Diese bem erkenswerthen Thatsachen hat meist Plateau gesammelt, der auch eine Messungsmethode des Irradiationswerthes angibt. Plateau leitet dieselben davon ab, dass die Erregung sich in der Retina allmälig von den erhellten Stellen nach den dunklen ausbreite. Siehe die Kritik dieser unwahrscheinlichen Annahme bei Fechner und Dove; der erstere von diesen ist geneigt, sie von Eigenthümlich- keiten der brechenden Medien abzuleiten, während der letztere glaubt, dass sie ein durch das Accommodationsvermögen bedingtes Phänomen sei.
b. Induction. Wird die Retina nur theilweise durch homogenes Licht (einfache Farbstrahlen) erleuchtet und zum Theil beschattet, so färbt sich der beschattete Ort ebenfalls in der Empfindung; Brücke, der diese Erscheinung zuerst genau von ähnlichen gesondert hat, nennt sie Farbeninduction. Nach diesem Beobachter erscheint der Schatten
grün wenn d. Beleuchtung durch roth geschah
grün " " " " grün "
blauviolett " " " " violett "
schwachblau o. grün " " " " blau "
schwachblau o. gelbgrün " " " " gelb "
Wenn sich bei diesen Versuchen kein Licht im Auge zerstreut, so beweissen dieselben dass die sogenannte Mitempfindung eine für den Sehnerven giltige Thatsache ist.
Zum Gelingen dieser Versuche ist es nothwendig, dass alles fremde Licht abge- halten werde. Sie können darum nur in einem verfinsterten Zimmer angestellt wer- den, das sein einziges Licht durch eine bunte Scheibe erhält, welche nur Strahlen von einer Farbe durchlässt. Die Angaben Fechners über die induzirte Farbe weichen merklich von denen ab, welche im Text nach Brücke mitgetheilt sind; wahrschein- lich machen sich hier individuelle Verhältnisse geltend.
c. Contrast, Verstimmung. Werden zwei verschiedene Orte der Retina gleichzeitig in Erregung versetzt, so heben sich die durch sie veranlassten Empfindungen nicht allein schärfer gegen einander ab (Contrast), sondern sie sind auch im Stande sich gegenseitig zu verändern, Verstimmung. Beispiele, die den Contrast erläutern, sind einem Jeden aus der gewöhnlichen Erfahrung zu Gebote; ein Beispiel für die Verstimmung liefert die schon früher erwähnte Thatsache, dass weisses Licht gefärbt erscheint, wenn mit ihm gleichzeitig aber an verschiedenen Orten gefärbtes vorhanden ist (pag. 266). Der Con- trast dürfte unzweifelhaft Folge einer im Hirn vor sich gehenden Ver- gleichung beider Eindrücke sein, da er sich auch noch geltend macht, wenn ein Eindruck nur je ein Auge trifft; H. Meyer. Die mit dem Worte der Verstimmung bezeichneten Thatsachen bedürfen noch ge- nauerer Untersuchung; siehe über diese Erscheinungen besonders Fechner*) und Brücke.
Sehen.
Mit Hilfe des Sehnerven gelangen zu unserm Bewusstsein auch noch Kenntnisse von anderen Eigenschaften der Dinge als ihre Färbung und die Stärke ihrer Beleuchtung; diese Aufschlüsse, welche sich auf
*) l. c. 433.
Inducter; Contrast; Sehen.
Diese bem erkenswerthen Thatsachen hat meist Plateau gesammelt, der auch eine Messungsmethode des Irradiationswerthes angibt. Plateau leitet dieselben davon ab, dass die Erregung sich in der Retina allmälig von den erhellten Stellen nach den dunklen ausbreite. Siehe die Kritik dieser unwahrscheinlichen Annahme bei Fechner und Dove; der erstere von diesen ist geneigt, sie von Eigenthümlich- keiten der brechenden Medien abzuleiten, während der letztere glaubt, dass sie ein durch das Accommodationsvermögen bedingtes Phänomen sei.
b. Induction. Wird die Retina nur theilweise durch homogenes Licht (einfache Farbstrahlen) erleuchtet und zum Theil beschattet, so färbt sich der beschattete Ort ebenfalls in der Empfindung; Brücke, der diese Erscheinung zuerst genau von ähnlichen gesondert hat, nennt sie Farbeninduction. Nach diesem Beobachter erscheint der Schatten
grün wenn d. Beleuchtung durch roth geschah
grün „ „ „ „ grün „
blauviolett „ „ „ „ violett „
schwachblau o. grün „ „ „ „ blau „
schwachblau o. gelbgrün „ „ „ „ gelb „
Wenn sich bei diesen Versuchen kein Licht im Auge zerstreut, so beweissen dieselben dass die sogenannte Mitempfindung eine für den Sehnerven giltige Thatsache ist.
