Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.Der Erbförster. Möller. Und dort Dein Herr Pathe, der Herr VetterWilkens. Dann hier ich, dort Robert und Du. Untenan endlich Andres und Wilhelm. Wie die Zeit vergeht! Wenn ich an meinen Verlobungstag denke! Da war ich nicht so glücklich als heut. Marie. Mutter, ob's jedem Mädchen so ist, das eine Braut werden soll, wie mir? Försterin. Hat nicht Jede so große Ursach froh zu sein wie Du. Marie. Aber ist denn das auch Fröhlichkeit, was ich fühle? Mir ist so schwer, Mutter, so -- Försterin. Freilich; wie dem Blümchen, an dem ein Thau- tropfen hängt. Es hängt den Kopf, und doch ist der Thau ihm keine Last. Marie. Als wär's unrecht von mir, daß ich den Vater ver- lassen will -- wenn's gleich um Robert ist. Försterin. Das Wort Gottes sagt: Das Weib soll Vater und Mutter verlassen und am Manne hangen. -- Bei mir war's noch anders, als bei Dir. Dein Vater war schon ein schmucker Mann -- nicht mehr so jung, aber hoch und straff wie eine Tanne; sein Bart war damals noch kohlschwarz. Es sah gar Manche nach ihm um, die ihn Der Erbförſter. Möller. Und dort Dein Herr Pathe, der Herr VetterWilkens. Dann hier ich, dort Robert und Du. Untenan endlich Andres und Wilhelm. Wie die Zeit vergeht! Wenn ich an meinen Verlobungstag denke! Da war ich nicht ſo glücklich als heut. Marie. Mutter, ob’s jedem Mädchen ſo iſt, das eine Braut werden ſoll, wie mir? Förſterin. Hat nicht Jede ſo große Urſach froh zu ſein wie Du. Marie. Aber iſt denn das auch Fröhlichkeit, was ich fühle? Mir iſt ſo ſchwer, Mutter, ſo — Förſterin. Freilich; wie dem Blümchen, an dem ein Thau- tropfen hängt. Es hängt den Kopf, und doch iſt der Thau ihm keine Laſt. Marie. Als wär’s unrecht von mir, daß ich den Vater ver- laſſen will — wenn’s gleich um Robert iſt. Förſterin. Das Wort Gottes ſagt: Das Weib ſoll Vater und Mutter verlaſſen und am Manne hangen. — Bei mir war’s noch anders, als bei Dir. Dein Vater war ſchon ein ſchmucker Mann — nicht mehr ſo jung, aber hoch und ſtraff wie eine Tanne; ſein Bart war damals noch kohlſchwarz. Es ſah gar Manche nach ihm um, die ihn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SOPH"> <p><pb facs="#f0027" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Erbförſter</hi>.</fw><lb/> Möller. Und dort Dein Herr Pathe, der Herr Vetter<lb/> Wilkens. Dann hier ich, dort Robert und Du. Untenan<lb/> endlich Andres und Wilhelm. Wie die Zeit vergeht!<lb/> Wenn ich an meinen Verlobungstag denke! Da war ich<lb/> nicht ſo glücklich als heut.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Mutter, ob’s jedem Mädchen ſo iſt, das eine Braut<lb/> werden ſoll, wie mir?</p> </sp><lb/> <sp who="#SOPH"> <speaker> <hi rendition="#b">Förſterin.</hi> </speaker><lb/> <p>Hat nicht Jede ſo große Urſach froh zu ſein wie Du.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Aber iſt denn das auch Fröhlichkeit, was ich fühle?<lb/> Mir iſt ſo ſchwer, Mutter, ſo —</p> </sp><lb/> <sp who="#SOPH"> <speaker> <hi rendition="#b">Förſterin.</hi> </speaker><lb/> <p>Freilich; wie dem Blümchen, an dem ein Thau-<lb/> tropfen hängt. Es hängt den Kopf, und doch iſt der<lb/> Thau ihm keine Laſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Als wär’s unrecht von mir, daß ich den Vater ver-<lb/> laſſen will — wenn’s gleich um Robert iſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SOPH"> <speaker> <hi rendition="#b">Förſterin.</hi> </speaker><lb/> <p>Das Wort Gottes ſagt: Das Weib ſoll Vater und<lb/> Mutter verlaſſen und am Manne hangen. — Bei mir<lb/> war’s noch anders, als bei Dir. Dein Vater war ſchon<lb/> ein ſchmucker Mann — nicht mehr ſo jung, aber hoch<lb/> und ſtraff wie eine Tanne; ſein Bart war damals noch<lb/> kohlſchwarz. Es ſah gar Manche nach ihm um, die ihn<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0027]
Der Erbförſter.
Möller. Und dort Dein Herr Pathe, der Herr Vetter
Wilkens. Dann hier ich, dort Robert und Du. Untenan
endlich Andres und Wilhelm. Wie die Zeit vergeht!
Wenn ich an meinen Verlobungstag denke! Da war ich
nicht ſo glücklich als heut.
Marie.
Mutter, ob’s jedem Mädchen ſo iſt, das eine Braut
werden ſoll, wie mir?
Förſterin.
Hat nicht Jede ſo große Urſach froh zu ſein wie Du.
Marie.
Aber iſt denn das auch Fröhlichkeit, was ich fühle?
Mir iſt ſo ſchwer, Mutter, ſo —
Förſterin.
Freilich; wie dem Blümchen, an dem ein Thau-
tropfen hängt. Es hängt den Kopf, und doch iſt der
Thau ihm keine Laſt.
Marie.
Als wär’s unrecht von mir, daß ich den Vater ver-
laſſen will — wenn’s gleich um Robert iſt.
Förſterin.
Das Wort Gottes ſagt: Das Weib ſoll Vater und
Mutter verlaſſen und am Manne hangen. — Bei mir
war’s noch anders, als bei Dir. Dein Vater war ſchon
ein ſchmucker Mann — nicht mehr ſo jung, aber hoch
und ſtraff wie eine Tanne; ſein Bart war damals noch
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