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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Arbeitsleistung des Muskels.
Zusammenziehung vor sich gehe. Dahin zählt, dass die Sauerstoffmenge, welche
ein Mensch durch die Lunge aufnimmt, sich mehrt während der Muskelanstrengung
(Seguin) und dass sich während (Scharling *) und nach (Vierordt **) der
Muskelanstrengung die Menge der von der Lunge ausgehauchten CO2 sich beträcht-
lich steigere. -- Nicht minder bemerkenswerth ist die von Lehmann ***) beobach-
tete Thatsache, dass bei gleichbleibender Kost nach starken Anstrengungen der
Harnstoffgehalt des Urins sich mehrt.

9. Arbeitsleistung; Nutzwerth des Muskels +). Bevor
wir nun zu einer Betrachtung der noch übrigen besonderen Zustände
der quergestreiften Muskelsubstanz vorschreiten, wollen wir die Prin-
zipien erörtern, nach denen die sog. Arbeitskräfte des Muskels zu
beurtheilen sind. Der Muskel kann begreiflich und bekanntlich die
Bewegung, welche seine eignen Theile bei der Formveränderung
erleiden, andern Körpern mittheilen, und damit im Sinne der Mechanik
Arbeit verrichten. In dieser Beziehung fällt die Betrachtung unseres
Apparates mit derjenigen aller arbeitenden Maschinen zusammen.

Das Maass der lebendigen Kräfte, welches für die Leistungen
solcher Maschinen in Anwendung gebracht wird, ist wie allbekannt
ein Produkt aus den Faktoren der Zeit (f), der Gewichte (g) und der
Hubhöhe (h) also = g f h. Mit andern Worten dem Techniker ist es
wichtig zu wissen, welche Zeit hindurch oder wie oft in gegebener
Zeit und wie hoch ein gewisses Gewicht durch eine Maschine geho-
ben werden kann, weil nach diesen Angaben die Werthung der von
einer Maschine gelieferten auf andere Massen übertragbaren Kräfte
geschehen kann. Wir legen, indem wir dieses Maass auf die Muskel-
kräfte anwenden, zunächst ein und denselben Muskeln von einer be-
liebigen Einheit des Querschnittes und der Länge zu Grunde.

In Bezug auf den Faktor der Zeit gilt zuerst der Satz, dass
die Leistungsfähigkeit des Muskels mit der Dauer seiner Wirkung
abnimmt, mit andern Worten der Muskel entwickelt, wie in der Lehre
von der Ermüdung dargethan, den grössten Werth seiner Kräfte
im Beginn seiner Leistung, während nach einer gewissen gerin-
geren oder grösseren Andauer der Kraftentwicklung die Leistungsfähig-
keit Null wird; -- diese dem Nutzeffekt des Muskels schädliche Wirkung
der dauernden Leistung ist jedoch nicht für alle Werthe von hg,
d. h. für jede Verkürzung und jedes Gewicht gleich; sie wächst mit
dem Werthe von hg und zwar wie es scheint viel rascherer als diese
selbst; aber auch für den niedrigsten Werth von hg, wenn z. B. das
zu hebende Gewicht in nichts anderm besteht, als in der eigenen
Masse des Muskels macht sie sich rasch geltend, wie jedermann aus

*) Journal für prakt. Chemie Bd. 48. p. 435.
**) Wagners Handwörterbuch II. Bd. p. 886.
***) Physiolog. Chemie 1. Bd. 2. Aufl. p. 169.
+) Ed. Weber. Wagners Handwörterbuch III. 2. Abth. p. 91.

Arbeitsleistung des Muskels.
Zusammenziehung vor sich gehe. Dahin zählt, dass die Sauerstoffmenge, welche
ein Mensch durch die Lunge aufnimmt, sich mehrt während der Muskelanstrengung
(Seguin) und dass sich während (Scharling *) und nach (Vierordt **) der
Muskelanstrengung die Menge der von der Lunge ausgehauchten CO2 sich beträcht-
lich steigere. — Nicht minder bemerkenswerth ist die von Lehmann ***) beobach-
tete Thatsache, dass bei gleichbleibender Kost nach starken Anstrengungen der
Harnstoffgehalt des Urins sich mehrt.

9. Arbeitsleistung; Nutzwerth des Muskels †). Bevor
wir nun zu einer Betrachtung der noch übrigen besonderen Zustände
der quergestreiften Muskelsubstanz vorschreiten, wollen wir die Prin-
zipien erörtern, nach denen die sog. Arbeitskräfte des Muskels zu
beurtheilen sind. Der Muskel kann begreiflich und bekanntlich die
Bewegung, welche seine eignen Theile bei der Formveränderung
erleiden, andern Körpern mittheilen, und damit im Sinne der Mechanik
Arbeit verrichten. In dieser Beziehung fällt die Betrachtung unseres
Apparates mit derjenigen aller arbeitenden Maschinen zusammen.

