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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Endosmotisches Aequivalent.
seitiger Einwirkung, wobei man Sorge trägt, kleine Niveaudifferenzen im Stand der
innern und äussern Flüssigkeit durch Herausheben oder Einsenken des Glases A aus-
zugleichen, und bestimmt dann nach beliebiger Zeit welche quantitative und qua-
litative Veränderungen die Flüssigkeit des inneren Rohrs erlitten hat, wodurch auch
die Data gegeben sind, um die Veränderungen der äussern Flüssigkeit zu berechnen.
Hieraus fliesst von selbst, welche Stoffe von aussen nach innen, welche von innen
nach aussen gingen und wie relativ kräftig diese Ströme gewesen waren.

Die Erfahrung hat gelehrt, dass die Werthe der endosmotischen
Aequivalente sich ändern mit dem Wechsel der Scheidewand (der
chemischen und physikalischen Eigenthümlichkeit ihres Stoffes), mit
quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Zusammensez-
zung der Flüssigkeiten, und mit der Temperatur.

Bei so zahlreichen auf den Werth des Aequivalents influirenden
Umständen gehört es begreiflich zu den Seltenheiten, dass zwei der
Diffusion ausgesetzte Lösungen während der ganzen Dauer derselben,
mit dem gleichen Verhältniss ihrer Gewichtsmengen in einander strö-
men. -- Dieses wird sich nur ereignen, wenn unter Voraussetzung
derselben Scheidewand auch während der ganzen Strömungsdauer
die Temperatur constant bleibt und zugleich die durch den Diffusions-
strom erzeugten Veränderungen in der Zusammensetzung beider Flüs-
sigkeiten durch andere Einflüsse wieder ausgeglichen werden. Wo
dieses letztere geschehen ist, genügt um eine Vorstellung über den
Werth des Aequivalents zu gewinnen, die einfache Angabe der Ver-
hältnisszahl; wo aber, wie es meist der Fall, diesen Bedingungen
eines constanten Stromes nicht Genüge geleistet werden kann, muss
zur Angabe des absoluten Werthes eines der partiellen endosmoti-
schen Aequivalente *) noch die des den Wechsel bestimmenden Ge-
setzes kommen. Um vollkommen verständlich zu werden wollen wir
das Gesagte durch ein Beispiel erläutern. -- In einer Versuchsreihe
wurde als Scheidewand die mit Wasser Aether und Alkohol gereinigte
Harnblase des Schweines angewendet; als diffundirende Flüssigkeiten
dienten Glaubersalzlösung und Wasser; das Wasser welches sich im
äussern Gefässe des Apparates (Fig. 7) befand, wurde so oft erneuert
als nöthig, um niemals eine merkliche Spur von Glaubersalz sich in
ihm anhäufen zu lassen. Es ergab sich, als in das innere Rohr Glauber-
salzcrystalle gelegt wurden, und die Diffusion beendigt war bevor
sämmtliche Crystalle gelösst waren, das endosmotische Aequivalent
= 5,8 (die übergetretenen Gewichtsmengen des Glaubersalzes = 1
gesetzt) In einem zweiten Versuch wurden Glaubersalzcrystalle in die
Röhre gelegt und die Diffusion unterbrochen, als die in der inneren Röhre
enthaltene Lösung 3,8 pCt. betrug; das endosmotische Aequivalent
wurde zu 6,7 gefunden. Bei einem dritten Versuch mit derselben Mem-

*) d. h. des Werthes, welchen das Aeq. besitzt, so lange noch keine merkliche Veränderung in
den dasselbe bedingenden Umständen eingetreten.
Ludwig, Physiologie I. 5

Endosmotisches Aequivalent.
seitiger Einwirkung, wobei man Sorge trägt, kleine Niveaudifferenzen im Stand der
innern und äussern Flüssigkeit durch Herausheben oder Einsenken des Glases A aus-
zugleichen, und bestimmt dann nach beliebiger Zeit welche quantitative und qua-
litative Veränderungen die Flüssigkeit des inneren Rohrs erlitten hat, wodurch auch
die Data gegeben sind, um die Veränderungen der äussern Flüssigkeit zu berechnen.
Hieraus fliesst von selbst, welche Stoffe von aussen nach innen, welche von innen
nach aussen gingen und wie relativ kräftig diese Ströme gewesen waren.

Die Erfahrung hat gelehrt, dass die Werthe der endosmotischen
Aequivalente sich ändern mit dem Wechsel der Scheidewand (der
chemischen und physikalischen Eigenthümlichkeit ihres Stoffes), mit
quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Zusammensez-
zung der Flüssigkeiten, und mit der Temperatur.