Zum Gelingen dieser Versuche ist es nothwendig, dass alles fremde Licht abge- halten werde. Sie können darum nur in einem verfinsterten Zimmer angestellt wer- den, das sein einziges Licht durch eine bunte Scheibe erhält, welche nur Strahlen von einer Farbe durchlässt. Die Angaben Fechners über die induzirte Farbe weichen merklich von denen ab, welche im Text nach Brücke mitgetheilt sind; wahrschein- lich machen sich hier individuelle Verhältnisse geltend.
c. Contrast, Verstimmung. Werden zwei verschiedene Orte der Retina gleichzeitig in Erregung versetzt, so heben sich die durch sie veranlassten Empfindungen nicht allein schärfer gegen einander ab (Contrast), sondern sie sind auch im Stande sich gegenseitig zu verändern, Verstimmung. Beispiele, die den Contrast erläutern, sind einem Jeden aus der gewöhnlichen Erfahrung zu Gebote; ein Beispiel für die Verstimmung liefert die schon früher erwähnte Thatsache, dass weisses Licht gefärbt erscheint, wenn mit ihm gleichzeitig aber an verschiedenen Orten gefärbtes vorhanden ist (pag. 266). Der Con- trast dürfte unzweifelhaft Folge einer im Hirn vor sich gehenden Ver- gleichung beider Eindrücke sein, da er sich auch noch geltend macht, wenn ein Eindruck nur je ein Auge trifft; H. Meyer. Die mit dem Worte der Verstimmung bezeichneten Thatsachen bedürfen noch ge- nauerer Untersuchung; siehe über diese Erscheinungen besonders Fechner*) und Brücke.
Sehen.
Mit Hilfe des Sehnerven gelangen zu unserm Bewusstsein auch noch Kenntnisse von anderen Eigenschaften der Dinge als ihre Färbung und die Stärke ihrer Beleuchtung; diese Aufschlüsse, welche sich auf
*) l. c. 433.
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Inducter; Contrast; Sehen.
Diese bem erkenswerthen Thatsachen hat meist Plateau gesammelt, der auch
eine Messungsmethode des Irradiationswerthes angibt. Plateau leitet dieselben
davon ab, dass die Erregung sich in der Retina allmälig von den erhellten Stellen
nach den dunklen ausbreite. Siehe die Kritik dieser unwahrscheinlichen Annahme
bei Fechner und Dove; der erstere von diesen ist geneigt, sie von Eigenthümlich-
keiten der brechenden Medien abzuleiten, während der letztere glaubt, dass sie ein
durch das Accommodationsvermögen bedingtes Phänomen sei.
b. Induction. Wird die Retina nur theilweise durch homogenes
Licht (einfache Farbstrahlen) erleuchtet und zum Theil beschattet,
so färbt sich der beschattete Ort ebenfalls in der Empfindung; Brücke,
der diese Erscheinung zuerst genau von ähnlichen gesondert hat, nennt
sie Farbeninduction. Nach diesem Beobachter erscheint der Schatten
grün wenn d. Beleuchtung durch roth geschah
grün „ „ „ „ grün „
blauviolett „ „ „ „ violett „
schwachblau o. grün „ „ „ „ blau „
schwachblau o. gelbgrün „ „ „ „ gelb „
Wenn sich bei diesen Versuchen kein Licht im Auge zerstreut, so
beweissen dieselben dass die sogenannte Mitempfindung eine für den
Sehnerven giltige Thatsache ist.
Zum Gelingen dieser Versuche ist es nothwendig, dass alles fremde Licht abge-
halten werde. Sie können darum nur in einem verfinsterten Zimmer angestellt wer-
den, das sein einziges Licht durch eine bunte Scheibe erhält, welche nur Strahlen
von einer Farbe durchlässt. Die Angaben Fechners über die induzirte Farbe weichen
merklich von denen ab, welche im Text nach Brücke mitgetheilt sind; wahrschein-
lich machen sich hier individuelle Verhältnisse geltend.
c. Contrast, Verstimmung. Werden zwei verschiedene Orte der
Retina gleichzeitig in Erregung versetzt, so heben sich die durch
sie veranlassten Empfindungen nicht allein schärfer gegen einander
ab (Contrast), sondern sie sind auch im Stande sich gegenseitig zu
verändern, Verstimmung. Beispiele, die den Contrast erläutern, sind
einem Jeden aus der gewöhnlichen Erfahrung zu Gebote; ein Beispiel
für die Verstimmung liefert die schon früher erwähnte Thatsache, dass
weisses Licht gefärbt erscheint, wenn mit ihm gleichzeitig aber an
verschiedenen Orten gefärbtes vorhanden ist (pag. 266). Der Con-
trast dürfte unzweifelhaft Folge einer im Hirn vor sich gehenden Ver-
gleichung beider Eindrücke sein, da er sich auch noch geltend macht,
wenn ein Eindruck nur je ein Auge trifft; H. Meyer. Die mit dem
Worte der Verstimmung bezeichneten Thatsachen bedürfen noch ge-
nauerer Untersuchung; siehe über diese Erscheinungen besonders
Fechner *) und Brücke.
Sehen.
Mit Hilfe des Sehnerven gelangen zu unserm Bewusstsein auch
noch Kenntnisse von anderen Eigenschaften der Dinge als ihre Färbung
und die Stärke ihrer Beleuchtung; diese Aufschlüsse, welche sich auf
*) l. c. 433.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/249>, abgerufen am 17.02.2025.
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