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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Glanz.
keln die Verschiebung des Auges bestimmen: 1) Die Muskeln der Wirbel-
säule und des Kopfes; 2) die Muskeln der obern und untern Extremi-
täten insofern sie zur Bewegung des Rumpfes verwendet werden;
3) die Muskeln des bulbus oculi und 4) die des Accommodations-
apparats.

Jedes andere Fortrücken der Bilder auf der Retina schieben wir
dagegen im Sehakte selbst auf eine Bewegung der Bilder, mögen
in der That es diese oder unsere Augen es sein, welche sich be-
wegen.

Unter die bekanntesten der fehlerhaften Schlüsse unseres Sehorgans zählt, aus-
ser den scheinbaren Bewegungen der Gegenstände, wenn wir fahren, derjenige, dass
die gesehenen Empfindungsobjekte zu wanken scheinen, wenn wir mit der Finger-
spitze einen Augapfel verschieben. Ausser diesen Fehlern sehen wir aber mit Rück-
sicht auf Bewegung noch mannigfaltige andere, welche zum grossen Theil durch
das Tastgefühl korrigirt werden können. Dahin gehören unter andern, dass wir ei-
nen bewegten Gegenstand für ruhig, dazu vergrössert und in einer ganz besondern
Gestalt sehen, wenn derselbe eine wiederkehrende Bahn mit solcher Geschwindigkeit
durchläuft, dass sein Nachbild auf den verlassenen Stellen der Retina noch nicht
verschwunden ist, wenn der Gegenstand wieder eintritt. Wir glauben ferner den
Gegenstand in Bewegung, wenn wir ihn nach Art des Scheiner'schen Versuches
durch eine feine Oeffnung im Zerstreuungsbilde sehen, während wir die Oeffnung ver-
schieben. Die Richtung der scheinbaren Bewegung erfolgt im umgekehrten Sinne
der wirklichen Verschiebung der Oeffnung, wenn der Gegenstand diesseits der deut-
lichen Sehweite liegt. Haben wir einen Gegenstand in fehlerhafter Accommodation
oder unter fehlerhafter Convergenz der Augenachsen erblickt, so verrückt er sicht-
bar, so wie wir für seine Entfernung accommodiren oder die Sehachsen auf ihn ein-
schneiden lassen u. s. w.

In wiefern der Begriff der Geschwindigkeit in das Gebiet der physiologischen
Untersuchung fällt, ist noch zu ermitteln; dass er hier eine Wurzel habe, kann nicht
bestritten werden, weil wir den Grad der Geschwindigkeit geradezu sehen.

4. Glanz. Das Auge unterscheidet noch eine eigenthümliche Be-
schaffenheit leuchtender Oberflächen, welche die Sprache mit dem
Namen des Matten und des Glänzenden bezeichnet. -- Die Empfindung
des Glanzes wird uns zu Theil, entweder wenn das Licht von einer
glatten Oberfläche zurückgeworfen unser Auge trifft, oder wenn wir
im Stereoskop die beiden an und für sich matten Zeichnungen dessel-
ben Gegenstandes verschieden färben. Dove *).

Dove ist der Meinung, dass diese letztere sehr überraschende Beobachtung
überhaupt erläutere, wie das Licht beschaffen sein müsse, wenn es glänzen solle;
er glaubt nämlich, dass Glanz dem Auge nichts anders bedeute, als das gleichzeitige
Eintreffen verschieden gefärbter Strahlen in das Auge von zwei unmittelbar hinter-
einander gelegenen Flächen; denn in der That senden die spiegelnden Flächen Licht
von ihrer äussersten Grenze und aus der Tiefe ihrer Substanz in das Auge, und eben
dasselbe leisten die verschieden gefärbten stereoskopischen Bilder desselben Gegen-
standes, die in der Empfindung zu einem einzigen zusammengelegt werden. Dieser
Erklärung von Dove fügen sich aber nicht die Erscheinungen der Farbenmischung,

*) Poggendorf, Annalen 83. Bd.
17*

Glanz.
keln die Verschiebung des Auges bestimmen: 1) Die Muskeln der Wirbel-
säule und des Kopfes; 2) die Muskeln der obern und untern Extremi-
täten insofern sie zur Bewegung des Rumpfes verwendet werden;
3) die Muskeln des bulbus oculi und 4) die des Accommodations-
apparats.

