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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Waid
händler verkaufet, welche denjeni-
gen, der eine dunkelblaue Farbe
hat, am liebsten kaufen und allezeit
theurer bezahlen, als denjenigen,
dessen Farbe schwarzgrün ist, und
weil diese letzte Farbe ein Zeichen
ist, daß er bey Regenwetter einge-
sammlet ist. Wachst der Waid
zum andernmale wieder, so gätet
man ihn nicht, wie das erstemal
von dem Unkraute; sondern man
läßt die Schafe auf den Acker, daß
sie das Unkraut abfressen. Dieses
schadet weder der Saat, (es müß-
ten denn die Schafe durch des Hir-
ten Nachläßigkeit zu lange auf den
Feldern bleiben,) noch den Scha-
fen. Sechs Wochen nach der er-
sten Erndte wird er zum andernma-
le, aber auf eben die Art, wie das
erstemal, abgestoßen, oder abge-
schnitten; und nach eben so viel Wo-
chen, wenn die Herbstwitterung
günstig ist, und die Kälte nicht so
geschwinde einfällt, zum drittenma-
le, welches in den warmen Ländern
auch wol noch zum viertenmale ge-
schieht; wiewol der Waid von der
dritten und vierten Erndte nicht so
gut ist, als der von den beyden
ersten, sowol wegen Mangel der
Sonnenstrahlen, als auch weil die
Zeit zum Waschen, wegen des kal-
ten Wassers, nicht so geschickt ist;
wie denn auch der Waid von diesen
letzten Erndten nicht so gut färbet,
als jene, weil dessen Kräfte und
flüchtiges Salz schon ziemlichermas-
sen weg sind: woraus man sich al-
so leicht die Rechnung machen kann,
wie wenig vollends der Waid nu-
tzen müsse, den man bey der fünf-
ten und sechsten Erndte bekömmt.
Diejenigen, so spät und lange nach
Lichtmesse in der Fastenzeit erst die
Felder zur Waidsaat pflügen, ge-
nießen nur zwey Erndten. Dafern
man Saamen verlanget, muß man
bey der letzten Erndte ein Stück da-
zu liegen lassen, so wird man sol-
[Spaltenumbruch]
Waid
chen im folgenden Jahre abnehmen
können. Obgedachte von den Land-
leuten zu Markte geführte und ver-
kaufte Waidballen sind aber noch
nicht tüchtig, Wolle, oder Tücher,
damit zu färben; sondern es wer-
den, was die (4) Zubereitung, oder
Zurichtung zur Farbe daraus, be-
trifft, solche Waidballen ferner von
den Waidhändlern wieder auf einen
Boden ellenhoch auf einander ge-
fchüttet, davon sie sich erwärmen,
verrauchen, stark einschrumpfen,
und steinhart werden, so, daß sie
nur halb so groß bleiben, als sie
anfänglich gewesen. Hierauf wer-
den sie mit starken hölzernen Ham-
mern zu kleinen Stückchen zerschla-
gen, mit Wasser begossen, und,
wenn sie sich dadurch gar erhitzen,
daß sie einen Dampf wie ungelösch-
ter Kalk von sich geben, und schwer-
lich die Hand darinnen kann erlit-
ten werden, so werden sie alsdann
auf einen Haufen geworfen, bis das
Wasser davon verzehret ist. Sol-
ches Begießen und Auftrocknen
geschieht zu dreyenmalen, bis
eine tüchtige Farbe daraus bereitet
worden, da denn die Klumpen hier-
auf klar gemacht, sodann in tän-
nerne Fässer geschlagen und verfüh-
ret werden. Diese also aus den
Waidballen zubereitete (5) Farbe,
färbet an sich himmelblau; ist aber
auch der Grund der schwarzen, und
aller dunkeln Farben: und wird sie
von den Schwarz- und Waidfär-
bern zum Färben der Wolle, Tuche,
und wollenen Zeuge gebraucht; man
nennet aber Waidfärber, oder
Weydfärber diejenigen Färber, wel-
che sich auf den Gebrauch des Waids
allein befleißigen. Der alte Waid
ist allemal besser, als der neue;
und es hält sich derselbe zehn Jah-
re und länger, ohne was von sei-
ner Kraft zu verlieren. Wenn her-
nach solcher zugerichtete Waid von
den Färbern in den Kübel einge-

schüt-

