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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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N. facialis.
auf dem grossen Keilbeinflügel und durchschneidet mit nach hinten und unten ge-
wendeter Schneide den Nerven. Obgleich sehr häufig der Erfolg durch Verwundung
von Hirntheilen, der Carotis, des sinus cavernosus etc. getrübt und öfter der ram.
III (wegen seines frühen Eintretens in den Knochen) nicht durchschnitten wird, so
gelingt es bei grosser Uebung doch öfter und was werthvoller ist, sicher nur den
n. trigeminus zu durchschneiden und das Thier bis zu 8 Tagen, ja monatelang am
Leben zu erhalten.

Nervus facialis *).

Bei seinem Austritt aus dem Hirn ist er aus zwei deutlich verschie-
denen Bündeln zusammengesetzt, einem grössern und einem kleinern,
der sogenannten portio intermedia Wrisbergi. -- In das Hirn hinein sol-
len sich seine Röhren bis gegen die graue Substanz am Boden der
Hirnhöhle verfolgen lassen und theilweise gegen die Mittellinie drin-
gen. -- Der Stamm setzt sich aus 4000 bis 4500 breiten Röhren zusam-
men. Ein Angriff auf den Nerven vor seinem Eintritt in den meatus
auditorius internus soll keine Schmerzen erzeugen; die Empfindlich-
keit, welche der Nerv nach seinem Austritt aus dem foram. styloma-
stoideum darbietet, muss demgemäss durch Nervenröhren bedingt
sein, welche aus andern Wurzeln stammend, in Anastomosen ihm bei-
gemengt werden. Am wahrscheinlichsten gehören diese Fasern ur-
sprünglich dem n. trigeminus und vielleicht dem n. vagus an. -- Der
Nerv ist vorzugsweise ein motorischer; es hängen von ihm ab, sämmt-
liche zur concha auris gehörige Muskeln, m. stapedius, m. frontalis
und occipitalis (?), m. corrugator supercilii, m. orbicularis palpebrarum,
ferner sämmtliche Hautmuskeln der Nase, der Mundes mit Einschluss
des m. buccinatorius, und die des Kinns; das platysma myoides,
m. stylohyoideus, der hintere Bauch der m. digastricus, m. levator palati
mollis. Endlich leitet seine Erregung auch die Absonderung des Spei-
chels in der glandula parotis und submaxillaris ein.

Der Nachweiss, dass keine sensiblen Fasern in den Wurzeln des n. facialis ent-
halten seien, ist nach einigen Autoren dadurch geführt, dass nach Durchschneidung
des nerv. trigeminus in der Schädelhöhle auch der Stamm des n. facialis bei seinem
Austritt aus dem foramen stylomastoideum aufhört, empfindlich zu sein. -- Einige
am Menschen beobachtete Thatsachen scheinen diese Angabe zu bestätigen; denn
nach einer auf den n. facialis beschränkten Lähmung ist an keinem Orte die Empfin-
dung verschwunden, und umgekehrt nach einer auf den n. trigeminus beschränkten
Lähmung ist in den gemeinschaftlichen Regionen beider nirgends eine Spur von
Empfindung erhalten. Die Behauptung, dass ihm der n. vagus durch seinen ram. auri-
cularis Empfindungsfasern zutheile, ruht auf keiner Beobachtung. -- Die bemerkens-
werthe Anastomose zwischen n. acusticus und portio intermedia Wrisbergi ist in
ihrer Bedeutung nicht erläutert. -- Die Angabe, dass die chorda tympani die Muskeln
der Ausführungsgänge der Speicheldrüse versorge, ist darum ungegründet, weil die-
sen Gängen das Muskelgewebe fehlt. -- Die Bedeutung unseres Nerven für die Sin-
neswerkzeuge siehe bei diesen.

*) Nuhn, Versuche über den Einfluss d. N. facialis auf die Bewegungen des Gaumensegels in
dessen Untersuchungen u. Beobachtungen aus dem Gebiete der Anatomie etc. Heidelb. 1849.