Jedes andere Fortrücken der Bilder auf der Retina schieben wir
dagegen im Sehakte selbst auf eine Bewegung der Bilder, mögen
in der That es diese oder unsere Augen es sein, welche sich be-
wegen.

Unter die bekanntesten der fehlerhaften Schlüsse unseres Sehorgans zählt, aus-
ser den scheinbaren Bewegungen der Gegenstände, wenn wir fahren, derjenige, dass
die gesehenen Empfindungsobjekte zu wanken scheinen, wenn wir mit der Finger-
spitze einen Augapfel verschieben. Ausser diesen Fehlern sehen wir aber mit Rück-
sicht auf Bewegung noch mannigfaltige andere, welche zum grossen Theil durch
das Tastgefühl korrigirt werden können. Dahin gehören unter andern, dass wir ei-
nen bewegten Gegenstand für ruhig, dazu vergrössert und in einer ganz besondern
Gestalt sehen, wenn derselbe eine wiederkehrende Bahn mit solcher Geschwindigkeit
durchläuft, dass sein Nachbild auf den verlassenen Stellen der Retina noch nicht
verschwunden ist, wenn der Gegenstand wieder eintritt. Wir glauben ferner den
Gegenstand in Bewegung, wenn wir ihn nach Art des Scheiner’schen Versuches
durch eine feine Oeffnung im Zerstreuungsbilde sehen, während wir die Oeffnung ver-
schieben. Die Richtung der scheinbaren Bewegung erfolgt im umgekehrten Sinne
der wirklichen Verschiebung der Oeffnung, wenn der Gegenstand diesseits der deut-
lichen Sehweite liegt. Haben wir einen Gegenstand in fehlerhafter Accommodation
oder unter fehlerhafter Convergenz der Augenachsen erblickt, so verrückt er sicht-
bar, so wie wir für seine Entfernung accommodiren oder die Sehachsen auf ihn ein-
schneiden lassen u. s. w.

In wiefern der Begriff der Geschwindigkeit in das Gebiet der physiologischen
Untersuchung fällt, ist noch zu ermitteln; dass er hier eine Wurzel habe, kann nicht
bestritten werden, weil wir den Grad der Geschwindigkeit geradezu sehen.

4. Glanz. Das Auge unterscheidet noch eine eigenthümliche Be-
schaffenheit leuchtender Oberflächen, welche die Sprache mit dem
Namen des Matten und des Glänzenden bezeichnet. — Die Empfindung
des Glanzes wird uns zu Theil, entweder wenn das Licht von einer
glatten Oberfläche zurückgeworfen unser Auge trifft, oder wenn wir
im Stereoskop die beiden an und für sich matten Zeichnungen dessel-
ben Gegenstandes verschieden färben. Dove *).

Dove ist der Meinung, dass diese letztere sehr überraschende Beobachtung
überhaupt erläutere, wie das Licht beschaffen sein müsse, wenn es glänzen solle;
er glaubt nämlich, dass Glanz dem Auge nichts anders bedeute, als das gleichzeitige
Eintreffen verschieden gefärbter Strahlen in das Auge von zwei unmittelbar hinter-
einander gelegenen Flächen; denn in der That senden die spiegelnden Flächen Licht
von ihrer äussersten Grenze und aus der Tiefe ihrer Substanz in das Auge, und eben
dasselbe leisten die verschieden gefärbten stereoskopischen Bilder desselben Gegen-
standes, die in der Empfindung zu einem einzigen zusammengelegt werden. Dieser
Erklärung von Dove fügen sich aber nicht die Erscheinungen der Farbenmischung,

