GOtt eben so im Guten befestiget, wie jene; daß wir aber durch Ungehorsam uns in die Gemeinschafft der bösen En- gel begeben/ und mit selbigen abgefal- len/ daran ist GOttes Güte nicht schuld.
Ach ja! Was ist gemeiners, als daß man von Personen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe man sein Geld und Glück daran wage? Man probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf- fen, Pferde und Knechte, ehe man sie an sich er- handelt: Auch wann man eine Braut erlesen will, so setzet man sie zuvor auf die Probe, ehe man sich so weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver- trauet: Ehe auch ein König einem gemeinen Sol- daten den General-Stab übergiebet, muß er unge- meine Proben seiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben. Sollte nun denen Menschen solches erlaubt seyn; GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie- manden ungeprüfft in seine höchste Herrlichkeit auf- zunehmen, und das Königreich der Himmeln ihm anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt, und lobe ihn mit der allertieffsten Ehrerbietung oh- ne Aufhören, daß seine unüberwindliche, und alle Untreue, Undanck und Bosheit der Sündern über- steigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen, die recht erschreckliche Abgründe seiner Erbarmung zu offenbahren, an welche man ohne heiligen Schauer, ohne tieffe Seel-zerschmeltzende Anbe- tung, und ohne zitternde Freude nicht sinnen kan.
§. 9. Wie
Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
GOtt eben ſo im Guten befeſtiget, wie jene; daß wir aber durch Ungehorſam uns in die Gemeinſchafft der boͤſen En- gel begeben/ und mit ſelbigen abgefal- len/ daran iſt GOttes Guͤte nicht ſchuld.
Ach ja! Was iſt gemeiners, als daß man von Perſonen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe man ſein Geld und Gluͤck daran wage? Man probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf- fen, Pferde und Knechte, ehe man ſie an ſich er- handelt: Auch wann man eine Braut erleſen will, ſo ſetzet man ſie zuvor auf die Probe, ehe man ſich ſo weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver- trauet: Ehe auch ein Koͤnig einem gemeinen Sol- daten den General-Stab uͤbergiebet, muß er unge- meine Proben ſeiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben. Sollte nun denen Menſchen ſolches erlaubt ſeyn; GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie- manden ungepruͤfft in ſeine hoͤchſte Herrlichkeit auf- zunehmen, und das Koͤnigreich der Himmeln ihm anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt, und lobe ihn mit der allertieffſten Ehrerbietung oh- ne Aufhoͤren, daß ſeine unuͤberwindliche, und alle Untreue, Undanck und Bosheit der Suͤndern uͤber- ſteigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen, die recht erſchreckliche Abgruͤnde ſeiner Erbarmung zu offenbahren, an welche man ohne heiligen Schauer, ohne tieffe Seel-zerſchmeltzende Anbe- tung, und ohne zitternde Freude nicht ſinnen kan.
§. 9. Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0396"n="378"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">GOtt eben ſo im Guten befeſtiget, wie<lb/>
jene; daß wir aber durch Ungehorſam<lb/>
uns in die Gemeinſchafft der boͤſen En-<lb/>
gel begeben/ und mit ſelbigen abgefal-<lb/>
len/ daran iſt GOttes Guͤte nicht ſchuld.</hi></p><lb/><p>Ach ja! Was iſt gemeiners, als daß man von<lb/>
Perſonen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe<lb/>
man ſein Geld und Gluͤck daran wage? Man<lb/>
probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf-<lb/>
fen, Pferde und Knechte, ehe man ſie an ſich er-<lb/>
handelt: Auch wann man eine Braut erleſen will,<lb/>ſo ſetzet man ſie zuvor auf die Probe, ehe man ſich<lb/>ſo weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver-<lb/>
trauet: Ehe auch ein Koͤnig einem gemeinen Sol-<lb/>
daten den General-Stab uͤbergiebet, muß er unge-<lb/>
meine Proben ſeiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit<lb/>
und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben.<lb/>
Sollte nun denen Menſchen ſolches erlaubt ſeyn;<lb/>
GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie-<lb/>
manden ungepruͤfft in ſeine hoͤchſte Herrlichkeit auf-<lb/>
zunehmen, und das Koͤnigreich der Himmeln ihm<lb/>
anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt,<lb/>
und lobe ihn mit der allertieffſten Ehrerbietung oh-<lb/>
ne Aufhoͤren, daß ſeine unuͤberwindliche, und alle<lb/>
Untreue, Undanck und Bosheit der Suͤndern uͤber-<lb/>ſteigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen,<lb/>
die recht erſchreckliche Abgruͤnde ſeiner Erbarmung<lb/>
zu offenbahren, an welche man ohne heiligen<lb/>
Schauer, ohne tieffe Seel-zerſchmeltzende Anbe-<lb/>
tung, und ohne zitternde Freude nicht ſinnen kan.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 9. Wie</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[378/0396]
Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
GOtt eben ſo im Guten befeſtiget, wie
jene; daß wir aber durch Ungehorſam
uns in die Gemeinſchafft der boͤſen En-
gel begeben/ und mit ſelbigen abgefal-
len/ daran iſt GOttes Guͤte nicht ſchuld.
Ach ja! Was iſt gemeiners, als daß man von
Perſonen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe
man ſein Geld und Gluͤck daran wage? Man
probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf-
fen, Pferde und Knechte, ehe man ſie an ſich er-
handelt: Auch wann man eine Braut erleſen will,
ſo ſetzet man ſie zuvor auf die Probe, ehe man ſich
ſo weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver-
trauet: Ehe auch ein Koͤnig einem gemeinen Sol-
daten den General-Stab uͤbergiebet, muß er unge-
meine Proben ſeiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit
und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben.
Sollte nun denen Menſchen ſolches erlaubt ſeyn;
GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie-
manden ungepruͤfft in ſeine hoͤchſte Herrlichkeit auf-
zunehmen, und das Koͤnigreich der Himmeln ihm
anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt,
und lobe ihn mit der allertieffſten Ehrerbietung oh-
ne Aufhoͤren, daß ſeine unuͤberwindliche, und alle
Untreue, Undanck und Bosheit der Suͤndern uͤber-
ſteigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen,
die recht erſchreckliche Abgruͤnde ſeiner Erbarmung
zu offenbahren, an welche man ohne heiligen
Schauer, ohne tieffe Seel-zerſchmeltzende Anbe-
tung, und ohne zitternde Freude nicht ſinnen kan.
§. 9. Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/396>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.