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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Das mittlere Auge.

3. Das mittlere Auge *). Bei dem Mangel an Uebereinstimmung in
den Maasswerthen der Elemente verschiedener Augen, welche den Gang
des Strahles bestimmen, hat man sich zu verschiednen Zeiten aus sämmt-
lichen Messungen ein mittleres Auge abgeleitet, welches den optischen
Betrachtungen zu Grunde gelegt wurde. Das beste mittlere Auge scheint
das von Listing berechnete zu sein. -- Die Brechungsverhältnisse des-
selben sind: das der Luft = 1; der wässerigen Feuchtigkeit = [Formel 1] ; der
Linse = [Formel 2] ; der Glasfeuchtigkeit = [Formel 3] ; es betragen die Krümmungs-
halbmesser der horizontalen Begrenzungslinie am Scheitel der Cornea
+ 8 MM. **), der vordern Linsenfläche + 10 MM. der hintern Linsen-
fläche -- 6 MM. Die Abstände der Scheitel jener brechenden Flächen
sind endlich zwischen Cornea und vordern Linsenfläche und zwischen
vorderer und hinterer Linsenfläche zu je 4 MM. angenommen. Der
ganze Durchmesser des Auges ist mit Einschluss der ihn begrenzenden
Sclerotica zu 24,5 MM. festgestellt. -- Berechnet man für ein solches Sy-
stem die Lage der Brenn- Haupt- und Knotenpunkte für parallele
Strahlen, welche nur um kleine Winkelabstände von der Achse ein-
fallen, so findet sich von der Vorderfläche der Cornea aus gerechnet:
der erste Brennpunkt 12,83 MM. vor der Hornhaut, und hinter ihr der
zweite Hauptbrennpunkt 22,65 MM.; der erste Hauptpunkt 2,17 MM.
und 0,40 entfernt von diesem der hintere Hauptpunkt; der erste Kno-
tenpunkt 7,24 MM. und der zweite um 0,40 entfernt vom erstern. --
Abgesehen von den Annäherungen, welches dieses Listing'sche
Auge an die normalen Maassverhältnisse bietet, empfiehlt es sich
auch noch dadurch: dass entsprechend den im Leben vorkommenden
Brechungserscheinungen die hintere Hauptbrennfläche in die Retina
fällt, und dass der vordere Knotenpunkt ungefähr an der Stelle liegt,
welche ihr nach Messungen von Volkmann am lebenden Auge zu-
kommt.

Das mittlere Auge nimmt dagegen auf einen wichtigen Umstand des natürlichen
nicht Rücksicht, auf den nämlich, dass die Flächen des Auges weder sphärisch sind,
noch auch einem Rotationskörper angehören. Von diesem Mangel kann aber vorerst
noch Umgang genommen werden; ja es genügt sogar für die meisten physiologisch-
optischen Betrachtungen, das Auge als einen Körper anzusehen, der nur aus einem
gleichartigen optischen Mittel gebildet ist und von einer sphärischen Fläche begrenzt
wird. Diese freilich schon sehr von der Wahrheit abweichende Annahme gewährt
den Vortheil, dass durch sie die beiden Knoten- und Hauptpunkte auf je einen zu-
rückgeführt werden. Das Nähere hierüber siehe bei Listing l. c. p. 493. -- Die
Bestimmung des vorderen Knotenpunktes ist von Volkmann nach einer Methode
ausgeführt worden, die mannigfachen Ausstellungen ausgesetzt ist. Zu genauern Re-

*) Moser, über das Auge. Repertor. der Physiol. v. Dove. V. Bd. 337. -- Listing. Zur Dioptrik
des Auges. Wagners Handwörterbuch IV. Bd. -- Volkmann. Neue Beiträge zur Physiologie
des Gesichtssinnes. Leipzig 1836. p. 24 u. Artikel Sehen in Wagners Handwörterbuch. III.
1. Abthl. 287.
**) Das + vor 8 u. 10 im Gegensatz zum -- vor 6 bedeutet, dass in den ersteren Fällen die Krüm-
mung mit der convexen Seite nach vorn und im letztern mit der convexen Seite nach hinten
schaut.
Das mittlere Auge.

