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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Harnsäure.
aber ganz andere Eigenschaften als das Taurin, und es müssen darum in diesem die
Atome doch anders enthalten sein als in jenem.

b) Glycocoll C4 H5 N O4. Es zerfällt durch Gährung in Ammoniak und andere
nicht näher untersuchte Bestandtheile, und ausserdem je nach Umständen in so man-
nigfaltige von einander abweichende Produkte, dass sie noch zu keiner haltbaren
Hypothese der Atomlagerung geführt haben.

c) Cholsäure C48 H39 O9; HO. Der Einwirkung der Fäulniss oder kochenden
Mineralsäuren ausgesetzt, verwandelt sie sich unter Abgabe von HO in harzartige
Stoffe, als deren schliesslicher Dyslysin (C48 H36 O6) angesehen wird. Die zwischen
Cholsäure und Dyslysin in der Mitte liegenden Produkte sind noch nicht ermittelt.
Demarcay und Strecker halten sie für Choloidin-, Berzelius und Mulder für
Cholin- und Fellinsäure. -- Diese harzartigen Körper und namentlich die sogenannte
Choloidinsäure gibt mit NO5 gekocht nach Redtenbacher flüchtige Fettsäuren C2n
H(2n--1) O3; HO und eine grössere Zahl anderer complizirter Produkte. Lehmann
gibt an, auch die Säuren der Bernsteinsäuregruppe mit Ausnahme der Sebacylsäure
durch Destillation der Cholsäure erhalten zu haben. -- Die aus diesen Thatsachen
geschehene Folgerung, dass die gegliederte Formel der Cholsäure [Formel 1]
H33 O3; HO sei, d. h. eine mit einem sogen. Kohlenhydrat gepaarte Oelsäure, ist
so gewagt, dass sie durch die Angabe: Lebervenenblut enthalte weniger ölige Fette
als das Pfortaderblut u. dergl. noch nicht einmal den Schein der Wahrscheinlichkeit
annimmt.

34. Harnsäure. C5H N2O2; HO theils frei, vorzugsweise als
harnsaures Natron und Ammoniak im Harn, Blut (Schweiss?) und
nach Scherer*) im Milzextrakt.

Ihre bisher bekannt gewordenen Zersetzungen führen noch auf
keine Vorstellung der Atomlagerung in ihr.

Für den Physiologen ist es bemerkenswerth, dass sie durch ge-
linde Oxydationsmittel in Atomgruppen zerfällt werden kann, welche
für sich wieder Bestandtheile des thierischen Organismus sind. So
verwandelt sie sich mit Wasser und Bleisuperoxyd gekocht in Allan-
toin, Harnstoff, Kleesäure, Kohlensäure (Liebig und Wöhler) oder
in Allantoin, Allantursäure, Kleesäure, Kohlensäure und Spuren von
Harnstoff (Pelouze). -- Aehnliches bewirkt übermangansaures Kali
(Gregory). -- Durch chlorsaures Kali und Salzsäure zerfällt sie in
Alloxan und Harnstoff (Schlieper). -- Durch Kaliumeisencyanid und
Kali in Allantoin und Kohlensäure (Schlieper).

Ihre Neigung zur Crystallisation macht es ihr unmöglich Antheil
an Gewebsbildungen zu nehmen; vermöge der Schwerlöslichkeit der
freien Säure sowohl, als der sauren Salze (welche vorzugsweise
vorkommen), wird ihre Anhäufung im thierischen Körper gefähr-
lich. -- Man darf vermuthen, dass sie innerhalb des Blutes einen
Umsetzungsprozess erleidet, zu dessen Produkten Harnstoff und
Kleesäure zu zählen sind; nach dem Genuss von Harnsäure vermehrt
sich nemlich der Gehalt des Urins an Harnstoff und Kleesäure.

*) Liebig's Annalen 73. p. 330.

Harnsäure.
aber ganz andere Eigenschaften als das Taurin, und es müssen darum in diesem die
Atome doch anders enthalten sein als in jenem.

b) Glycocoll C4 H5 N O4. Es zerfällt durch Gährung in Ammoniak und andere
nicht näher untersuchte Bestandtheile, und ausserdem je nach Umständen in so man-
nigfaltige von einander abweichende Produkte, dass sie noch zu keiner haltbaren
Hypothese der Atomlagerung geführt haben.

c) Cholsäure C48 H39 O9; HO. Der Einwirkung der Fäulniss oder kochenden
Mineralsäuren ausgesetzt, verwandelt sie sich unter Abgabe von HO in harzartige
Stoffe, als deren schliesslicher Dyslysin (C48 H36 O6) angesehen wird. Die zwischen
Cholsäure und Dyslysin in der Mitte liegenden Produkte sind noch nicht ermittelt.
Demarcay und Strecker halten sie für Choloidin-, Berzelius und Mulder für
Cholin- und Fellinsäure. — Diese harzartigen Körper und namentlich die sogenannte
Choloidinsäure gibt mit NO5 gekocht nach Redtenbacher flüchtige Fettsäuren C2n
H(2n—1) O3; HO und eine grössere Zahl anderer complizirter Produkte. Lehmann
gibt an, auch die Säuren der Bernsteinsäuregruppe mit Ausnahme der Sebacylsäure
durch Destillation der Cholsäure erhalten zu haben. — Die aus diesen Thatsachen
geschehene Folgerung, dass die gegliederte Formel der Cholsäure [Formel 1]
H33 O3; HO sei, d. h. eine mit einem sogen. Kohlenhydrat gepaarte Oelsäure, ist
so gewagt, dass sie durch die Angabe: Lebervenenblut enthalte weniger ölige Fette
als das Pfortaderblut u. dergl. noch nicht einmal den Schein der Wahrscheinlichkeit
annimmt.

34. Harnsäure. C5H N2O2; HO theils frei, vorzugsweise als
harnsaures Natron und Ammoniak im Harn, Blut (Schweiss?) und
nach Scherer*) im Milzextrakt.

Ihre bisher bekannt gewordenen Zersetzungen führen noch auf
keine Vorstellung der Atomlagerung in ihr.

Für den Physiologen ist es bemerkenswerth, dass sie durch ge-
linde Oxydationsmittel in Atomgruppen zerfällt werden kann, welche
für sich wieder Bestandtheile des thierischen Organismus sind. So
verwandelt sie sich mit Wasser und Bleisuperoxyd gekocht in Allan-
toin, Harnstoff, Kleesäure, Kohlensäure (Liebig und Wöhler) oder
in Allantoin, Allantursäure, Kleesäure, Kohlensäure und Spuren von
Harnstoff (Pelouze). — Aehnliches bewirkt übermangansaures Kali
(Gregory). — Durch chlorsaures Kali und Salzsäure zerfällt sie in
Alloxan und Harnstoff (Schlieper). — Durch Kaliumeisencyanid und
Kali in Allantoin und Kohlensäure (Schlieper).

Ihre Neigung zur Crystallisation macht es ihr unmöglich Antheil
an Gewebsbildungen zu nehmen; vermöge der Schwerlöslichkeit der
freien Säure sowohl, als der sauren Salze (welche vorzugsweise
vorkommen), wird ihre Anhäufung im thierischen Körper gefähr-
lich. — Man darf vermuthen, dass sie innerhalb des Blutes einen
Umsetzungsprozess erleidet, zu dessen Produkten Harnstoff und
Kleesäure zu zählen sind; nach dem Genuss von Harnsäure vermehrt
sich nemlich der Gehalt des Urins an Harnstoff und Kleesäure.

*) Liebig’s Annalen 73. p. 330.
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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/48>, abgerufen am 21.11.2024.