Grace, Dieppe und Rouen, worauf sie den Winter über nach Hause reisen, und dahin etwas Thran und Baarden mitnehmen, so viel nämlich zum Gebrauch ihrer Provinzen nö- thig ist, welches sie zu Tusan, Cha- lose, Marsan verkaufen, etwas da- von auch nach Bearn bringen. Die (f) Russen sind auf dem Wall- sischfange nicht eher, als nach dem Jahre 1724, erschienen, da in Ruß- land eine Compagnie errichtet ward, die von dem damals regierenden Kaiser Peter dem I nicht allein gebilli- get, sondern ihr auch das ausschlies- sende Privilegium des Thranhan- dels ertheilet, und die Einfuhr alles Fischthrans, so von andern als Russen gemacht worden, in das russische Reich verboten ward.
Wallrath, oder Wallrad, Bald- rath, weißer Amber, holl. Wal- schot, Witte-Amber, Zee-Schuim, Vischmist, franz. Nature de Ba- leine, Sperme de Baleine, oder Blanc de Baleine, lat. Sperma Ceti, Flos macis, ein fettes, zartes, und ganz weißes Wesen, wie kleine Schuppen, fast ohne Geruch, aber von widri- gem Geschmacke, welches in der Wärme zergeht, aber in der Kälte gleich gerinnt. An sich selbst bren- net der Wallrath nicht; allein mit einem Dochte brennt er wie ein an- der Talklicht. Er (1) unterschei- der sich von allen Schmeeren und Fetten, denn a) geht bey der De- stillation mit offenem Feuer alles über; b) giebt er kein stinkendes, son- dern ein helles, klares und butter- haftes Oel; und c) hinterläßt er keinen substanziellen Todtenkopf: wel- ches alles sonst keine thierische Fet- tigkeit zu thun vermag. Was diese Materie (2) eigentlich sey, und wovon sie herrühre; darüber ist man mit Gewißheit noch nicht recht einig. Vor diesem hielten sie die mei- sten für den Saamen des Wallfi- [Spaltenumbruch]
Wallrath
sches, daher sie auch Sperma Ceti genennet wurde, auch diesen Na- men bis auf den heutigen Tag be- halten hat. Andere halten sie für die Milch des Wallfisches: Noch andere für einen von dem Meer- wasser gleichsam weißgebeizten Am- ber, indem der Wallrath eben so, wie der Amber auf dem Meere schwimmend und treibend, auch dieser letztere oft in den Wallfischen gefunden werde. Allein die Neuern schreiben, daß der Wallrath nichts anders, als das Gehirn von dem Wallfische, sonderlich der Cache- lotte sey. Und zwar ist zu merken, daß diese Materie, oder der so ge- nannte Wallrath, nur von dem männlichen Geschlechte der Wallfische herkomme, indem das Gehirn von den weiblichen Fischen zu flüßig, und zum Thrane und Brennöle taugli- cher ist. Weil aber der Cachelott nicht allein in seinem Fange und Streite, sondern auch sonst, näm- lich von dem Schwerdtfische als sei- nem natürlichen Feinde, am Kopfe verwundet wird, und also das Ge- hirn heraus fällt, so findet man den daher entstehenden Wallrath auch auf dem Meere schwimmend, welches sonst aus dem Hirnschädel genommen wird: wiewol das erste, so doch bey weitem nicht so lauter, auch nicht so kostbar, den Schiff- leuten viel bekannter ist, als das letztere. Es giebt also zweyerley (3) Gattungen des Wallraths: der eine wird auf dem Meere schwimmend gefunden; und der ande- re wird aus dem Gehirne des Wall- fisches, sonderlich der Cachelotte, genommen. Beyde Gattungen aber werden roher Wallrath, oder Sper- ma Ceti crudum, genennet, und sind ganz unsauber und gelb, auch riechen sie nach Thran; daher sie künstlicher weise zugerichtet und ge- läutert werden müssen. Es wird der Wallrath (4) von der grönlän-
dischen
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Wallrath
Grace, Dieppe und Rouen, worauf ſie den Winter uͤber nach Hauſe reiſen, und dahin etwas Thran und Baarden mitnehmen, ſo viel naͤmlich zum Gebrauch ihrer Provinzen noͤ- thig iſt, welches ſie zu Tuſan, Cha- loſe, Marſan verkaufen, etwas da- von auch nach Bearn bringen. Die (f) Ruſſen ſind auf dem Wall- ſiſchfange nicht eher, als nach dem Jahre 1724, erſchienen, da in Ruß- land eine Compagnie errichtet ward, die von dem damals regierenden Kaiſer Peter dem I nicht allein gebilli- get, ſondern ihr auch das ausſchlieſ- ſende Privilegium des Thranhan- dels ertheilet, und die Einfuhr alles Fiſchthrans, ſo von andern als Ruſſen gemacht worden, in das ruſſiſche Reich verboten ward.