[Spaltenumbruch]

Waid
haͤndler verkaufet, welche denjeni-
gen, der eine dunkelblaue Farbe
hat, am liebſten kaufen und allezeit
theurer bezahlen, als denjenigen,
deſſen Farbe ſchwarzgruͤn iſt, und
weil dieſe letzte Farbe ein Zeichen
iſt, daß er bey Regenwetter einge-
ſammlet iſt. Wachſt der Waid
zum andernmale wieder, ſo gaͤtet
man ihn nicht, wie das erſtemal
von dem Unkraute; ſondern man
laͤßt die Schafe auf den Acker, daß
ſie das Unkraut abfreſſen. Dieſes
ſchadet weder der Saat, (es muͤß-
ten denn die Schafe durch des Hir-
ten Nachlaͤßigkeit zu lange auf den
Feldern bleiben,) noch den Scha-
fen. Sechs Wochen nach der er-
ſten Erndte wird er zum andernma-
le, aber auf eben die Art, wie das
erſtemal, abgeſtoßen, oder abge-
ſchnitten; und nach eben ſo viel Wo-
chen, wenn die Herbſtwitterung
guͤnſtig iſt, und die Kaͤlte nicht ſo
geſchwinde einfaͤllt, zum drittenma-
le, welches in den warmen Laͤndern
auch wol noch zum viertenmale ge-
ſchieht; wiewol der Waid von der
dritten und vierten Erndte nicht ſo
gut iſt, als der von den beyden
erſten, ſowol wegen Mangel der
Sonnenſtrahlen, als auch weil die
Zeit zum Waſchen, wegen des kal-
ten Waſſers, nicht ſo geſchickt iſt;
wie denn auch der Waid von dieſen
letzten Erndten nicht ſo gut faͤrbet,
als jene, weil deſſen Kraͤfte und
fluͤchtiges Salz ſchon ziemlichermaſ-
ſen weg ſind: woraus man ſich al-
ſo leicht die Rechnung machen kann,
wie wenig vollends der Waid nu-
tzen muͤſſe, den man bey der fuͤnf-
ten und ſechſten Erndte bekoͤmmt.
Diejenigen, ſo ſpaͤt und lange nach
Lichtmeſſe in der Faſtenzeit erſt die
Felder zur Waidſaat pfluͤgen, ge-
nießen nur zwey Erndten. Dafern
man Saamen verlanget, muß man
bey der letzten Erndte ein Stuͤck da-
zu liegen laſſen, ſo wird man ſol-
[Spaltenumbruch]
Waid
chen im folgenden Jahre abnehmen
koͤnnen. Obgedachte von den Land-
leuten zu Markte gefuͤhrte und ver-
kaufte Waidballen ſind aber noch
nicht tuͤchtig, Wolle, oder Tuͤcher,
damit zu faͤrben; ſondern es wer-
den, was die (4) Zubereitung, oder
Zurichtung zur Farbe daraus, be-
trifft, ſolche Waidballen ferner von
den Waidhaͤndlern wieder auf einen
Boden ellenhoch auf einander ge-
fchuͤttet, davon ſie ſich erwaͤrmen,
verrauchen, ſtark einſchrumpfen,
und ſteinhart werden, ſo, daß ſie
nur halb ſo groß bleiben, als ſie
anfaͤnglich geweſen. Hierauf wer-
den ſie mit ſtarken hoͤlzernen Ham-
mern zu kleinen Stuͤckchen zerſchla-
gen, mit Waſſer begoſſen, und,
wenn ſie ſich dadurch gar erhitzen,
daß ſie einen Dampf wie ungeloͤſch-
ter Kalk von ſich geben, und ſchwer-
lich die Hand darinnen kann erlit-
ten werden, ſo werden ſie alsdann
auf einen Haufen geworfen, bis das
Waſſer davon verzehret iſt. Sol-
ches Begießen und Auftrocknen
geſchieht zu dreyenmalen, bis
eine tuͤchtige Farbe daraus bereitet
worden, da denn die Klumpen hier-
auf klar gemacht, ſodann in taͤn-
nerne Faͤſſer geſchlagen und verfuͤh-
ret werden. Dieſe alſo aus den
Waidballen zubereitete (5) Farbe,
faͤrbet an ſich himmelblau; iſt aber
auch der Grund der ſchwarzen, und
aller dunkeln Farben: und wird ſie
von den Schwarz- und Waidfaͤr-
bern zum Faͤrben der Wolle, Tuche,
und wollenen Zeuge gebraucht; man
nennet aber Waidfaͤrber, oder
Weydfaͤrber diejenigen Faͤrber, wel-
che ſich auf den Gebrauch des Waids
allein befleißigen. Der alte Waid
iſt allemal beſſer, als der neue;
und es haͤlt ſich derſelbe zehn Jah-
re und laͤnger, ohne was von ſei-
ner Kraft zu verlieren. Wenn her-
nach ſolcher zugerichtete Waid von
den Faͤrbern in den Kuͤbel einge-

ſchuͤt-
