(*)Octroy ist ein niederländisches Wort, und bedeutet so viel als ein Privilegium, welche eine oder mehrere Perso- nen über ein gewisses Thun, oder über eine Handlung er- halten, daß sie solche mit Ausschließung anderer treiben mögen. Daher heißt octroyiren erlauben, verstatten, von der Obrigkeit Freyheit erhalten.
Das 8 Capitel. Von den Handels- und Wechselgerichten, auch gu- ten Männern.
§. 558.
I. Handels- gericht.
Ein Handelsgericht (§. 493.) oder Commerciengericht, an einigen Orten auch Judicaturbanco, oder kaufmännische Gerichtsbanco genannt, ist ein von hoher Obrigkeit dazu ver- ordnetes und bestelltes Gericht, daß darinnen die unter Kauf- und Handelsleuten entstandenen Jrrungen und Klagen auf das schleunigste beygeleget und entschieden werden.
§. 559.
Eintheilung in beständi- ge Handels- gerichte, und in Markt- oder Meß- gerichte.
Man hat zwey Gattungen der Handelsgerichte, nämlich 1) beständige Handelsgerichte, die zu aller Zeit, in und außer Messen, gehalten werden; und 2) Marktgerichte, Meßgerich- te, oder Meßhandelsgerichte, welche nur währender Messe eines Orts über bestehen, und alle zwischen den einheimischen sowol, als fremden Kauf- und Handelsleuten vorgefallene Zwi- stigkeiten entscheiden. Jn die Markt- oder Meßgerichte wer- den an theils Orten auch fremde, die Messe oder den Markt bauende, Kaufleute mit gezogen. Wo man ein beständiges Han- delsgericht hat, da braucht man ein solches besonderes Marktgericht nicht.
§. 560.
Gegenstand der Han- delsgerichte überhaupt.
Vor den Handelsgerichten, es mögen solche beständige, oder nur Markt- und Meß-Gerichte seyn, werden alle Streit- Händel, die in einer Stadt, Provinz oder Lande über Com- merciensachen und die davon abhangenden Handlungen vorge- fallen sind, vorgetragen; von beyden Theilen verfahren; schrift- liche Documente, mündliche Relationen und Zeugen examini- ret und verhöret; und endlich ohne alle Weitläuftigkeit der Bil- ligkeit und dem kaufmännischen Herkommen, oder auch ihren Statuten und beschriebenen Rechten nach entschieden; die ge- sprochenen Urtheile aber, kraft der einem solchen Handelsgerich- te von der Landesobrigkeit ertheilten Gewalt, zur Vollziehung gebracht.
§. 561.
Beysitzer des Han- delsgerichts.
Mithin werden zu Beysitzern eines Handelsgerichts lau- ter ansehnliche, kluge, ehrliche, und gewisse Männer erfordert, die insonderheit, theils in den bürgerlichen Rechten, theils in den Handlungsrechten, sowol zu Lande, als zu Wasser, theils
endlich
2 Th. 8 Cap. Von den Handels- und
(*)Octroy iſt ein niederlaͤndiſches Wort, und bedeutet ſo viel als ein Privilegium, welche eine oder mehrere Perſo- nen uͤber ein gewiſſes Thun, oder uͤber eine Handlung er- halten, daß ſie ſolche mit Ausſchließung anderer treiben moͤgen. Daher heißt octroyiren erlauben, verſtatten, von der Obrigkeit Freyheit erhalten.
Das 8 Capitel. Von den Handels- und Wechſelgerichten, auch gu- ten Maͤnnern.
§. 558.
I. Handels- gericht.
Ein Handelsgericht (§. 493.) oder Commerciengericht, an einigen Orten auch Judicaturbanco, oder kaufmaͤnniſche Gerichtsbanco genannt, iſt ein von hoher Obrigkeit dazu ver- ordnetes und beſtelltes Gericht, daß darinnen die unter Kauf- und Handelsleuten entſtandenen Jrrungen und Klagen auf das ſchleunigſte beygeleget und entſchieden werden.
§. 559.
Eintheilung in beſtaͤndi- ge Handels- gerichte, und in Markt- oder Meß- gerichte.
Man hat zwey Gattungen der Handelsgerichte, naͤmlich 1) beſtaͤndige Handelsgerichte, die zu aller Zeit, in und außer Meſſen, gehalten werden; und 2) Marktgerichte, Meßgerich- te, oder Meßhandelsgerichte, welche nur waͤhrender Meſſe eines Orts uͤber beſtehen, und alle zwiſchen den einheimiſchen ſowol, als fremden Kauf- und Handelsleuten vorgefallene Zwi- ſtigkeiten entſcheiden. Jn die Markt- oder Meßgerichte wer- den an theils Orten auch fremde, die Meſſe oder den Markt bauende, Kaufleute mit gezogen. Wo man ein beſtaͤndiges Han- delsgericht hat, da braucht man ein ſolches beſonderes Marktgericht nicht.