3. Das mittlere Auge *). Bei dem Mangel an Uebereinstimmung in
den Maasswerthen der Elemente verschiedener Augen, welche den Gang
des Strahles bestimmen, hat man sich zu verschiednen Zeiten aus sämmt-
lichen Messungen ein mittleres Auge abgeleitet, welches den optischen
Betrachtungen zu Grunde gelegt wurde. Das beste mittlere Auge scheint
das von Listing berechnete zu sein. — Die Brechungsverhältnisse des-
selben sind: das der Luft = 1; der wässerigen Feuchtigkeit = [Formel 1] ; der
Linse = [Formel 2] ; der Glasfeuchtigkeit = [Formel 3] ; es betragen die Krümmungs-
halbmesser der horizontalen Begrenzungslinie am Scheitel der Cornea
+ 8 MM. **), der vordern Linsenfläche + 10 MM. der hintern Linsen-
fläche — 6 MM. Die Abstände der Scheitel jener brechenden Flächen
sind endlich zwischen Cornea und vordern Linsenfläche und zwischen
vorderer und hinterer Linsenfläche zu je 4 MM. angenommen. Der
ganze Durchmesser des Auges ist mit Einschluss der ihn begrenzenden
Sclerotica zu 24,5 MM. festgestellt. — Berechnet man für ein solches Sy-
stem die Lage der Brenn- Haupt- und Knotenpunkte für parallele
Strahlen, welche nur um kleine Winkelabstände von der Achse ein-
fallen, so findet sich von der Vorderfläche der Cornea aus gerechnet:
der erste Brennpunkt 12,83 MM. vor der Hornhaut, und hinter ihr der
zweite Hauptbrennpunkt 22,65 MM.; der erste Hauptpunkt 2,17 MM.
und 0,40 entfernt von diesem der hintere Hauptpunkt; der erste Kno-
tenpunkt 7,24 MM. und der zweite um 0,40 entfernt vom erstern. —
Abgesehen von den Annäherungen, welches dieses Listing’sche
Auge an die normalen Maassverhältnisse bietet, empfiehlt es sich
auch noch dadurch: dass entsprechend den im Leben vorkommenden
Brechungserscheinungen die hintere Hauptbrennfläche in die Retina
fällt, und dass der vordere Knotenpunkt ungefähr an der Stelle liegt,
welche ihr nach Messungen von Volkmann am lebenden Auge zu-
kommt.

Das mittlere Auge nimmt dagegen auf einen wichtigen Umstand des natürlichen
nicht Rücksicht, auf den nämlich, dass die Flächen des Auges weder sphärisch sind,
noch auch einem Rotationskörper angehören. Von diesem Mangel kann aber vorerst
noch Umgang genommen werden; ja es genügt sogar für die meisten physiologisch-
optischen Betrachtungen, das Auge als einen Körper anzusehen, der nur aus einem
gleichartigen optischen Mittel gebildet ist und von einer sphärischen Fläche begrenzt
wird. Diese freilich schon sehr von der Wahrheit abweichende Annahme gewährt
den Vortheil, dass durch sie die beiden Knoten- und Hauptpunkte auf je einen zu-
rückgeführt werden. Das Nähere hierüber siehe bei Listing l. c. p. 493. — Die
Bestimmung des vorderen Knotenpunktes ist von Volkmann nach einer Methode
ausgeführt worden, die mannigfachen Ausstellungen ausgesetzt ist. Zu genauern Re-