Wallrath, oder Wallrad, Bald- rath, weißer Amber, holl. Wal- ſchot, Witte-Amber, Zee-Schuim, Viſchmiſt, franz. Nature de Ba- leine, Sperme de Baleine, oder Blanc de Baleine, lat. Sperma Ceti, Flos macis, ein fettes, zartes, und ganz weißes Weſen, wie kleine Schuppen, faſt ohne Geruch, aber von widri- gem Geſchmacke, welches in der Waͤrme zergeht, aber in der Kaͤlte gleich gerinnt. An ſich ſelbſt bren- net der Wallrath nicht; allein mit einem Dochte brennt er wie ein an- der Talklicht. Er (1) unterſchei- der ſich von allen Schmeeren und Fetten, denn a) geht bey der De- ſtillation mit offenem Feuer alles uͤber; b) giebt er kein ſtinkendes, ſon- dern ein helles, klares und butter- haftes Oel; und c) hinterlaͤßt er keinen ſubſtanziellen Todtenkopf: wel- ches alles ſonſt keine thieriſche Fet- tigkeit zu thun vermag. Was dieſe Materie (2) eigentlich ſey, und wovon ſie herruͤhre; daruͤber iſt man mit Gewißheit noch nicht recht einig. Vor dieſem hielten ſie die mei- ſten fuͤr den Saamen des Wallfi- [Spaltenumbruch]
Wallrath
ſches, daher ſie auch Sperma Ceti genennet wurde, auch dieſen Na- men bis auf den heutigen Tag be- halten hat. Andere halten ſie fuͤr die Milch des Wallfiſches: Noch andere fuͤr einen von dem Meer- waſſer gleichſam weißgebeizten Am- ber, indem der Wallrath eben ſo, wie der Amber auf dem Meere ſchwimmend und treibend, auch dieſer letztere oft in den Wallfiſchen gefunden werde. Allein die Neuern ſchreiben, daß der Wallrath nichts anders, als das Gehirn von dem Wallfiſche, ſonderlich der Cache- lotte ſey. Und zwar iſt zu merken, daß dieſe Materie, oder der ſo ge- nannte Wallrath, nur von dem maͤnnlichen Geſchlechte der Wallfiſche herkomme, indem das Gehirn von den weiblichen Fiſchen zu fluͤßig, und zum Thrane und Brennoͤle taugli- cher iſt. Weil aber der Cachelott nicht allein in ſeinem Fange und Streite, ſondern auch ſonſt, naͤm- lich von dem Schwerdtfiſche als ſei- nem natuͤrlichen Feinde, am Kopfe verwundet wird, und alſo das Ge- hirn heraus faͤllt, ſo findet man den daher entſtehenden Wallrath auch auf dem Meere ſchwimmend, welches ſonſt aus dem Hirnſchaͤdel genommen wird: wiewol das erſte, ſo doch bey weitem nicht ſo lauter, auch nicht ſo koſtbar, den Schiff- leuten viel bekannter iſt, als das letztere. Es giebt alſo zweyerley (3) Gattungen des Wallraths: der eine wird auf dem Meere ſchwimmend gefunden; und der ande- re wird aus dem Gehirne des Wall- fiſches, ſonderlich der Cachelotte, genommen. Beyde Gattungen aber werden roher Wallrath, oder Sper- ma Ceti crudum, genennet, und ſind ganz unſauber und gelb, auch riechen ſie nach Thran; daher ſie kuͤnſtlicher weiſe zugerichtet und ge- laͤutert werden muͤſſen. Es wird der Wallrath (4) von der groͤnlaͤn-
diſchen
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[[323]/0329]
Wallrath
Wallrath
Grace, Dieppe und Rouen, worauf
ſie den Winter uͤber nach Hauſe
reiſen, und dahin etwas Thran und
Baarden mitnehmen, ſo viel naͤmlich
zum Gebrauch ihrer Provinzen noͤ-
thig iſt, welches ſie zu Tuſan, Cha-
loſe, Marſan verkaufen, etwas da-
von auch nach Bearn bringen.
