in Frankreich nicht über 45 Sols die französische Elle kosten. Und für diesen Preiß müssen sie noch ganz von Wolle, und von der feinsten Gattung seyn.
Tischauffera, ist zu Venedig das kleinste Maaß flüßiger Dinge. Es ist der vierte Theil von einem Quart: denn 4 Tischaufferas machen 1 Quart, 4 Quart 1 Bigot, 4 Bigot 1 Ampho- ra, welche 76 Mustaches hält, deren 38 eine Botte machen.
Tischler, Tischer, Schreiner, lat. Arcularius, Scriniarius, franz. Menuisier, ein kramender Hand- werksmann, so im Holze mit dem Hobel und Schnitzmesser arbeitet. Es ist die (1) Tischler und Schrei- nerkunst keine von den geringsten. Denn derjenige, der sich einen rech- ten verständigen Schreiner nennen will, muß a) die Perspectivkunst, und aus der Baukunst die fünf Säulenordnungen wohl verstehen, als ohne welches er keine kunstrich- tige Zierrathen, es sey an Kränzen und Einfassungen, oder an Säul- und Schnitzwerk, angeben kann. Ja er muß b) fast ein halber Bild- hauer seyn, und c) in Laub- und Blumenwerk wissen zu reißen, wie auch in Figuren, indem das Tisch- lerhandwerk von dergleichen einge- legter Arbeit, von Bildern, Blu- men und Laubwerk oft so schöne Werke macht, als ob es ein künst- licher Maler verfertiget hätte. Fer- ner muß auch ein Schreiner d) ein guter Erfinder allerhand schöner Sachen seyn, sonderlich aber e) we- gen des Holzes guten Verstand ha- ben, wie dasselbe zu gebrauchen sey, damit es sich nicht biege; ingleichen welches Holz zu einer jeden Arbeit am besten tauge. Die (2) Arten der Arbeiten sind sonderlich bey der Tischlerprofeßion unterschiedlich, denn da giebt es a) Tischer, die nichts als gemeine Stücken von schlechtem Holze, nämlich allerhand [Spaltenumbruch]
Tischler
Hausrath an Schränken, Kasten, Tischen, Bettstellen, u. s. w. ver- fertigen. Dergleichen gemeine Tischler belegen auch die Boden in den Gemächern, und machen Thü- ren, Fensterzargen, und Treppen in den Häusern, b) Ferner verarbei- ten die Kunst- oder Ebentischler mehrentheils gutes Holz, als Eben- holz, Cypressen- Oliven- Jndianisch- Zucker-Rüstern- Tannen- Schweizer- Wurzeln- Nußbaum- Masern- Ce- dern-Holz, Königsholz etc. und an- deres kostbares Holz; und machen eingelegte Arbeit nicht mit Holz allein, sondern manche auch mit Helfenbein etc. wie man denn Tisch- ler findet, die c) von Schildkröten unvergleichlich fleißige und zierliche Arbeit hervor bringen; und dan- nenhero Schildkrötenkünstler heis- sen. Ja etliche haben es so weit gebracht, daß sie sogar d) Perlenmut- ter, Stein, und Glas künstlich wis- sen zu schneiden, und in schönes Holz einzulegen, wie denn von sol- cher eingelegter Arbeit von Stein, Perlenmutter, der Natur ähnlich ge- färbtem Holze, ganze Landschaften, treffliches Laubwerk, natürliche Blumen und Früchte vorgestellet werden. Wiederum legen sich an- dere e) nur auf schwarz gebeizte Arbeit, und excelliren darinnen, daß man es mit Verwunderung an- sieht. Vor einigen Jahren find auch welche aufgekommen, die f) das Holz künstlich wissen zu versilbern, und auf Silberart ungemein schöne Werke von Tischen, Spiegelrahmen, und was man nur mehr verlangen mag, verfertigen: diese werden Silberkünstler genennet. Uebri- gens kömmt die (3) Tischlerarbeit franz. Menuiserie, welche theils in gemeiner, theils künstlicher, theils schön eingelegter Holzarbeit besteht, bey den Kaufleuten in ihrem Han- del selten vor, außer a) was sie an Kisten und Regalen zu ihrem eige-
nen
[Spaltenumbruch]
Tiſchauffera
in Frankreich nicht uͤber 45 Sols die franzoͤſiſche Elle koſten. Und fuͤr dieſen Preiß muͤſſen ſie noch ganz von Wolle, und von der feinſten Gattung ſeyn.
Tiſchauffera, iſt zu Venedig das kleinſte Maaß fluͤßiger Dinge. Es iſt der vierte Theil von einem Quart: denn 4 Tiſchaufferas machen 1 Quart, 4 Quart 1 Bigot, 4 Bigot 1 Ampho- ra, welche 76 Muſtaches haͤlt, deren 38 eine Botte machen.