Bei so zahlreichen auf den Werth des Aequivalents influirenden
Umständen gehört es begreiflich zu den Seltenheiten, dass zwei der
Diffusion ausgesetzte Lösungen während der ganzen Dauer derselben,
mit dem gleichen Verhältniss ihrer Gewichtsmengen in einander strö-
men. — Dieses wird sich nur ereignen, wenn unter Voraussetzung
derselben Scheidewand auch während der ganzen Strömungsdauer
die Temperatur constant bleibt und zugleich die durch den Diffusions-
strom erzeugten Veränderungen in der Zusammensetzung beider Flüs-
sigkeiten durch andere Einflüsse wieder ausgeglichen werden. Wo
dieses letztere geschehen ist, genügt um eine Vorstellung über den
Werth des Aequivalents zu gewinnen, die einfache Angabe der Ver-
hältnisszahl; wo aber, wie es meist der Fall, diesen Bedingungen
eines constanten Stromes nicht Genüge geleistet werden kann, muss
zur Angabe des absoluten Werthes eines der partiellen endosmoti-
schen Aequivalente *) noch die des den Wechsel bestimmenden Ge-
setzes kommen. Um vollkommen verständlich zu werden wollen wir
das Gesagte durch ein Beispiel erläutern. — In einer Versuchsreihe
wurde als Scheidewand die mit Wasser Aether und Alkohol gereinigte
Harnblase des Schweines angewendet; als diffundirende Flüssigkeiten
dienten Glaubersalzlösung und Wasser; das Wasser welches sich im
äussern Gefässe des Apparates (Fig. 7) befand, wurde so oft erneuert
als nöthig, um niemals eine merkliche Spur von Glaubersalz sich in
ihm anhäufen zu lassen. Es ergab sich, als in das innere Rohr Glauber-
salzcrystalle gelegt wurden, und die Diffusion beendigt war bevor
sämmtliche Crystalle gelösst waren, das endosmotische Aequivalent
= 5,8 (die übergetretenen Gewichtsmengen des Glaubersalzes = 1
gesetzt) In einem zweiten Versuch wurden Glaubersalzcrystalle in die
Röhre gelegt und die Diffusion unterbrochen, als die in der inneren Röhre
enthaltene Lösung 3,8 pCt. betrug; das endosmotische Aequivalent
wurde zu 6,7 gefunden. Bei einem dritten Versuch mit derselben Mem-

*) d. h. des Werthes, welchen das Aeq. besitzt, so lange noch keine merkliche Veränderung in
den dasselbe bedingenden Umständen eingetreten.
Ludwig, Physiologie I. 5
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[65/0079] Endosmotisches Aequivalent. seitiger Einwirkung, wobei man Sorge trägt, kleine Niveaudifferenzen im Stand der innern und äussern Flüssigkeit durch Herausheben oder Einsenken des Glases A aus- zugleichen, und bestimmt dann nach beliebiger Zeit welche quantitative und qua- litative Veränderungen die Flüssigkeit des inneren Rohrs erlitten hat, wodurch auch die Data gegeben sind, um die Veränderungen der äussern Flüssigkeit zu berechnen. Hieraus fliesst von selbst, welche Stoffe von aussen nach innen, welche von innen nach aussen gingen und wie relativ kräftig diese Ströme gewesen waren. Die Erfahrung hat gelehrt, dass die Werthe der endosmotischen Aequivalente sich ändern mit dem Wechsel der Scheidewand (der chemischen und physikalischen Eigenthümlichkeit ihres Stoffes), mit quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Zusammensez- zung der Flüssigkeiten, und mit der Temperatur. Bei so zahlreichen auf den Werth des Aequivalents influirenden Umständen gehört es begreiflich zu den Seltenheiten, dass zwei der Diffusion ausgesetzte Lösungen während der ganzen Dauer derselben, mit dem gleichen Verhältniss ihrer Gewichtsmengen in einander strö- men. — Dieses wird sich nur ereignen, wenn unter Voraussetzung derselben Scheidewand auch während der ganzen Strömungsdauer die Temperatur constant bleibt und zugleich die durch den Diffusions- strom erzeugten Veränderungen in der Zusammensetzung beider Flüs- sigkeiten durch andere Einflüsse wieder ausgeglichen werden. Wo dieses letztere geschehen ist, genügt um eine Vorstellung über den Werth des Aequivalents zu gewinnen, die einfache Angabe der Ver- hältnisszahl; wo aber, wie es meist der Fall, diesen Bedingungen eines constanten Stromes nicht Genüge geleistet werden kann, muss zur Angabe des absoluten Werthes eines der partiellen endosmoti- schen Aequivalente *) noch die des den Wechsel bestimmenden Ge- setzes kommen. Um vollkommen verständlich zu werden wollen wir das Gesagte durch ein Beispiel erläutern. — In einer Versuchsreihe wurde als Scheidewand die mit Wasser Aether und Alkohol gereinigte Harnblase des Schweines angewendet; als diffundirende Flüssigkeiten dienten Glaubersalzlösung und Wasser; das Wasser welches sich im äussern Gefässe des Apparates (Fig. 7) befand, wurde so oft erneuert als nöthig, um niemals eine merkliche Spur von Glaubersalz sich in ihm anhäufen zu lassen. Es ergab sich, als in das innere Rohr Glauber- salzcrystalle gelegt wurden, und die Diffusion beendigt war bevor sämmtliche Crystalle gelösst waren, das endosmotische Aequivalent = 5,8 (die übergetretenen Gewichtsmengen des Glaubersalzes = 1 gesetzt) In einem zweiten Versuch wurden Glaubersalzcrystalle in die Röhre gelegt und die Diffusion unterbrochen, als die in der inneren Röhre enthaltene Lösung 3,8 pCt. betrug; das endosmotische Aequivalent wurde zu 6,7 gefunden. Bei einem dritten Versuch mit derselben Mem- *) d. h. des Werthes, welchen das Aeq. besitzt, so lange noch keine merkliche Veränderung in den dasselbe bedingenden Umständen eingetreten. Ludwig, Physiologie I. 5

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/79>, abgerufen am 23.11.2024.