Das Maass der lebendigen Kräfte, welches für die Leistungen
solcher Maschinen in Anwendung gebracht wird, ist wie allbekannt
ein Produkt aus den Faktoren der Zeit (f), der Gewichte (g) und der
Hubhöhe (h) also = g f h. Mit andern Worten dem Techniker ist es
wichtig zu wissen, welche Zeit hindurch oder wie oft in gegebener
Zeit und wie hoch ein gewisses Gewicht durch eine Maschine geho-
ben werden kann, weil nach diesen Angaben die Werthung der von
einer Maschine gelieferten auf andere Massen übertragbaren Kräfte
geschehen kann. Wir legen, indem wir dieses Maass auf die Muskel-
kräfte anwenden, zunächst ein und denselben Muskeln von einer be-
liebigen Einheit des Querschnittes und der Länge zu Grunde.

In Bezug auf den Faktor der Zeit gilt zuerst der Satz, dass
die Leistungsfähigkeit des Muskels mit der Dauer seiner Wirkung
abnimmt, mit andern Worten der Muskel entwickelt, wie in der Lehre
von der Ermüdung dargethan, den grössten Werth seiner Kräfte
im Beginn seiner Leistung, während nach einer gewissen gerin-
geren oder grösseren Andauer der Kraftentwicklung die Leistungsfähig-
keit Null wird; — diese dem Nutzeffekt des Muskels schädliche Wirkung
der dauernden Leistung ist jedoch nicht für alle Werthe von hg,
d. h. für jede Verkürzung und jedes Gewicht gleich; sie wächst mit
dem Werthe von hg und zwar wie es scheint viel rascherer als diese
selbst; aber auch für den niedrigsten Werth von hg, wenn z. B. das
zu hebende Gewicht in nichts anderm besteht, als in der eigenen
Masse des Muskels macht sie sich rasch geltend, wie jedermann aus

*) Journal für prakt. Chemie Bd. 48. p. 435.
**) Wagners Handwörterbuch II. Bd. p. 886.
***) Physiolog. Chemie 1. Bd. 2. Aufl. p. 169.
†) Ed. Weber. Wagners Handwörterbuch III. 2. Abth. p. 91.
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[342/0356] Arbeitsleistung des Muskels. Zusammenziehung vor sich gehe. Dahin zählt, dass die Sauerstoffmenge, welche ein Mensch durch die Lunge aufnimmt, sich mehrt während der Muskelanstrengung (Seguin) und dass sich während (Scharling *) und nach (Vierordt **) der Muskelanstrengung die Menge der von der Lunge ausgehauchten CO2 sich beträcht- lich steigere. — Nicht minder bemerkenswerth ist die von Lehmann ***) beobach- tete Thatsache, dass bei gleichbleibender Kost nach starken Anstrengungen der Harnstoffgehalt des Urins sich mehrt. 9. Arbeitsleistung; Nutzwerth des Muskels †). Bevor wir nun zu einer Betrachtung der noch übrigen besonderen Zustände der quergestreiften Muskelsubstanz vorschreiten, wollen wir die Prin- zipien erörtern, nach denen die sog. Arbeitskräfte des Muskels zu beurtheilen sind. Der Muskel kann begreiflich und bekanntlich die Bewegung, welche seine eignen Theile bei der Formveränderung erleiden, andern Körpern mittheilen, und damit im Sinne der Mechanik Arbeit verrichten. In dieser Beziehung fällt die Betrachtung unseres Apparates mit derjenigen aller arbeitenden Maschinen zusammen. Das Maass der lebendigen Kräfte, welches für die Leistungen solcher Maschinen in Anwendung gebracht wird, ist wie allbekannt ein Produkt aus den Faktoren der Zeit (f), der Gewichte (g) und der Hubhöhe (h) also = g f h. Mit andern Worten dem Techniker ist es wichtig zu wissen, welche Zeit hindurch oder wie oft in gegebener Zeit und wie hoch ein gewisses Gewicht durch eine Maschine geho- ben werden kann, weil nach diesen Angaben die Werthung der von einer Maschine gelieferten auf andere Massen übertragbaren Kräfte geschehen kann. Wir legen, indem wir dieses Maass auf die Muskel- kräfte anwenden, zunächst ein und denselben Muskeln von einer be- liebigen Einheit des Querschnittes und der Länge zu Grunde. In Bezug auf den Faktor der Zeit gilt zuerst der Satz, dass die Leistungsfähigkeit des Muskels mit der Dauer seiner Wirkung abnimmt, mit andern Worten der Muskel entwickelt, wie in der Lehre von der Ermüdung dargethan, den grössten Werth seiner Kräfte im Beginn seiner Leistung, während nach einer gewissen gerin- geren oder grösseren Andauer der Kraftentwicklung die Leistungsfähig- keit Null wird; — diese dem Nutzeffekt des Muskels schädliche Wirkung der dauernden Leistung ist jedoch nicht für alle Werthe von hg, d. h. für jede Verkürzung und jedes Gewicht gleich; sie wächst mit dem Werthe von hg und zwar wie es scheint viel rascherer als diese selbst; aber auch für den niedrigsten Werth von hg, wenn z. B. das zu hebende Gewicht in nichts anderm besteht, als in der eigenen Masse des Muskels macht sie sich rasch geltend, wie jedermann aus *) Journal für prakt. Chemie Bd. 48. p. 435. **) Wagners Handwörterbuch II. Bd. p. 886. ***) Physiolog. Chemie 1. Bd. 2. Aufl. p. 169. †) Ed. Weber. Wagners Handwörterbuch III. 2. Abth. p. 91.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/356>, abgerufen am 22.11.2024.