N. facialis.
auf dem grossen Keilbeinflügel und durchschneidet mit nach hinten und unten ge-
wendeter Schneide den Nerven. Obgleich sehr häufig der Erfolg durch Verwundung
von Hirntheilen, der Carotis, des sinus cavernosus etc. getrübt und öfter der ram.
III (wegen seines frühen Eintretens in den Knochen) nicht durchschnitten wird, so
gelingt es bei grosser Uebung doch öfter und was werthvoller ist, sicher nur den
n. trigeminus zu durchschneiden und das Thier bis zu 8 Tagen, ja monatelang am
Leben zu erhalten.

Nervus facialis *).

Bei seinem Austritt aus dem Hirn ist er aus zwei deutlich verschie-
denen Bündeln zusammengesetzt, einem grössern und einem kleinern,
der sogenannten portio intermedia Wrisbergi. — In das Hirn hinein sol-
len sich seine Röhren bis gegen die graue Substanz am Boden der
Hirnhöhle verfolgen lassen und theilweise gegen die Mittellinie drin-
gen. — Der Stamm setzt sich aus 4000 bis 4500 breiten Röhren zusam-
men. Ein Angriff auf den Nerven vor seinem Eintritt in den meatus
auditorius internus soll keine Schmerzen erzeugen; die Empfindlich-
keit, welche der Nerv nach seinem Austritt aus dem foram. styloma-
stoideum darbietet, muss demgemäss durch Nervenröhren bedingt
sein, welche aus andern Wurzeln stammend, in Anastomosen ihm bei-
gemengt werden. Am wahrscheinlichsten gehören diese Fasern ur-
sprünglich dem n. trigeminus und vielleicht dem n. vagus an. — Der
Nerv ist vorzugsweise ein motorischer; es hängen von ihm ab, sämmt-
liche zur concha auris gehörige Muskeln, m. stapedius, m. frontalis
und occipitalis (?), m. corrugator supercilii, m. orbicularis palpebrarum,
ferner sämmtliche Hautmuskeln der Nase, der Mundes mit Einschluss
des m. buccinatorius, und die des Kinns; das platysma myoides,
m. stylohyoideus, der hintere Bauch der m. digastricus, m. levator palati
mollis. Endlich leitet seine Erregung auch die Absonderung des Spei-
chels in der glandula parotis und submaxillaris ein.

Der Nachweiss, dass keine sensiblen Fasern in den Wurzeln des n. facialis ent-
halten seien, ist nach einigen Autoren dadurch geführt, dass nach Durchschneidung
des nerv. trigeminus in der Schädelhöhle auch der Stamm des n. facialis bei seinem
Austritt aus dem foramen stylomastoideum aufhört, empfindlich zu sein. — Einige
am Menschen beobachtete Thatsachen scheinen diese Angabe zu bestätigen; denn
nach einer auf den n. facialis beschränkten Lähmung ist an keinem Orte die Empfin-
dung verschwunden, und umgekehrt nach einer auf den n. trigeminus beschränkten
Lähmung ist in den gemeinschaftlichen Regionen beider nirgends eine Spur von
Empfindung erhalten. Die Behauptung, dass ihm der n. vagus durch seinen ram. auri-
cularis Empfindungsfasern zutheile, ruht auf keiner Beobachtung. — Die bemerkens-
werthe Anastomose zwischen n. acusticus und portio intermedia Wrisbergi ist in
ihrer Bedeutung nicht erläutert. — Die Angabe, dass die chorda tympani die Muskeln
der Ausführungsgänge der Speicheldrüse versorge, ist darum ungegründet, weil die-
sen Gängen das Muskelgewebe fehlt. — Die Bedeutung unseres Nerven für die Sin-
neswerkzeuge siehe bei diesen.

