trauliche Gegen-Liebe uns abzulocken, daß wir JE- sum halten für das, was er ist, und was er uns seyn will, nemlich das mildeste Vater-Hertz, und die reichste Gnaden-Quelle, so daß wir von dieser Wunder-Liebe nicht nur etwa fein hüpsch etwas daher schwätzen können, sondern daß wir darin würcklich baden, schwimmen, leben und weben.
Trautes Kind! Eben darum fordert seine Lie- be von dir den Glauben/ den so hoch-berühmten Glauben, und giebt dir selbigen auch auf die Gil- fen hin; so bald aber solcher in deinem Hertzen auf- gehet, so küsset er das Hertz Christi gar süßiglich, und schreyet immer: Abba! bekommt auch Ant- wort, Jer. 31, 20. Des Glaubens Werck ist, zu GOtt sprechen: "Du bist mein GOtt!" du hast meine Seele wohl gemeynt: Darum" fahre fort, O Liebe, mich dir zu eignen: O aller-" heiligste Liebe! Binde mich, und mache mich," wie du wilst, dir gantz gehorsam!" Da sich dann JESUS mit neuen Gnaden heraus läßt. Der Glaube ist von der Schönheit des unsichtba- ren Lichts, Reichthums und Krafft, so sich jetzt zu unserm Heyl dargiebet, gantz charmiret und einge- nommen, und saget desnahen allem Sichtbaren und Eiteln gerne ab. Rufft die ewige Liebe zu ei- nigen Leiden, so ist der verliebte Glaube zu allem willig, tödtet die Fleisches-Lust, überwindet die Welt-Liebe, ehret, schätzet und liebet nur den Hey- land, und dringet in seine Herrlichkeit ein, als in des Hertzens-Antheil und Vaterland, und begiebt sich auf die Himmels-Reise dahin. Die Seele bekommt zwar noch manches betrübtes Gefühl ih-
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Der Beſchluß.
trauliche Gegen-Liebe uns abzulocken, daß wir JE- ſum halten fuͤr das, was er iſt, und was er uns ſeyn will, nemlich das mildeſte Vater-Hertz, und die reichſte Gnaden-Quelle, ſo daß wir von dieſer Wunder-Liebe nicht nur etwa fein huͤpſch etwas daher ſchwaͤtzen koͤnnen, ſondern daß wir darin wuͤrcklich baden, ſchwimmen, leben und weben.
Trautes Kind! Eben darum fordert ſeine Lie- be von dir den Glauben/ den ſo hoch-beruͤhmten Glauben, und giebt dir ſelbigen auch auf die Gil- fen hin; ſo bald aber ſolcher in deinem Hertzen auf- gehet, ſo kuͤſſet er das Hertz Chriſti gar ſuͤßiglich, und ſchreyet immer: Abba! bekommt auch Ant- wort, Jer. 31, 20. Des Glaubens Werck iſt, zu GOtt ſprechen: „Du biſt mein GOtt!“ du haſt meine Seele wohl gemeynt: Darum“ fahre fort, O Liebe, mich dir zu eignen: O aller-“ heiligſte Liebe! Binde mich, und mache mich,“ wie du wilſt, dir gantz gehorſam!‟ Da ſich dann JESUS mit neuen Gnaden heraus laͤßt. Der Glaube iſt von der Schoͤnheit des unſichtba- ren Lichts, Reichthums und Krafft, ſo ſich jetzt zu unſerm Heyl dargiebet, gantz charmiret und einge- nommen, und ſaget desnahen allem Sichtbaren und Eiteln gerne ab. Rufft die ewige Liebe zu ei- nigen Leiden, ſo iſt der verliebte Glaube zu allem willig, toͤdtet die Fleiſches-Luſt, uͤberwindet die Welt-Liebe, ehret, ſchaͤtzet und liebet nur den Hey- land, und dringet in ſeine Herrlichkeit ein, als in des Hertzens-Antheil und Vaterland, und begiebt ſich auf die Himmels-Reiſe dahin. Die Seele bekommt zwar noch manches betruͤbtes Gefuͤhl ih-
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Der Beſchluß.
trauliche Gegen-Liebe uns abzulocken, daß wir JE-
ſum halten fuͤr das, was er iſt, und was er uns
ſeyn will, nemlich das mildeſte Vater-Hertz, und
die reichſte Gnaden-Quelle, ſo daß wir von dieſer
Wunder-Liebe nicht nur etwa fein huͤpſch etwas
daher ſchwaͤtzen koͤnnen, ſondern daß wir darin
wuͤrcklich baden, ſchwimmen, leben und weben.
Trautes Kind! Eben darum fordert ſeine Lie-
be von dir den Glauben/ den ſo hoch-beruͤhmten
Glauben, und giebt dir ſelbigen auch auf die Gil-
fen hin; ſo bald aber ſolcher in deinem Hertzen auf-
gehet, ſo kuͤſſet er das Hertz Chriſti gar ſuͤßiglich,
und ſchreyet immer: Abba! bekommt auch Ant-
wort, Jer. 31, 20. Des Glaubens Werck iſt,
zu GOtt ſprechen: „Du biſt mein GOtt!“
du haſt meine Seele wohl gemeynt: Darum“
fahre fort, O Liebe, mich dir zu eignen: O aller-“
heiligſte Liebe! Binde mich, und mache mich,“
wie du wilſt, dir gantz gehorſam!‟ Da ſich
dann JESUS mit neuen Gnaden heraus laͤßt.
Der Glaube iſt von der Schoͤnheit des unſichtba-
ren Lichts, Reichthums und Krafft, ſo ſich jetzt zu
unſerm Heyl dargiebet, gantz charmiret und einge-
nommen, und ſaget desnahen allem Sichtbaren
und Eiteln gerne ab. Rufft die ewige Liebe zu ei-
nigen Leiden, ſo iſt der verliebte Glaube zu allem
willig, toͤdtet die Fleiſches-Luſt, uͤberwindet die
Welt-Liebe, ehret, ſchaͤtzet und liebet nur den Hey-
land, und dringet in ſeine Herrlichkeit ein, als in
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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