Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

sehen zu der Heirath. Der fremde Bursch im Dorf, der ist ihm lang ein Dorn im Aug' gewesen.

Ja, ja, von wegen seinem Fritz, dem hätt' der Weidenhof auch angestanden --

Und hat's ihm schwer genug gemacht, hereinzukommen.

Margareth seufzte. Sie wußte wohl auch um einen fremden Burschen, dem es schwer genug gemacht wurde, "hereinzukommen". Sie hatte ja um dieses Leides willen so lange in der Stadt gedient, daß all die "alten Geschichten pure Neuigkeiten" für sie waren. Die Rose-Marie, meinte sie fast neidisch, konnte sich's freilich ein Stücklein Geldes kosten lassen, ihn zu kriegen.

Und jetzt, tröstete Bärbele, giebt sie vielleicht das Doppelt', um ihn wieder los zu werden. Doch nun -- bist endlich fertig? Steck deine Sichel ein und mach, daß wir von dannen kommen, eh' das von dort -- sie zeigte nach dem Walde, hinter dem es schwarz heraufstieg -- uns auf die Hacken setzt. Das ist die Wetterecken, und was da gebraut wird -- gnad' uns Gott! das ist nix Gutes!

Die Mädchen liefen dem Dorfe zu, in dem sämmtliche Hähne durch einander krähten, während die Schwalben, immer tiefere Ringe ziehend, ängstlich den Teich umkreis'ten und mancher besorgte Hausvater auf den Heuboden stieg, um durch die Luke nach dem Himmel auszusehen. Trotz der Hast jedoch, mit der die Beiden ihre Heimat zu erreichen suchten, ward noch Manches hin und

sehen zu der Heirath. Der fremde Bursch im Dorf, der ist ihm lang ein Dorn im Aug' gewesen.

Ja, ja, von wegen seinem Fritz, dem hätt' der Weidenhof auch angestanden —

Und hat's ihm schwer genug gemacht, hereinzukommen.

Margareth seufzte. Sie wußte wohl auch um einen fremden Burschen, dem es schwer genug gemacht wurde, „hereinzukommen“. Sie hatte ja um dieses Leides willen so lange in der Stadt gedient, daß all die „alten Geschichten pure Neuigkeiten“ für sie waren. Die Rose-Marie, meinte sie fast neidisch, konnte sich's freilich ein Stücklein Geldes kosten lassen, ihn zu kriegen.

Und jetzt, tröstete Bärbele, giebt sie vielleicht das Doppelt', um ihn wieder los zu werden. Doch nun — bist endlich fertig? Steck deine Sichel ein und mach, daß wir von dannen kommen, eh' das von dort — sie zeigte nach dem Walde, hinter dem es schwarz heraufstieg — uns auf die Hacken setzt. Das ist die Wetterecken, und was da gebraut wird — gnad' uns Gott! das ist nix Gutes!

Die Mädchen liefen dem Dorfe zu, in dem sämmtliche Hähne durch einander krähten, während die Schwalben, immer tiefere Ringe ziehend, ängstlich den Teich umkreis'ten und mancher besorgte Hausvater auf den Heuboden stieg, um durch die Luke nach dem Himmel auszusehen. Trotz der Hast jedoch, mit der die Beiden ihre Heimat zu erreichen suchten, ward noch Manches hin und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="0">
        <p><pb facs="#f0017"/>
sehen zu der Heirath. Der fremde Bursch im Dorf, der ist ihm lang ein Dorn im Aug'      gewesen.</p><lb/>
        <p>Ja, ja, von wegen seinem Fritz, dem hätt' der Weidenhof auch angestanden &#x2014;</p><lb/>
        <p>Und hat's ihm schwer genug gemacht, hereinzukommen.</p><lb/>
        <p>Margareth seufzte. Sie wußte wohl auch um einen fremden Burschen, dem es schwer genug gemacht      wurde, &#x201E;hereinzukommen&#x201C;. Sie hatte ja um dieses Leides willen so lange in der Stadt gedient,      daß all die &#x201E;alten Geschichten pure Neuigkeiten&#x201C; für sie waren. Die Rose-Marie, meinte sie fast      neidisch, konnte sich's freilich ein Stücklein Geldes kosten lassen, ihn zu kriegen.</p><lb/>
        <p>Und jetzt, tröstete Bärbele, giebt sie vielleicht das Doppelt', um ihn wieder los zu werden.      Doch nun &#x2014; bist endlich fertig? Steck deine Sichel ein und mach, daß wir von dannen kommen, eh'      das von dort &#x2014; sie zeigte nach dem Walde, hinter dem es schwarz heraufstieg &#x2014; uns auf die      Hacken setzt. Das ist die Wetterecken, und was da gebraut wird &#x2014; gnad' uns Gott! das ist nix      Gutes!</p><lb/>
        <p>Die Mädchen liefen dem Dorfe zu, in dem sämmtliche Hähne durch einander krähten, während die      Schwalben, immer tiefere Ringe ziehend, ängstlich den Teich umkreis'ten und mancher besorgte      Hausvater auf den Heuboden stieg, um durch die Luke nach dem Himmel auszusehen. Trotz der Hast      jedoch, mit der die Beiden ihre Heimat zu erreichen suchten, ward noch Manches hin und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0017] sehen zu der Heirath. Der fremde Bursch im Dorf, der ist ihm lang ein Dorn im Aug' gewesen. Ja, ja, von wegen seinem Fritz, dem hätt' der Weidenhof auch angestanden — Und hat's ihm schwer genug gemacht, hereinzukommen. Margareth seufzte. Sie wußte wohl auch um einen fremden Burschen, dem es schwer genug gemacht wurde, „hereinzukommen“. Sie hatte ja um dieses Leides willen so lange in der Stadt gedient, daß all die „alten Geschichten pure Neuigkeiten“ für sie waren. Die Rose-Marie, meinte sie fast neidisch, konnte sich's freilich ein Stücklein Geldes kosten lassen, ihn zu kriegen. Und jetzt, tröstete Bärbele, giebt sie vielleicht das Doppelt', um ihn wieder los zu werden. Doch nun — bist endlich fertig? Steck deine Sichel ein und mach, daß wir von dannen kommen, eh' das von dort — sie zeigte nach dem Walde, hinter dem es schwarz heraufstieg — uns auf die Hacken setzt. Das ist die Wetterecken, und was da gebraut wird — gnad' uns Gott! das ist nix Gutes! Die Mädchen liefen dem Dorfe zu, in dem sämmtliche Hähne durch einander krähten, während die Schwalben, immer tiefere Ringe ziehend, ängstlich den Teich umkreis'ten und mancher besorgte Hausvater auf den Heuboden stieg, um durch die Luke nach dem Himmel auszusehen. Trotz der Hast jedoch, mit der die Beiden ihre Heimat zu erreichen suchten, ward noch Manches hin und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:36:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:36:23Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910/17
Zitationshilfe: Ludwig, Julie: Das Gericht im Walde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [237]–288. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_gericht_1910/17>, abgerufen am 21.11.2024.