Tiſchler, Tiſcher, Schreiner, lat. Arcularius, Scriniarius, franz. Menuiſier, ein kramender Hand- werksmann, ſo im Holze mit dem Hobel und Schnitzmeſſer arbeitet. Es iſt die (1) Tiſchler und Schrei- nerkunſt keine von den geringſten. Denn derjenige, der ſich einen rech- ten verſtaͤndigen Schreiner nennen will, muß a) die Perſpectivkunſt, und aus der Baukunſt die fuͤnf Saͤulenordnungen wohl verſtehen, als ohne welches er keine kunſtrich- tige Zierrathen, es ſey an Kraͤnzen und Einfaſſungen, oder an Saͤul- und Schnitzwerk, angeben kann. Ja er muß b) faſt ein halber Bild- hauer ſeyn, und c) in Laub- und Blumenwerk wiſſen zu reißen, wie auch in Figuren, indem das Tiſch- lerhandwerk von dergleichen einge- legter Arbeit, von Bildern, Blu- men und Laubwerk oft ſo ſchoͤne Werke macht, als ob es ein kuͤnſt- licher Maler verfertiget haͤtte. Fer- ner muß auch ein Schreiner d) ein guter Erfinder allerhand ſchoͤner Sachen ſeyn, ſonderlich aber e) we- gen des Holzes guten Verſtand ha- ben, wie daſſelbe zu gebrauchen ſey, damit es ſich nicht biege; ingleichen welches Holz zu einer jeden Arbeit am beſten tauge. Die (2) Arten der Arbeiten ſind ſonderlich bey der Tiſchlerprofeßion unterſchiedlich, denn da giebt es a) Tiſcher, die nichts als gemeine Stuͤcken von ſchlechtem Holze, naͤmlich allerhand [Spaltenumbruch]
Tiſchler
Hausrath an Schraͤnken, Kaſten, Tiſchen, Bettſtellen, u. ſ. w. ver- fertigen. Dergleichen gemeine Tiſchler belegen auch die Boden in den Gemaͤchern, und machen Thuͤ- ren, Fenſterzargen, und Treppen in den Haͤuſern, b) Ferner verarbei- ten die Kunſt- oder Ebentiſchler mehrentheils gutes Holz, als Eben- holz, Cypreſſen- Oliven- Jndianiſch- Zucker-Ruͤſtern- Tannen- Schweizer- Wurzeln- Nußbaum- Maſern- Ce- dern-Holz, Koͤnigsholz ꝛc. und an- deres koſtbares Holz; und machen eingelegte Arbeit nicht mit Holz allein, ſondern manche auch mit Helfenbein ꝛc. wie man denn Tiſch- ler findet, die c) von Schildkroͤten unvergleichlich fleißige und zierliche Arbeit hervor bringen; und dan- nenhero Schildkroͤtenkuͤnſtler heiſ- ſen. Ja etliche haben es ſo weit gebracht, daß ſie ſogar d) Perlenmut- ter, Stein, und Glas kuͤnſtlich wiſ- ſen zu ſchneiden, und in ſchoͤnes Holz einzulegen, wie denn von ſol- cher eingelegter Arbeit von Stein, Perlenmutter, der Natur aͤhnlich ge- faͤrbtem Holze, ganze Landſchaften, treffliches Laubwerk, natuͤrliche Blumen und Fruͤchte vorgeſtellet werden. Wiederum legen ſich an- dere e) nur auf ſchwarz gebeizte Arbeit, und excelliren darinnen, daß man es mit Verwunderung an- ſieht. Vor einigen Jahren find auch welche aufgekommen, die f) das Holz kuͤnſtlich wiſſen zu verſilbern, und auf Silberart ungemein ſchoͤne Werke von Tiſchen, Spiegelrahmen, und was man nur mehr verlangen mag, verfertigen: dieſe werden Silberkuͤnſtler genennet. Uebri- gens koͤmmt die (3) Tiſchlerarbeit franz. Menuiſerie, welche theils in gemeiner, theils kuͤnſtlicher, theils ſchoͤn eingelegter Holzarbeit beſteht, bey den Kaufleuten in ihrem Han- del ſelten vor, außer a) was ſie an Kiſten und Regalen zu ihrem eige-
nen
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[[88]/0094]
Tiſchauffera
Tiſchler
in Frankreich nicht uͤber 45 Sols
die franzoͤſiſche Elle koſten. Und
fuͤr dieſen Preiß muͤſſen ſie noch ganz
von Wolle, und von der feinſten
Gattung ſeyn.
