ehrliches thun und leiden, und hab' sie mit Thränen gebeten, sie soll mir helfen, nichts Unehrliches thun und leiden. Ich hab' so lang versprochen und so lang gebeten, bis alle Angst fortgewesen ist, und ich hab' gewußt, ich bin ein ehrlich Weib und ich will ein ehr¬ lich Weib bleiben. Und Niemand darf mich verachten. Was du mir thun willst, davor fürcht' ich mich nicht und wehr' mich nicht. Du thust's auf dein Gewissen. Aber dem Kinde sollst du nichts thun. Du weißt nicht, wie stark ich bin, und was ich thun kann. Ich leid' es nicht; das sag' ich dir!
Sein Blick flog scheu an der schlanken Gestalt vorüber, er berührte nicht das bleiche schöne Antlitz; er wußte, ein Engel stand darauf und drohte ihm. O er wußte, er fühlte, wie stark sie war; er empfand, wie mächtig der Entschluß eines ehrlichen Herzens schirmt. Aber nur gegen ihn! er empfand es an seiner Schwäche. Er fühlte, ihr mußte glauben, wer glauben durfte. Dies Recht hatte er im unehrlichen Spiele verspielt. Er hätte ihr glauben müssen, wußt' er nicht, es mußte kommen, was kommen mußte. Sie nicht, Niemand konnte es verhindern. Einen Rettungsweg zeigte ihm sein Engel, eh' er ihn verließ. Wenn er redlich, unablässig sich mühte, gut zu machen, was er an ihr verschuldet. Wenn er ihr die Liebe thätig zeigte, die die Angst vor dem Verluste ihn gelehrt. Hatt' er nicht Helfer? Mußten die Kinder nicht seine
ehrliches thun und leiden, und hab' ſie mit Thränen gebeten, ſie ſoll mir helfen, nichts Unehrliches thun und leiden. Ich hab' ſo lang verſprochen und ſo lang gebeten, bis alle Angſt fortgeweſen iſt, und ich hab' gewußt, ich bin ein ehrlich Weib und ich will ein ehr¬ lich Weib bleiben. Und Niemand darf mich verachten. Was du mir thun willſt, davor fürcht' ich mich nicht und wehr' mich nicht. Du thuſt's auf dein Gewiſſen. Aber dem Kinde ſollſt du nichts thun. Du weißt nicht, wie ſtark ich bin, und was ich thun kann. Ich leid' es nicht; das ſag' ich dir!
Sein Blick flog ſcheu an der ſchlanken Geſtalt vorüber, er berührte nicht das bleiche ſchöne Antlitz; er wußte, ein Engel ſtand darauf und drohte ihm. O er wußte, er fühlte, wie ſtark ſie war; er empfand, wie mächtig der Entſchluß eines ehrlichen Herzens ſchirmt. Aber nur gegen ihn! er empfand es an ſeiner Schwäche. Er fühlte, ihr mußte glauben, wer glauben durfte. Dies Recht hatte er im unehrlichen Spiele verſpielt. Er hätte ihr glauben müſſen, wußt' er nicht, es mußte kommen, was kommen mußte. Sie nicht, Niemand konnte es verhindern. Einen Rettungsweg zeigte ihm ſein Engel, eh' er ihn verließ. Wenn er redlich, unabläſſig ſich mühte, gut zu machen, was er an ihr verſchuldet. Wenn er ihr die Liebe thätig zeigte, die die Angſt vor dem Verluſte ihn gelehrt. Hatt' er nicht Helfer? Mußten die Kinder nicht ſeine
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ehrliches thun und leiden, und hab' ſie mit Thränen
gebeten, ſie ſoll mir helfen, nichts Unehrliches thun
und leiden. Ich hab' ſo lang verſprochen und ſo lang
gebeten, bis alle Angſt fortgeweſen iſt, und ich hab'
gewußt, ich bin ein ehrlich Weib und ich will ein ehr¬
lich Weib bleiben. Und Niemand darf mich verachten.
Was du mir thun willſt, davor fürcht' ich mich nicht
und wehr' mich nicht. Du thuſt's auf dein Gewiſſen.
Aber dem Kinde ſollſt du nichts thun. Du weißt
nicht, wie ſtark ich bin, und was ich thun kann. Ich
leid' es nicht; das ſag' ich dir!
Sein Blick flog ſcheu an der ſchlanken Geſtalt
vorüber, er berührte nicht das bleiche ſchöne Antlitz;
er wußte, ein Engel ſtand darauf und drohte ihm.
O er wußte, er fühlte, wie ſtark ſie war; er empfand,
wie mächtig der Entſchluß eines ehrlichen Herzens
ſchirmt. Aber nur gegen ihn! er empfand es an ſeiner
Schwäche. Er fühlte, ihr mußte glauben, wer glauben
durfte. Dies Recht hatte er im unehrlichen Spiele
verſpielt. Er hätte ihr glauben müſſen, wußt' er nicht,
es mußte kommen, was kommen mußte. Sie nicht,
Niemand konnte es verhindern. Einen Rettungsweg
zeigte ihm ſein Engel, eh' er ihn verließ. Wenn er
redlich, unabläſſig ſich mühte, gut zu machen, was er
an ihr verſchuldet. Wenn er ihr die Liebe thätig
zeigte, die die Angſt vor dem Verluſte ihn gelehrt.
Hatt' er nicht Helfer? Mußten die Kinder nicht ſeine
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/129>, abgerufen am 24.11.2024.
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