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[[299]/0305] Waid Waid haͤndler verkaufet, welche denjeni- gen, der eine dunkelblaue Farbe hat, am liebſten kaufen und allezeit theurer bezahlen, als denjenigen, deſſen Farbe ſchwarzgruͤn iſt, und weil dieſe letzte Farbe ein Zeichen iſt, daß er bey Regenwetter einge- ſammlet iſt. Wachſt der Waid zum andernmale wieder, ſo gaͤtet man ihn nicht, wie das erſtemal von dem Unkraute; ſondern man laͤßt die Schafe auf den Acker, daß ſie das Unkraut abfreſſen. Dieſes ſchadet weder der Saat, (es muͤß- ten denn die Schafe durch des Hir- ten Nachlaͤßigkeit zu lange auf den Feldern bleiben,) noch den Scha- fen. Sechs Wochen nach der er- ſten Erndte wird er zum andernma- le, aber auf eben die Art, wie das erſtemal, abgeſtoßen, oder abge- ſchnitten; und nach eben ſo viel Wo- chen, wenn die Herbſtwitterung guͤnſtig iſt, und die Kaͤlte nicht ſo geſchwinde einfaͤllt, zum drittenma- le, welches in den warmen Laͤndern auch wol noch zum viertenmale ge- ſchieht; wiewol der Waid von der dritten und vierten Erndte nicht ſo gut iſt, als der von den beyden erſten, ſowol wegen Mangel der Sonnenſtrahlen, als auch weil die Zeit zum Waſchen, wegen des kal- ten Waſſers, nicht ſo geſchickt iſt; wie denn auch der Waid von dieſen letzten Erndten nicht ſo gut faͤrbet, als jene, weil deſſen Kraͤfte und fluͤchtiges Salz ſchon ziemlichermaſ- ſen weg ſind: woraus man ſich al- ſo leicht die Rechnung machen kann, wie wenig vollends der Waid nu- tzen muͤſſe, den man bey der fuͤnf- ten und ſechſten Erndte bekoͤmmt. Diejenigen, ſo ſpaͤt und lange nach Lichtmeſſe in der Faſtenzeit erſt die Felder zur Waidſaat pfluͤgen, ge- nießen nur zwey Erndten. Dafern man Saamen verlanget, muß man bey der letzten Erndte ein Stuͤck da- zu liegen laſſen, ſo wird man ſol- chen im folgenden Jahre abnehmen koͤnnen. Obgedachte von den Land- leuten zu Markte gefuͤhrte und ver- kaufte Waidballen ſind aber noch nicht tuͤchtig, Wolle, oder Tuͤcher, damit zu faͤrben; ſondern es wer- den, was die (4) Zubereitung, oder Zurichtung zur Farbe daraus, be- trifft, ſolche Waidballen ferner von den Waidhaͤndlern wieder auf einen Boden ellenhoch auf einander ge- fchuͤttet, davon ſie ſich erwaͤrmen, verrauchen, ſtark einſchrumpfen, und ſteinhart werden, ſo, daß ſie nur halb ſo groß bleiben, als ſie anfaͤnglich geweſen. Hierauf wer- den ſie mit ſtarken hoͤlzernen Ham- mern zu kleinen Stuͤckchen zerſchla- gen, mit Waſſer begoſſen, und, wenn ſie ſich dadurch gar erhitzen, daß ſie einen Dampf wie ungeloͤſch- ter Kalk von ſich geben, und ſchwer- lich die Hand darinnen kann erlit- ten werden, ſo werden ſie alsdann auf einen Haufen geworfen, bis das Waſſer davon verzehret iſt. Sol- ches Begießen und Auftrocknen geſchieht zu dreyenmalen, bis eine tuͤchtige Farbe daraus bereitet worden, da denn die Klumpen hier- auf klar gemacht, ſodann in taͤn- nerne Faͤſſer geſchlagen und verfuͤh- ret werden. Dieſe alſo aus den Waidballen zubereitete (5) Farbe, faͤrbet an ſich himmelblau; iſt aber auch der Grund der ſchwarzen, und aller dunkeln Farben: und wird ſie von den Schwarz- und Waidfaͤr- bern zum Faͤrben der Wolle, Tuche, und wollenen Zeuge gebraucht; man nennet aber Waidfaͤrber, oder Weydfaͤrber diejenigen Faͤrber, wel- che ſich auf den Gebrauch des Waids allein befleißigen. Der alte Waid iſt allemal beſſer, als der neue; und es haͤlt ſich derſelbe zehn Jah- re und laͤnger, ohne was von ſei- ner Kraft zu verlieren. Wenn her- nach ſolcher zugerichtete Waid von den Faͤrbern in den Kuͤbel einge- ſchuͤt-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/305>, abgerufen am 22.12.2024.