*) Moser, über das Auge. Repertor. der Physiol. v. Dove. V. Bd. 337. — Listing. Zur Dioptrik
des Auges. Wagners Handwörterbuch IV. Bd. — Volkmann. Neue Beiträge zur Physiologie
des Gesichtssinnes. Leipzig 1836. p. 24 u. Artikel Sehen in Wagners Handwörterbuch. III.
1. Abthl. 287.
**) Das + vor 8 u. 10 im Gegensatz zum — vor 6 bedeutet, dass in den ersteren Fällen die Krüm-
mung mit der convexen Seite nach vorn und im letztern mit der convexen Seite nach hinten
schaut.
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[205/0219] Das mittlere Auge. 3. Das mittlere Auge *). Bei dem Mangel an Uebereinstimmung in den Maasswerthen der Elemente verschiedener Augen, welche den Gang des Strahles bestimmen, hat man sich zu verschiednen Zeiten aus sämmt- lichen Messungen ein mittleres Auge abgeleitet, welches den optischen Betrachtungen zu Grunde gelegt wurde. Das beste mittlere Auge scheint das von Listing berechnete zu sein. — Die Brechungsverhältnisse des- selben sind: das der Luft = 1; der wässerigen Feuchtigkeit = [FORMEL]; der Linse = [FORMEL]; der Glasfeuchtigkeit = [FORMEL]; es betragen die Krümmungs- halbmesser der horizontalen Begrenzungslinie am Scheitel der Cornea + 8 MM. **), der vordern Linsenfläche + 10 MM. der hintern Linsen- fläche — 6 MM. Die Abstände der Scheitel jener brechenden Flächen sind endlich zwischen Cornea und vordern Linsenfläche und zwischen vorderer und hinterer Linsenfläche zu je 4 MM. angenommen. Der ganze Durchmesser des Auges ist mit Einschluss der ihn begrenzenden Sclerotica zu 24,5 MM. festgestellt. — Berechnet man für ein solches Sy- stem die Lage der Brenn- Haupt- und Knotenpunkte für parallele Strahlen, welche nur um kleine Winkelabstände von der Achse ein- fallen, so findet sich von der Vorderfläche der Cornea aus gerechnet: der erste Brennpunkt 12,83 MM. vor der Hornhaut, und hinter ihr der zweite Hauptbrennpunkt 22,65 MM.; der erste Hauptpunkt 2,17 MM. und 0,40 entfernt von diesem der hintere Hauptpunkt; der erste Kno- tenpunkt 7,24 MM. und der zweite um 0,40 entfernt vom erstern. — Abgesehen von den Annäherungen, welches dieses Listing’sche Auge an die normalen Maassverhältnisse bietet, empfiehlt es sich auch noch dadurch: dass entsprechend den im Leben vorkommenden Brechungserscheinungen die hintere Hauptbrennfläche in die Retina fällt, und dass der vordere Knotenpunkt ungefähr an der Stelle liegt, welche ihr nach Messungen von Volkmann am lebenden Auge zu- kommt. Das mittlere Auge nimmt dagegen auf einen wichtigen Umstand des natürlichen nicht Rücksicht, auf den nämlich, dass die Flächen des Auges weder sphärisch sind, noch auch einem Rotationskörper angehören. Von diesem Mangel kann aber vorerst noch Umgang genommen werden; ja es genügt sogar für die meisten physiologisch- optischen Betrachtungen, das Auge als einen Körper anzusehen, der nur aus einem gleichartigen optischen Mittel gebildet ist und von einer sphärischen Fläche begrenzt wird. Diese freilich schon sehr von der Wahrheit abweichende Annahme gewährt den Vortheil, dass durch sie die beiden Knoten- und Hauptpunkte auf je einen zu- rückgeführt werden. Das Nähere hierüber siehe bei Listing l. c. p. 493. — Die Bestimmung des vorderen Knotenpunktes ist von Volkmann nach einer Methode ausgeführt worden, die mannigfachen Ausstellungen ausgesetzt ist. Zu genauern Re- *) Moser, über das Auge. Repertor. der Physiol. v. Dove. V. Bd. 337. — Listing. Zur Dioptrik des Auges. Wagners Handwörterbuch IV. Bd. — Volkmann. Neue Beiträge zur Physiologie des Gesichtssinnes. Leipzig 1836. p. 24 u. Artikel Sehen in Wagners Handwörterbuch. III. 1. Abthl. 287. **) Das + vor 8 u. 10 im Gegensatz zum — vor 6 bedeutet, dass in den ersteren Fällen die Krüm- mung mit der convexen Seite nach vorn und im letztern mit der convexen Seite nach hinten schaut.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/219>, abgerufen am 23.11.2024.