§. 560.
Gegenſtand der Han- delsgerichte uͤberhaupt.
Vor den Handelsgerichten, es moͤgen ſolche beſtaͤndige, oder nur Markt- und Meß-Gerichte ſeyn, werden alle Streit- Haͤndel, die in einer Stadt, Provinz oder Lande uͤber Com- mercienſachen und die davon abhangenden Handlungen vorge- fallen ſind, vorgetragen; von beyden Theilen verfahren; ſchrift- liche Documente, muͤndliche Relationen und Zeugen examini- ret und verhoͤret; und endlich ohne alle Weitlaͤuftigkeit der Bil- ligkeit und dem kaufmaͤnniſchen Herkommen, oder auch ihren Statuten und beſchriebenen Rechten nach entſchieden; die ge- ſprochenen Urtheile aber, kraft der einem ſolchen Handelsgerich- te von der Landesobrigkeit ertheilten Gewalt, zur Vollziehung gebracht.
§. 561.
Beyſitzer des Han- delsgerichts.
Mithin werden zu Beyſitzern eines Handelsgerichts lau- ter anſehnliche, kluge, ehrliche, und gewiſſe Maͤnner erfordert, die inſonderheit, theils in den buͤrgerlichen Rechten, theils in den Handlungsrechten, ſowol zu Lande, als zu Waſſer, theils
endlich
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0890"n="286"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">2 Th. 8 Cap. Von den Handels- und</hi></fw><lb/><noteplace="end"n="(*)"><hirendition="#fr">Octroy</hi> iſt ein niederlaͤndiſches Wort, und bedeutet ſo<lb/>
viel als ein Privilegium, welche eine oder mehrere Perſo-<lb/>
nen uͤber ein gewiſſes Thun, oder uͤber eine Handlung er-<lb/>
halten, daß ſie ſolche mit Ausſchließung anderer treiben<lb/>
moͤgen. Daher heißt <hirendition="#fr">octroyiren</hi> erlauben, verſtatten,<lb/>
von der Obrigkeit Freyheit erhalten.</note></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Das 8 Capitel.</hi><lb/>
Von den Handels- und Wechſelgerichten, auch gu-<lb/>
ten Maͤnnern.</head><lb/><divn="4"><head>§. 558.</head><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">I.</hi> Handels-<lb/>
gericht.</note><p><hirendition="#in">E</hi>in <hirendition="#fr">Handelsgericht</hi> (§. 493.) oder <hirendition="#fr">Commerciengericht,</hi> an<lb/>
einigen Orten auch <hirendition="#fr">Judicaturbanco,</hi> oder <hirendition="#fr">kaufmaͤnniſche<lb/>
Gerichtsbanco</hi> genannt, iſt ein von hoher Obrigkeit dazu ver-<lb/>
ordnetes und beſtelltes Gericht, daß darinnen die unter Kauf-<lb/>
und Handelsleuten entſtandenen Jrrungen und Klagen auf das<lb/>ſchleunigſte beygeleget und entſchieden werden.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 559.</head><lb/><noteplace="left">Eintheilung<lb/>
in beſtaͤndi-<lb/>
ge Handels-<lb/>
gerichte, und<lb/>
in Markt-<lb/>
oder Meß-<lb/>
gerichte.</note><p>Man hat zwey Gattungen der Handelsgerichte, naͤmlich<lb/>
1) <hirendition="#fr">beſtaͤndige Handelsgerichte,</hi> die zu aller Zeit, in und außer<lb/>
Meſſen, gehalten werden; und 2) <hirendition="#fr">Marktgerichte, Meßgerich-<lb/>
te,</hi> oder <hirendition="#fr">Meßhandelsgerichte,</hi> welche nur waͤhrender Meſſe<lb/>
eines Orts uͤber beſtehen, und alle zwiſchen den einheimiſchen<lb/>ſowol, als fremden Kauf- und Handelsleuten vorgefallene Zwi-<lb/>ſtigkeiten entſcheiden. Jn die Markt- oder Meßgerichte wer-<lb/>
den an theils Orten auch fremde, die Meſſe oder den Markt<lb/>
bauende, Kaufleute mit gezogen. Wo man ein beſtaͤndiges Han-<lb/>
delsgericht hat, da braucht man ein ſolches beſonderes<lb/>
Marktgericht nicht.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 560.</head><lb/><noteplace="left">Gegenſtand<lb/>
der Han-<lb/>
delsgerichte<lb/>
uͤberhaupt.</note><p>Vor den Handelsgerichten, es moͤgen ſolche beſtaͤndige,<lb/>
oder nur Markt- und Meß-Gerichte ſeyn, werden alle Streit-<lb/>