*) Poggendorf, Annalen 83. Bd.
17*
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[259/0273] Glanz. keln die Verschiebung des Auges bestimmen: 1) Die Muskeln der Wirbel- säule und des Kopfes; 2) die Muskeln der obern und untern Extremi- täten insofern sie zur Bewegung des Rumpfes verwendet werden; 3) die Muskeln des bulbus oculi und 4) die des Accommodations- apparats. Jedes andere Fortrücken der Bilder auf der Retina schieben wir dagegen im Sehakte selbst auf eine Bewegung der Bilder, mögen in der That es diese oder unsere Augen es sein, welche sich be- wegen. Unter die bekanntesten der fehlerhaften Schlüsse unseres Sehorgans zählt, aus- ser den scheinbaren Bewegungen der Gegenstände, wenn wir fahren, derjenige, dass die gesehenen Empfindungsobjekte zu wanken scheinen, wenn wir mit der Finger- spitze einen Augapfel verschieben. Ausser diesen Fehlern sehen wir aber mit Rück- sicht auf Bewegung noch mannigfaltige andere, welche zum grossen Theil durch das Tastgefühl korrigirt werden können. Dahin gehören unter andern, dass wir ei- nen bewegten Gegenstand für ruhig, dazu vergrössert und in einer ganz besondern Gestalt sehen, wenn derselbe eine wiederkehrende Bahn mit solcher Geschwindigkeit durchläuft, dass sein Nachbild auf den verlassenen Stellen der Retina noch nicht verschwunden ist, wenn der Gegenstand wieder eintritt. Wir glauben ferner den Gegenstand in Bewegung, wenn wir ihn nach Art des Scheiner’schen Versuches durch eine feine Oeffnung im Zerstreuungsbilde sehen, während wir die Oeffnung ver- schieben. Die Richtung der scheinbaren Bewegung erfolgt im umgekehrten Sinne der wirklichen Verschiebung der Oeffnung, wenn der Gegenstand diesseits der deut- lichen Sehweite liegt. Haben wir einen Gegenstand in fehlerhafter Accommodation oder unter fehlerhafter Convergenz der Augenachsen erblickt, so verrückt er sicht- bar, so wie wir für seine Entfernung accommodiren oder die Sehachsen auf ihn ein- schneiden lassen u. s. w. In wiefern der Begriff der Geschwindigkeit in das Gebiet der physiologischen Untersuchung fällt, ist noch zu ermitteln; dass er hier eine Wurzel habe, kann nicht bestritten werden, weil wir den Grad der Geschwindigkeit geradezu sehen. 4. Glanz. Das Auge unterscheidet noch eine eigenthümliche Be- schaffenheit leuchtender Oberflächen, welche die Sprache mit dem Namen des Matten und des Glänzenden bezeichnet. — Die Empfindung des Glanzes wird uns zu Theil, entweder wenn das Licht von einer glatten Oberfläche zurückgeworfen unser Auge trifft, oder wenn wir im Stereoskop die beiden an und für sich matten Zeichnungen dessel- ben Gegenstandes verschieden färben. Dove *). Dove ist der Meinung, dass diese letztere sehr überraschende Beobachtung überhaupt erläutere, wie das Licht beschaffen sein müsse, wenn es glänzen solle; er glaubt nämlich, dass Glanz dem Auge nichts anders bedeute, als das gleichzeitige Eintreffen verschieden gefärbter Strahlen in das Auge von zwei unmittelbar hinter- einander gelegenen Flächen; denn in der That senden die spiegelnden Flächen Licht von ihrer äussersten Grenze und aus der Tiefe ihrer Substanz in das Auge, und eben dasselbe leisten die verschieden gefärbten stereoskopischen Bilder desselben Gegen- standes, die in der Empfindung zu einem einzigen zusammengelegt werden. Dieser Erklärung von Dove fügen sich aber nicht die Erscheinungen der Farbenmischung, *) Poggendorf, Annalen 83. Bd. 17*

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/273>, abgerufen am 24.11.2024.