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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ende des Arterienwerkes. Umsetzung des variablen Stroms in einen constanten.
bedeuten die Spannungen nach der schon früher festgestellten Ueber-
einkunft. Wenn nun die Spannung in der Aorta in Folge einer Herz-
zusammenziehung auf A Y gestiegen wäre, so würde sie in einem Aste
[Abbildung] Fig. 45.
ersterer Ordnung hierdurch etwa auf
B Y, in einem Aste dritter Ordnung
aber nur auf C Y und in einem Aste
letzter Ordnung endlich nur auf D Y
kommen. Während der darauf fol-
genden Herzpause würde in A die
Spannung bis auf A y herab gehen,
in den Aesten erster Ordnung schon
um weniger und in den darauf fol-
genden noch weniger, bis endlich
bei D die Spannungen der Systole und
Diastole zusammenfallen. -- Mit die-
ser Abnahme der Spannungsdifferen-
zen nimmt aber zugleich die mittlere
Spannung ab. Die ungefähre Lage dieser Mittelspannung ist durch die
Ordinaten A M, B M, C M angedeutet. --

Mit Rücksicht auf diese Thatsachen wäre nun zuerst zu überlegen:
Woher rührt dieses Verschwinden der Spannungsunterschiede, oder anders
ausgedrückt, warum strömt in den Querschnitt bei D zu jeder Zeit so
viel ein, als aus, obwohl am Röhrenanfang ein unterbrochenes Einströmen
stattfindet. Wenn die Spannungsunterschiede daher rühren, einmal, dass
plötzlich alle Theilchen eines Querschnitts einen Stoss bekommen, der sie
gegen diejenigen eines nächstgelegenen hineinzudrängen suchte, und ausser-
dem daher, dass in einen Querschnitt plötzlich mehr Flüssigkeit einge-
schoben werden konnte, als aus ihm austreten konnte, so wird unsere
Erscheinung erklärt sein, wenn sich zeigen lässt, dass die Wellenbewe-
gung, d. h. die von Molekel auf Molekel fortgepflanzten Stösse, im Ver-
lauf des Röhrensystems verschwinden, und wenn ausserdem nachgewiesen
wird, wie sich das tumultuarische Einströmen der Flüssigkeit in den
Beginn des Arteriensystems in diesem allmählig in einen gleichförmigen
Strom umwandelt. -- Beides ist aber in der allgemeinen Betrachtung der
Flüssigkeitsbewegung durch elastische Röhren geschehen (vgl. p. 50 u. f.).
Denn es ergab sich dort schon, dass die lebendige Kraft, welche die
Welle besass, von Beginn gegen das Ende des Rohrs hin abnehmen
musste, weil die Welle mit einer Bewegung der in ihr enthaltenen Theil-
chen verknüpft war, so dass eine Reibung und damit ein Verlust an
Kräften entstand. -- Zugleich ist aber auch ersichtlich, dass eine jede
Geschwindigkeit, bevor sie in dem Rohr eine constante geworden ist,
sich bei Verlauf der Flüssigkeit durch die Röhrenlänge verlangsamen
muss; dieses würde also die nothwendige Folgerung in sich schliessen,

Ende des Arterienwerkes. Umsetzung des variablen Stroms in einen constanten.
bedeuten die Spannungen nach der schon früher festgestellten Ueber-
einkunft. Wenn nun die Spannung in der Aorta in Folge einer Herz-
zusammenziehung auf A Y gestiegen wäre, so würde sie in einem Aste
[Abbildung] Fig. 45.
ersterer Ordnung hierdurch etwa auf
B Y, in einem Aste dritter Ordnung
aber nur auf C Y und in einem Aste
letzter Ordnung endlich nur auf D Y
kommen. Während der darauf fol-
genden Herzpause würde in A die
Spannung bis auf A y herab gehen,
in den Aesten erster Ordnung schon
um weniger und in den darauf fol-
genden noch weniger, bis endlich
bei D die Spannungen der Systole und
Diastole zusammenfallen. — Mit die-
ser Abnahme der Spannungsdifferen-
zen nimmt aber zugleich die mittlere
Spannung ab. Die ungefähre Lage dieser Mittelspannung ist durch die
Ordinaten A M, B M, C M angedeutet. —

