Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.Cap. 7. Nachlese noch einiger Mitteln reicher Menge vorhanden seyen; er bezwange aberseine Begierden dergestalten, daß er auch nicht ein Beerlein abrupffen wolte, da doch die Trauben so zierlich gelb, von der Sonnen bestens ausgekochet und gantz lauter an den Stöcken hiengen, mithin die vorbeygehende gleichsam freundlich anredeten: Brechet ab, brechet ab: dann unsere Beeren sind mild und Honig-süß. Nach seinem Absterben hat ihn eine gottselige, erleuchtete Person, die von sei- nem Tod noch gar nichts wuste, im Traum gese- hen, auf der Spitze eines Wein-Hügels in einer Hütten sitzen und geistliche Lob-Lieder singen, da die Stöcke rings herum mit unvergleichlichen und Wunder-schönen Trauben behänget waren. O ja, liebes Kind! Es ist wohl glaublich, daß eine jede Verläugnung und Abschlachtung seiner Be- gierden in jener Welt unendlich werde ersetzet wer- den. Ein gleiches Exempel haben wir an dem zehen- Kind! erschrickst du nicht ab dem Wort des ha- (*) Rambachs Exempel-Büchlein für Kinder. pag.
139. Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln reicher Menge vorhanden ſeyen; er bezwange aberſeine Begierden dergeſtalten, daß er auch nicht ein Beerlein abrupffen wolte, da doch die Trauben ſo zierlich gelb, von der Sonnen beſtens ausgekochet und gantz lauter an den Stoͤcken hiengen, mithin die vorbeygehende gleichſam freundlich anredeten: Brechet ab, brechet ab: dann unſere Beeren ſind mild und Honig-ſuͤß. Nach ſeinem Abſterben hat ihn eine gottſelige, erleuchtete Perſon, die von ſei- nem Tod noch gar nichts wuſte, im Traum geſe- hen, auf der Spitze eines Wein-Huͤgels in einer Huͤtten ſitzen und geiſtliche Lob-Lieder ſingen, da die Stoͤcke rings herum mit unvergleichlichen und Wunder-ſchoͤnen Trauben behaͤnget waren. O ja, liebes Kind! Es iſt wohl glaublich, daß eine jede Verlaͤugnung und Abſchlachtung ſeiner Be- gierden in jener Welt unendlich werde erſetzet wer- den. Ein gleiches Exempel haben wir an dem zehen- Kind! erſchrickſt du nicht ab dem Wort des ha- (*) Rambachs Exempel-Buͤchlein fuͤr Kinder. pag.
139. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0380" n="362"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln</hi></fw><lb/> reicher Menge vorhanden ſeyen; er bezwange aber<lb/> ſeine Begierden dergeſtalten, daß er auch nicht ein<lb/> Beerlein abrupffen wolte, da doch die Trauben ſo<lb/> zierlich gelb, von der Sonnen beſtens ausgekochet<lb/> und gantz lauter an den Stoͤcken hiengen, mithin<lb/> die vorbeygehende gleichſam freundlich anredeten:<lb/> Brechet ab, brechet ab: dann unſere Beeren ſind<lb/> mild und Honig-ſuͤß. Nach ſeinem Abſterben hat<lb/> ihn eine gottſelige, erleuchtete Perſon, die von ſei-<lb/> nem Tod noch gar nichts wuſte, im Traum geſe-<lb/> hen, auf der Spitze eines Wein-Huͤgels in einer<lb/> Huͤtten ſitzen und geiſtliche Lob-Lieder ſingen, da die<lb/> Stoͤcke rings herum mit unvergleichlichen und<lb/> Wunder-ſchoͤnen Trauben behaͤnget waren. O<lb/> ja, liebes Kind! Es iſt wohl glaublich, daß eine<lb/> jede Verlaͤugnung und Abſchlachtung ſeiner Be-<lb/> gierden in jener Welt unendlich werde erſetzet wer-<lb/> den.</p><lb/> <p>Ein gleiches Exempel haben wir an dem zehen-<lb/> jaͤhrigen frommen Knaͤblein, <hi rendition="#fr">Chriſtlieb Lebrecht<lb/> von Exter.</hi> Dann als ihn auf eine Zeit geluͤ-<lb/> ſtete, Wein-Trauben zu eſſen, und deshalben den<lb/> Garten-Schluͤſſel forderte, reſolvirte er ſich bald<lb/> anders, gabe den Schluͤſſel zuruͤck, und ſagte: <hi rendition="#fr">Jch<lb/> will meinen Appetit brechen/ weil er ſo<lb/> groß iſt.</hi> <note place="foot" n="(*)">Rambachs Exempel-Buͤchlein fuͤr Kinder. <hi rendition="#aq">pag.</hi><lb/> 139.</note> O welch koͤſtliche Suͤßigkeiten,<lb/> welch himmliſche Vergnuͤgungen wird er nun da-<lb/> fuͤr in der frohen Ewigkeit zu genieſſen haben.</p><lb/> <p>Kind! erſchrickſt du nicht ab dem Wort des<lb/> ſeligen <hi rendition="#fr">Rambachs: Ein garſtiges Hertz</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ha-</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0380]
Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
reicher Menge vorhanden ſeyen; er bezwange aber
ſeine Begierden dergeſtalten, daß er auch nicht ein
Beerlein abrupffen wolte, da doch die Trauben ſo
zierlich gelb, von der Sonnen beſtens ausgekochet
und gantz lauter an den Stoͤcken hiengen, mithin
die vorbeygehende gleichſam freundlich anredeten:
Brechet ab, brechet ab: dann unſere Beeren ſind
mild und Honig-ſuͤß. Nach ſeinem Abſterben hat
ihn eine gottſelige, erleuchtete Perſon, die von ſei-
nem Tod noch gar nichts wuſte, im Traum geſe-
hen, auf der Spitze eines Wein-Huͤgels in einer
Huͤtten ſitzen und geiſtliche Lob-Lieder ſingen, da die
Stoͤcke rings herum mit unvergleichlichen und
Wunder-ſchoͤnen Trauben behaͤnget waren. O
ja, liebes Kind! Es iſt wohl glaublich, daß eine
jede Verlaͤugnung und Abſchlachtung ſeiner Be-
gierden in jener Welt unendlich werde erſetzet wer-
den.
Ein gleiches Exempel haben wir an dem zehen-
jaͤhrigen frommen Knaͤblein, Chriſtlieb Lebrecht
von Exter. Dann als ihn auf eine Zeit geluͤ-
ſtete, Wein-Trauben zu eſſen, und deshalben den
Garten-Schluͤſſel forderte, reſolvirte er ſich bald
anders, gabe den Schluͤſſel zuruͤck, und ſagte: Jch
will meinen Appetit brechen/ weil er ſo
groß iſt. (*) O welch koͤſtliche Suͤßigkeiten,
welch himmliſche Vergnuͤgungen wird er nun da-
fuͤr in der frohen Ewigkeit zu genieſſen haben.
Kind! erſchrickſt du nicht ab dem Wort des
ſeligen Rambachs: Ein garſtiges Hertz
ha-
(*) Rambachs Exempel-Buͤchlein fuͤr Kinder. pag.
139.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |