Heimsuchung wahrnehmen und sich bereden woll- ten, daß alte, erfahrne Leute, die Böses und Gu- tes neben einander erfahren, und beydes in GOt- tes und des Satans Reich hinein gesehen haben, die Sache besser als sie wissen, und es gut mit ih- nen meynen.
Alle im höhern Alter Erlösete wünschen aus Liebe zu ihrem Erlöser, und allen jungen Leuten, daß es selbigen ja nicht ergehe, wie es ihnen in der Jugend ergangen: Es ist einem jeden Leid, wann die Raupen die schönsten Blüthen und Früchte abfressen, und sähe lieber, alle Aeste von reif- fen Früchten sich biegen, daß dem HErrn JEsu niemand kein Leid, sondern alles nur Freude machte, daß demnach die zarte Zweiglein vor den aufsätzigen Fressern behütet und bewahret würden, daß kein Raupen-Nest der Jugend Lüsten das jun- ge Hertz verwüste. Wie begierig ist ein ausge- söhnter Alter zu sehen, wie ein zahlreicher Zug von Knaben und Töchtern Morgens frühe zu des grossen Kinder-Freundes Pallast hingehen, und hernach mit ihme in Jerusalem einziehen? Wie schmecken Christo frühzeitige Früchte so wohl, Mi- chä 7. Matth. 21. Spr. Salom. 8. Und dieses giebt sodann Säulen der Kirchen, und theure Männer GOttes. Wer frühe ans Werck gehet, kan was ausrichten; da hingegen die Aufschie- bung der Bekanntschafft mit Christo höllischen Undanck mit sich führet, und dem Höllen-Heer ein Jauchzen und Frohlocken erwecket.
Damit
Das 9. Cap.
Heimſuchung wahrnehmen und ſich bereden woll- ten, daß alte, erfahrne Leute, die Boͤſes und Gu- tes neben einander erfahren, und beydes in GOt- tes und des Satans Reich hinein geſehen haben, die Sache beſſer als ſie wiſſen, und es gut mit ih- nen meynen.
Alle im hoͤhern Alter Erloͤſete wuͤnſchen aus Liebe zu ihrem Erloͤſer, und allen jungen Leuten, daß es ſelbigen ja nicht ergehe, wie es ihnen in der Jugend ergangen: Es iſt einem jeden Leid, wann die Raupen die ſchoͤnſten Bluͤthen und Fruͤchte abfreſſen, und ſaͤhe lieber, alle Aeſte von reif- fen Fruͤchten ſich biegen, daß dem HErrn JEſu niemand kein Leid, ſondern alles nur Freude machte, daß demnach die zarte Zweiglein vor den aufſaͤtzigen Freſſern behuͤtet und bewahret wuͤrden, daß kein Raupen-Neſt der Jugend Luͤſten das jun- ge Hertz verwuͤſte. Wie begierig iſt ein ausge- ſoͤhnter Alter zu ſehen, wie ein zahlreicher Zug von Knaben und Toͤchtern Morgens fruͤhe zu des groſſen Kinder-Freundes Pallaſt hingehen, und hernach mit ihme in Jeruſalem einziehen? Wie ſchmecken Chriſto fruͤhzeitige Fruͤchte ſo wohl, Mi- chaͤ 7. Matth. 21. Spr. Salom. 8. Und dieſes giebt ſodann Saͤulen der Kirchen, und theure Maͤnner GOttes. Wer fruͤhe ans Werck gehet, kan was ausrichten; da hingegen die Aufſchie- bung der Bekanntſchafft mit Chriſto hoͤlliſchen Undanck mit ſich fuͤhret, und dem Hoͤllen-Heer ein Jauchzen und Frohlocken erwecket.
Damit
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0460"n="442"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das 9. Cap.</hi></fw><lb/>
Heimſuchung wahrnehmen und ſich bereden woll-<lb/>
ten, daß alte, erfahrne Leute, die Boͤſes und Gu-<lb/>
tes neben einander erfahren, und beydes in GOt-<lb/>
tes und des Satans Reich hinein geſehen haben,<lb/>
die Sache beſſer als ſie wiſſen, und es gut mit ih-<lb/>
nen meynen.</p><lb/><p>Alle im hoͤhern Alter Erloͤſete wuͤnſchen aus<lb/>
Liebe zu ihrem Erloͤſer, und allen jungen Leuten,<lb/>
daß es ſelbigen ja nicht ergehe, wie es ihnen in der<lb/>
Jugend ergangen: Es iſt einem jeden Leid, wann<lb/>
die Raupen die ſchoͤnſten Bluͤthen und Fruͤchte<lb/>
abfreſſen, und ſaͤhe lieber, alle Aeſte von reif-<lb/>
fen Fruͤchten ſich biegen, daß dem HErrn JEſu<lb/>
niemand kein Leid, ſondern alles nur Freude<lb/>
machte, daß demnach die zarte Zweiglein vor den<lb/>
aufſaͤtzigen Freſſern behuͤtet und bewahret wuͤrden,<lb/>
daß kein Raupen-Neſt der Jugend Luͤſten das jun-<lb/>
ge Hertz verwuͤſte. Wie begierig iſt ein ausge-<lb/>ſoͤhnter Alter zu ſehen, wie ein zahlreicher Zug<lb/>
von Knaben und Toͤchtern Morgens fruͤhe zu des<lb/>
groſſen Kinder-Freundes Pallaſt hingehen, und<lb/>
hernach mit ihme in Jeruſalem einziehen? Wie<lb/>ſchmecken Chriſto fruͤhzeitige Fruͤchte ſo wohl, Mi-<lb/>
chaͤ 7. Matth. 21. Spr. Salom. 8. Und dieſes<lb/>
giebt ſodann Saͤulen der Kirchen, und theure<lb/>
Maͤnner GOttes. Wer fruͤhe ans Werck gehet,<lb/>
kan was ausrichten; da hingegen die Aufſchie-<lb/>
bung der Bekanntſchafft mit Chriſto hoͤlliſchen<lb/>
Undanck mit ſich fuͤhret, und dem Hoͤllen-Heer<lb/>
ein Jauchzen und Frohlocken erwecket.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Damit</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[442/0460]
Das 9. Cap.
Heimſuchung wahrnehmen und ſich bereden woll-
ten, daß alte, erfahrne Leute, die Boͤſes und Gu-
tes neben einander erfahren, und beydes in GOt-
tes und des Satans Reich hinein geſehen haben,
die Sache beſſer als ſie wiſſen, und es gut mit ih-
nen meynen.
Alle im hoͤhern Alter Erloͤſete wuͤnſchen aus
Liebe zu ihrem Erloͤſer, und allen jungen Leuten,
daß es ſelbigen ja nicht ergehe, wie es ihnen in der
Jugend ergangen: Es iſt einem jeden Leid, wann
die Raupen die ſchoͤnſten Bluͤthen und Fruͤchte
abfreſſen, und ſaͤhe lieber, alle Aeſte von reif-
fen Fruͤchten ſich biegen, daß dem HErrn JEſu
niemand kein Leid, ſondern alles nur Freude
machte, daß demnach die zarte Zweiglein vor den
aufſaͤtzigen Freſſern behuͤtet und bewahret wuͤrden,
daß kein Raupen-Neſt der Jugend Luͤſten das jun-
ge Hertz verwuͤſte. Wie begierig iſt ein ausge-
ſoͤhnter Alter zu ſehen, wie ein zahlreicher Zug
von Knaben und Toͤchtern Morgens fruͤhe zu des
groſſen Kinder-Freundes Pallaſt hingehen, und
hernach mit ihme in Jeruſalem einziehen? Wie
ſchmecken Chriſto fruͤhzeitige Fruͤchte ſo wohl, Mi-
chaͤ 7. Matth. 21. Spr. Salom. 8. Und dieſes
giebt ſodann Saͤulen der Kirchen, und theure
Maͤnner GOttes. Wer fruͤhe ans Werck gehet,
kan was ausrichten; da hingegen die Aufſchie-
bung der Bekanntſchafft mit Chriſto hoͤlliſchen
Undanck mit ſich fuͤhret, und dem Hoͤllen-Heer
ein Jauchzen und Frohlocken erwecket.
Damit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/460>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.