*) Nuhn, Versuche über den Einfluss d. N. facialis auf die Bewegungen des Gaumensegels in
dessen Untersuchungen u. Beobachtungen aus dem Gebiete der Anatomie etc. Heidelb. 1849.
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[159/0173] N. facialis. auf dem grossen Keilbeinflügel und durchschneidet mit nach hinten und unten ge- wendeter Schneide den Nerven. Obgleich sehr häufig der Erfolg durch Verwundung von Hirntheilen, der Carotis, des sinus cavernosus etc. getrübt und öfter der ram. III (wegen seines frühen Eintretens in den Knochen) nicht durchschnitten wird, so gelingt es bei grosser Uebung doch öfter und was werthvoller ist, sicher nur den n. trigeminus zu durchschneiden und das Thier bis zu 8 Tagen, ja monatelang am Leben zu erhalten. Nervus facialis *). Bei seinem Austritt aus dem Hirn ist er aus zwei deutlich verschie- denen Bündeln zusammengesetzt, einem grössern und einem kleinern, der sogenannten portio intermedia Wrisbergi. — In das Hirn hinein sol- len sich seine Röhren bis gegen die graue Substanz am Boden der Hirnhöhle verfolgen lassen und theilweise gegen die Mittellinie drin- gen. — Der Stamm setzt sich aus 4000 bis 4500 breiten Röhren zusam- men. Ein Angriff auf den Nerven vor seinem Eintritt in den meatus auditorius internus soll keine Schmerzen erzeugen; die Empfindlich- keit, welche der Nerv nach seinem Austritt aus dem foram. styloma- stoideum darbietet, muss demgemäss durch Nervenröhren bedingt sein, welche aus andern Wurzeln stammend, in Anastomosen ihm bei- gemengt werden. Am wahrscheinlichsten gehören diese Fasern ur- sprünglich dem n. trigeminus und vielleicht dem n. vagus an. — Der Nerv ist vorzugsweise ein motorischer; es hängen von ihm ab, sämmt- liche zur concha auris gehörige Muskeln, m. stapedius, m. frontalis und occipitalis (?), m. corrugator supercilii, m. orbicularis palpebrarum, ferner sämmtliche Hautmuskeln der Nase, der Mundes mit Einschluss des m. buccinatorius, und die des Kinns; das platysma myoides, m. stylohyoideus, der hintere Bauch der m. digastricus, m. levator palati mollis. Endlich leitet seine Erregung auch die Absonderung des Spei- chels in der glandula parotis und submaxillaris ein. Der Nachweiss, dass keine sensiblen Fasern in den Wurzeln des n. facialis ent- halten seien, ist nach einigen Autoren dadurch geführt, dass nach Durchschneidung des nerv. trigeminus in der Schädelhöhle auch der Stamm des n. facialis bei seinem Austritt aus dem foramen stylomastoideum aufhört, empfindlich zu sein. — Einige am Menschen beobachtete Thatsachen scheinen diese Angabe zu bestätigen; denn nach einer auf den n. facialis beschränkten Lähmung ist an keinem Orte die Empfin- dung verschwunden, und umgekehrt nach einer auf den n. trigeminus beschränkten Lähmung ist in den gemeinschaftlichen Regionen beider nirgends eine Spur von Empfindung erhalten. Die Behauptung, dass ihm der n. vagus durch seinen ram. auri- cularis Empfindungsfasern zutheile, ruht auf keiner Beobachtung. — Die bemerkens- werthe Anastomose zwischen n. acusticus und portio intermedia Wrisbergi ist in ihrer Bedeutung nicht erläutert. — Die Angabe, dass die chorda tympani die Muskeln der Ausführungsgänge der Speicheldrüse versorge, ist darum ungegründet, weil die- sen Gängen das Muskelgewebe fehlt. — Die Bedeutung unseres Nerven für die Sin- neswerkzeuge siehe bei diesen. *) Nuhn, Versuche über den Einfluss d. N. facialis auf die Bewegungen des Gaumensegels in dessen Untersuchungen u. Beobachtungen aus dem Gebiete der Anatomie etc. Heidelb. 1849.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/173>, abgerufen am 27.11.2024.