Haͤndel, die in einer Stadt, Provinz oder Lande uͤber Com-<lb/>
mercienſachen und die davon abhangenden Handlungen vorge-<lb/>
fallen ſind, vorgetragen; von beyden Theilen verfahren; ſchrift-<lb/>
liche Documente, muͤndliche Relationen und Zeugen examini-<lb/>
ret und verhoͤret; und endlich ohne alle Weitlaͤuftigkeit der Bil-<lb/>
ligkeit und dem kaufmaͤnniſchen Herkommen, oder auch ihren<lb/>
Statuten und beſchriebenen Rechten nach entſchieden; die ge-<lb/>ſprochenen Urtheile aber, kraft der einem ſolchen Handelsgerich-<lb/>
te von der Landesobrigkeit ertheilten Gewalt, zur Vollziehung<lb/>
gebracht.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 561.</head><lb/><noteplace="left">Beyſitzer<lb/>
des Han-<lb/>
delsgerichts.</note><p>Mithin werden zu <hirendition="#fr">Beyſitzern</hi> eines Handelsgerichts lau-<lb/>
ter anſehnliche, kluge, ehrliche, und gewiſſe Maͤnner erfordert,<lb/>
die inſonderheit, theils in den buͤrgerlichen Rechten, theils in<lb/>
den Handlungsrechten, ſowol zu Lande, als zu Waſſer, theils<lb/><fwplace="bottom"type="catch">endlich</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[286/0890]
2 Th. 8 Cap. Von den Handels- und
⁽*⁾ Octroy iſt ein niederlaͤndiſches Wort, und bedeutet ſo
viel als ein Privilegium, welche eine oder mehrere Perſo-
nen uͤber ein gewiſſes Thun, oder uͤber eine Handlung er-
halten, daß ſie ſolche mit Ausſchließung anderer treiben
moͤgen. Daher heißt octroyiren erlauben, verſtatten,
von der Obrigkeit Freyheit erhalten.
Das 8 Capitel.
Von den Handels- und Wechſelgerichten, auch gu-
ten Maͤnnern.
§. 558.
Ein Handelsgericht (§. 493.) oder Commerciengericht, an
einigen Orten auch Judicaturbanco, oder kaufmaͤnniſche
Gerichtsbanco genannt, iſt ein von hoher Obrigkeit dazu ver-
ordnetes und beſtelltes Gericht, daß darinnen die unter Kauf-
und Handelsleuten entſtandenen Jrrungen und Klagen auf das
ſchleunigſte beygeleget und entſchieden werden.
§. 559.
Man hat zwey Gattungen der Handelsgerichte, naͤmlich
1) beſtaͤndige Handelsgerichte, die zu aller Zeit, in und außer
Meſſen, gehalten werden; und 2) Marktgerichte, Meßgerich-
te, oder Meßhandelsgerichte, welche nur waͤhrender Meſſe
eines Orts uͤber beſtehen, und alle zwiſchen den einheimiſchen
ſowol, als fremden Kauf- und Handelsleuten vorgefallene Zwi-
ſtigkeiten entſcheiden. Jn die Markt- oder Meßgerichte wer-
den an theils Orten auch fremde, die Meſſe oder den Markt
bauende, Kaufleute mit gezogen. Wo man ein beſtaͤndiges Han-
delsgericht hat, da braucht man ein ſolches beſonderes
Marktgericht nicht.
§. 560.
Vor den Handelsgerichten, es moͤgen ſolche beſtaͤndige,
oder nur Markt- und Meß-Gerichte ſeyn, werden alle Streit-
Haͤndel, die in einer Stadt, Provinz oder Lande uͤber Com-
mercienſachen und die davon abhangenden Handlungen vorge-
fallen ſind, vorgetragen; von beyden Theilen verfahren; ſchrift-
liche Documente, muͤndliche Relationen und Zeugen examini-
ret und verhoͤret; und endlich ohne alle Weitlaͤuftigkeit der Bil-
ligkeit und dem kaufmaͤnniſchen Herkommen, oder auch ihren
Statuten und beſchriebenen Rechten nach entſchieden; die ge-
ſprochenen Urtheile aber, kraft der einem ſolchen Handelsgerich-
te von der Landesobrigkeit ertheilten Gewalt, zur Vollziehung
gebracht.
§. 561.
Mithin werden zu Beyſitzern eines Handelsgerichts lau-
ter anſehnliche, kluge, ehrliche, und gewiſſe Maͤnner erfordert,
die inſonderheit, theils in den buͤrgerlichen Rechten, theils in
den Handlungsrechten, ſowol zu Lande, als zu Waſſer, theils
endlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/890>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.