Mit Rücksicht auf diese Thatsachen wäre nun zuerst zu überlegen:
Woher rührt dieses Verschwinden der Spannungsunterschiede, oder anders
ausgedrückt, warum strömt in den Querschnitt bei D zu jeder Zeit so
viel ein, als aus, obwohl am Röhrenanfang ein unterbrochenes Einströmen
stattfindet. Wenn die Spannungsunterschiede daher rühren, einmal, dass
plötzlich alle Theilchen eines Querschnitts einen Stoss bekommen, der sie
gegen diejenigen eines nächstgelegenen hineinzudrängen suchte, und ausser-
dem daher, dass in einen Querschnitt plötzlich mehr Flüssigkeit einge-
schoben werden konnte, als aus ihm austreten konnte, so wird unsere
Erscheinung erklärt sein, wenn sich zeigen lässt, dass die Wellenbewe-
gung, d. h. die von Molekel auf Molekel fortgepflanzten Stösse, im Ver-
lauf des Röhrensystems verschwinden, und wenn ausserdem nachgewiesen
wird, wie sich das tumultuarische Einströmen der Flüssigkeit in den
Beginn des Arteriensystems in diesem allmählig in einen gleichförmigen
Strom umwandelt. — Beides ist aber in der allgemeinen Betrachtung der
Flüssigkeitsbewegung durch elastische Röhren geschehen (vgl. p. 50 u. f.).
Denn es ergab sich dort schon, dass die lebendige Kraft, welche die
Welle besass, von Beginn gegen das Ende des Rohrs hin abnehmen
musste, weil die Welle mit einer Bewegung der in ihr enthaltenen Theil-
chen verknüpft war, so dass eine Reibung und damit ein Verlust an
Kräften entstand. — Zugleich ist aber auch ersichtlich, dass eine jede
Geschwindigkeit, bevor sie in dem Rohr eine constante geworden ist,
sich bei Verlauf der Flüssigkeit durch die Röhrenlänge verlangsamen
muss; dieses würde also die nothwendige Folgerung in sich schliessen,

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[96/0112] Ende des Arterienwerkes. Umsetzung des variablen Stroms in einen constanten. bedeuten die Spannungen nach der schon früher festgestellten Ueber- einkunft. Wenn nun die Spannung in der Aorta in Folge einer Herz- zusammenziehung auf A Y gestiegen wäre, so würde sie in einem Aste [Abbildung Fig. 45.] ersterer Ordnung hierdurch etwa auf B Y, in einem Aste dritter Ordnung aber nur auf C Y und in einem Aste letzter Ordnung endlich nur auf D Y kommen. Während der darauf fol- genden Herzpause würde in A die Spannung bis auf A y herab gehen, in den Aesten erster Ordnung schon um weniger und in den darauf fol- genden noch weniger, bis endlich bei D die Spannungen der Systole und Diastole zusammenfallen. — Mit die- ser Abnahme der Spannungsdifferen- zen nimmt aber zugleich die mittlere Spannung ab. Die ungefähre Lage dieser Mittelspannung ist durch die Ordinaten A M, B M, C M angedeutet. — Mit Rücksicht auf diese Thatsachen wäre nun zuerst zu überlegen: Woher rührt dieses Verschwinden der Spannungsunterschiede, oder anders ausgedrückt, warum strömt in den Querschnitt bei D zu jeder Zeit so viel ein, als aus, obwohl am Röhrenanfang ein unterbrochenes Einströmen stattfindet. Wenn die Spannungsunterschiede daher rühren, einmal, dass plötzlich alle Theilchen eines Querschnitts einen Stoss bekommen, der sie gegen diejenigen eines nächstgelegenen hineinzudrängen suchte, und ausser- dem daher, dass in einen Querschnitt plötzlich mehr Flüssigkeit einge- schoben werden konnte, als aus ihm austreten konnte, so wird unsere Erscheinung erklärt sein, wenn sich zeigen lässt, dass die Wellenbewe- gung, d. h. die von Molekel auf Molekel fortgepflanzten Stösse, im Ver- lauf des Röhrensystems verschwinden, und wenn ausserdem nachgewiesen wird, wie sich das tumultuarische Einströmen der Flüssigkeit in den Beginn des Arteriensystems in diesem allmählig in einen gleichförmigen Strom umwandelt. — Beides ist aber in der allgemeinen Betrachtung der Flüssigkeitsbewegung durch elastische Röhren geschehen (vgl. p. 50 u. f.). Denn es ergab sich dort schon, dass die lebendige Kraft, welche die Welle besass, von Beginn gegen das Ende des Rohrs hin abnehmen musste, weil die Welle mit einer Bewegung der in ihr enthaltenen Theil- chen verknüpft war, so dass eine Reibung und damit ein Verlust an Kräften entstand. — Zugleich ist aber auch ersichtlich, dass eine jede Geschwindigkeit, bevor sie in dem Rohr eine constante geworden ist, sich bei Verlauf der Flüssigkeit durch die Röhrenlänge verlangsamen muss; dieses würde also die nothwendige Folgerung in sich schliessen,

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/112>, abgerufen am 21.11.2024.