Die (f) Ruſſen ſind auf dem Wall-
ſiſchfange nicht eher, als nach dem
Jahre 1724, erſchienen, da in Ruß-
land eine Compagnie errichtet ward,
die von dem damals regierenden
Kaiſer Peter dem I nicht allein gebilli-
get, ſondern ihr auch das ausſchlieſ-
ſende Privilegium des Thranhan-
dels ertheilet, und die Einfuhr alles
Fiſchthrans, ſo von andern als
Ruſſen gemacht worden, in das
ruſſiſche Reich verboten ward.
Wallrath, oder Wallrad, Bald-
rath, weißer Amber, holl. Wal-
ſchot, Witte-Amber, Zee-Schuim,
Viſchmiſt, franz. Nature de Ba-
leine, Sperme de Baleine, oder Blanc
de Baleine, lat. Sperma Ceti, Flos
macis, ein fettes, zartes, und ganz
weißes Weſen, wie kleine Schuppen,
faſt ohne Geruch, aber von widri-
gem Geſchmacke, welches in der
Waͤrme zergeht, aber in der Kaͤlte
gleich gerinnt. An ſich ſelbſt bren-
net der Wallrath nicht; allein mit
einem Dochte brennt er wie ein an-
der Talklicht. Er (1) unterſchei-
der ſich von allen Schmeeren und
Fetten, denn a) geht bey der De-
ſtillation mit offenem Feuer alles
uͤber; b) giebt er kein ſtinkendes, ſon-
dern ein helles, klares und butter-
haftes Oel; und c) hinterlaͤßt er
keinen ſubſtanziellen Todtenkopf: wel-
ches alles ſonſt keine thieriſche Fet-
tigkeit zu thun vermag. Was dieſe
Materie (2) eigentlich ſey, und
wovon ſie herruͤhre; daruͤber iſt
man mit Gewißheit noch nicht recht
einig. Vor dieſem hielten ſie die mei-
ſten fuͤr den Saamen des Wallfi-
ſches, daher ſie auch Sperma Ceti
genennet wurde, auch dieſen Na-
men bis auf den heutigen Tag be-
halten hat. Andere halten ſie fuͤr
die Milch des Wallfiſches: Noch
andere fuͤr einen von dem Meer-
waſſer gleichſam weißgebeizten Am-
ber, indem der Wallrath eben ſo,
wie der Amber auf dem Meere
ſchwimmend und treibend, auch
dieſer letztere oft in den Wallfiſchen
gefunden werde. Allein die Neuern
ſchreiben, daß der Wallrath nichts
anders, als das Gehirn von dem
Wallfiſche, ſonderlich der Cache-
lotte ſey. Und zwar iſt zu merken,
daß dieſe Materie, oder der ſo ge-
nannte Wallrath, nur von dem
maͤnnlichen Geſchlechte der Wallfiſche
herkomme, indem das Gehirn von den
weiblichen Fiſchen zu fluͤßig, und
zum Thrane und Brennoͤle taugli-
cher iſt. Weil aber der Cachelott
nicht allein in ſeinem Fange und
Streite, ſondern auch ſonſt, naͤm-
lich von dem Schwerdtfiſche als ſei-
nem natuͤrlichen Feinde, am Kopfe
verwundet wird, und alſo das Ge-
hirn heraus faͤllt, ſo findet man
den daher entſtehenden Wallrath
auch auf dem Meere ſchwimmend,
welches ſonſt aus dem Hirnſchaͤdel
genommen wird: wiewol das erſte,
ſo doch bey weitem nicht ſo lauter,
auch nicht ſo koſtbar, den Schiff-
leuten viel bekannter iſt, als das
letztere. Es giebt alſo zweyerley
(3) Gattungen des Wallraths:
der eine wird auf dem Meere
ſchwimmend gefunden; und der ande-
re wird aus dem Gehirne des Wall-
fiſches, ſonderlich der Cachelotte,
genommen. Beyde Gattungen aber
werden roher Wallrath, oder Sper-
ma Ceti crudum, genennet, und
ſind ganz unſauber und gelb, auch
riechen ſie nach Thran; daher ſie
kuͤnſtlicher weiſe zugerichtet und ge-
laͤutert werden muͤſſen. Es wird
der Wallrath (4) von der groͤnlaͤn-
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [323]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/329>, abgerufen am 22.12.2024.
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