x017F;er des Worts GOttes be&#x017F;chnei-<lb/>
den, und lieber der Eva in ihrem traurigen Fall<lb/>
nachfolgen, als dem Hunger-und Kummer-leiden-<lb/>
den Sohn GOttes, un&#x017F;erm Jmmanuel. Dann<lb/>
wann der guthertzige Scho&#x0364;pffer aus u&#x0364;berflu&#x0364;ßiger<lb/>
Mildigkeit denen unartigen Su&#x0364;ndern eine &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;unde, niedliche Spei&#x017F;e vor&#x017F;tellet, &#x017F;elbige mit kind-<lb/>
licher und heiliger Enthaltung vom Uberfluß zu ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o &#x017F;chleicht die arge Schlange, der neidige<lb/>
Teuffel, der gern alle Paradies-Ga&#x0364;rten, &#x017F;o der Va-<lb/>
ter in Chri&#x017F;to uns bereitet, in lauter Ho&#x0364;llen verwan-<lb/>
deln mo&#x0364;chte, ins Paradies, und bringt die fal&#x017F;che<lb/>
Lu&#x017F;t in &#x017F;einer ho&#x0364;lli&#x017F;chen Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el dar, wodurch dann<lb/>
&#x017F;o viele &#x017F;ich vergifften und verunreinigen la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Mache du es be&#x017F;&#x017F;er, liebes Kind! La&#x017F;&#x017F;e dir JE&#x017F;um<lb/>
einen jeden Bi&#x017F;&#x017F;en gleich&#x017F;am vor&#x017F;chneiden, und<lb/>
nimme alles aus &#x017F;einer Hand; &#x017F;o wir&#x017F;t du keinen<lb/>
Tod noch Fluch, &#x017F;ondern Segen und Leben in dich<lb/>
&#x017F;chlingen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t eine gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Gebets-Formul/</hi> darin<lb/>
die Leute JE&#x017F;um zu Ga&#x017F;t laden, und &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Lieb-<lb/>
&#x017F;ter JE&#x017F;u! &#x017F;ey un&#x017F;er Ga&#x017F;t &#xA75B;c.</hi> damit man<lb/>
des Heylands nicht verge&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern in &#x017F;einer Ge-<lb/>
genwart bleiben, und die gantze Mahlzeit zum Be-<lb/>
&#x017F;ten des Leibs und der Seele gebenedeyet &#x017F;eyn mo&#x0364;ch-<lb/>
te. Eben die&#x017F;es betete auch einmahl ein <hi rendition="#fr">gotts-<lb/>
fu&#x0364;rchtiges Kind</hi> u&#x0364;ber Ti&#x017F;ch, und als es &#x017F;ahe,<lb/>
daß man u&#x0364;ber der Mahlzeit unnu&#x0364;tze Dinge &#x017F;chwa&#x0364;tz-<lb/>
te, &#x017F;chertzte, lachte, und den gegenwa&#x0364;rtigen HErrn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">JE-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0378] Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln daß es unter den Frommen ſo wenige vom Geiſt GOttes erfuͤllete Tempel giebt, iſt diß nicht eine geringe Urſache mit, weil ſie ihre Luͤſte nicht mit dem ſcharffen Meſſer des Worts GOttes beſchnei- den, und lieber der Eva in ihrem traurigen Fall nachfolgen, als dem Hunger-und Kummer-leiden- den Sohn GOttes, unſerm Jmmanuel. Dann wann der guthertzige Schoͤpffer aus uͤberfluͤßiger Mildigkeit denen unartigen Suͤndern eine ſehr ge- ſunde, niedliche Speiſe vorſtellet, ſelbige mit kind- licher und heiliger Enthaltung vom Uberfluß zu ge- nieſſen, ſo ſchleicht die arge Schlange, der neidige Teuffel, der gern alle Paradies-Gaͤrten, ſo der Va- ter in Chriſto uns bereitet, in lauter Hoͤllen verwan- deln moͤchte, ins Paradies, und bringt die falſche Luſt in ſeiner hoͤlliſchen Schuͤſſel dar, wodurch dann ſo viele ſich vergifften und verunreinigen laſſen. Mache du es beſſer, liebes Kind! Laſſe dir JEſum einen jeden Biſſen gleichſam vorſchneiden, und nimme alles aus ſeiner Hand; ſo wirſt du keinen Tod noch Fluch, ſondern Segen und Leben in dich ſchlingen. Es iſt eine gewiſſe Gebets-Formul/ darin die Leute JEſum zu Gaſt laden, und ſagen: Lieb- ſter JEſu! ſey unſer Gaſt ꝛc. damit man des Heylands nicht vergeſſen, ſondern in ſeiner Ge- genwart bleiben, und die gantze Mahlzeit zum Be- ſten des Leibs und der Seele gebenedeyet ſeyn moͤch- te. Eben dieſes betete auch einmahl ein gotts- fuͤrchtiges Kind uͤber Tiſch, und als es ſahe, daß man uͤber der Mahlzeit unnuͤtze Dinge ſchwaͤtz- te, ſchertzte, lachte, und den gegenwaͤrtigen HErrn JE-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/378
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/378>, abgerufen am 22.11.2024.