Tiſchauffera, iſt zu Venedig das
kleinſte Maaß fluͤßiger Dinge. Es
iſt der vierte Theil von einem Quart:
denn 4 Tiſchaufferas machen 1 Quart,
4 Quart 1 Bigot, 4 Bigot 1 Ampho-
ra, welche 76 Muſtaches haͤlt, deren
38 eine Botte machen.
Tiſchler, Tiſcher, Schreiner,
lat. Arcularius, Scriniarius, franz.
Menuiſier, ein kramender Hand-
werksmann, ſo im Holze mit dem
Hobel und Schnitzmeſſer arbeitet.
Es iſt die (1) Tiſchler und Schrei-
nerkunſt keine von den geringſten.
Denn derjenige, der ſich einen rech-
ten verſtaͤndigen Schreiner nennen
will, muß a) die Perſpectivkunſt,
und aus der Baukunſt die fuͤnf
Saͤulenordnungen wohl verſtehen,
als ohne welches er keine kunſtrich-
tige Zierrathen, es ſey an Kraͤnzen
und Einfaſſungen, oder an Saͤul-
und Schnitzwerk, angeben kann.
Ja er muß b) faſt ein halber Bild-
hauer ſeyn, und c) in Laub- und
Blumenwerk wiſſen zu reißen, wie
auch in Figuren, indem das Tiſch-
lerhandwerk von dergleichen einge-
legter Arbeit, von Bildern, Blu-
men und Laubwerk oft ſo ſchoͤne
Werke macht, als ob es ein kuͤnſt-
licher Maler verfertiget haͤtte. Fer-
ner muß auch ein Schreiner d) ein
guter Erfinder allerhand ſchoͤner
Sachen ſeyn, ſonderlich aber e) we-
gen des Holzes guten Verſtand ha-
ben, wie daſſelbe zu gebrauchen ſey,
damit es ſich nicht biege; ingleichen
welches Holz zu einer jeden Arbeit
am beſten tauge. Die (2) Arten der
Arbeiten ſind ſonderlich bey der
Tiſchlerprofeßion unterſchiedlich,
denn da giebt es a) Tiſcher, die
nichts als gemeine Stuͤcken von
ſchlechtem Holze, naͤmlich allerhand
Hausrath an Schraͤnken, Kaſten,
Tiſchen, Bettſtellen, u. ſ. w. ver-
fertigen. Dergleichen gemeine
Tiſchler belegen auch die Boden in
den Gemaͤchern, und machen Thuͤ-
ren, Fenſterzargen, und Treppen
in den Haͤuſern, b) Ferner verarbei-
ten die Kunſt- oder Ebentiſchler
mehrentheils gutes Holz, als Eben-
holz, Cypreſſen- Oliven- Jndianiſch-
Zucker-Ruͤſtern- Tannen- Schweizer-
Wurzeln- Nußbaum- Maſern- Ce-
dern-Holz, Koͤnigsholz ꝛc. und an-
deres koſtbares Holz; und machen
eingelegte Arbeit nicht mit Holz
allein, ſondern manche auch mit
Helfenbein ꝛc. wie man denn Tiſch-
ler findet, die c) von Schildkroͤten
unvergleichlich fleißige und zierliche
Arbeit hervor bringen; und dan-
nenhero Schildkroͤtenkuͤnſtler heiſ-
ſen. Ja etliche haben es ſo weit
gebracht, daß ſie ſogar d) Perlenmut-
ter, Stein, und Glas kuͤnſtlich wiſ-
ſen zu ſchneiden, und in ſchoͤnes
Holz einzulegen, wie denn von ſol-
cher eingelegter Arbeit von Stein,
Perlenmutter, der Natur aͤhnlich ge-
faͤrbtem Holze, ganze Landſchaften,
treffliches Laubwerk, natuͤrliche
Blumen und Fruͤchte vorgeſtellet
werden. Wiederum legen ſich an-
dere e) nur auf ſchwarz gebeizte
Arbeit, und excelliren darinnen,
daß man es mit Verwunderung an-
ſieht. Vor einigen Jahren find auch
welche aufgekommen, die f) das
Holz kuͤnſtlich wiſſen zu verſilbern,
und auf Silberart ungemein ſchoͤne
Werke von Tiſchen, Spiegelrahmen,
und was man nur mehr verlangen
mag, verfertigen: dieſe werden
Silberkuͤnſtler genennet. Uebri-
gens koͤmmt die (3) Tiſchlerarbeit
franz. Menuiſerie, welche theils in
gemeiner, theils kuͤnſtlicher, theils
ſchoͤn eingelegter Holzarbeit beſteht,
bey den Kaufleuten in ihrem Han-
del ſelten vor, außer a) was ſie an
Kiſten und Regalen zu ihrem eige-
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [88]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/94>, abgerufen am 22.12.2024.
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