Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Spannungen in der kleinen Blutbahn.
ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den Lungen durch
einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künstliche Athmung) er-
halten wird (Beutner) *), oder nur dann, wenn zufällig der Beobach-
tung ein Thier zu Gute kommt, dessen Herz in Folge eines Bildungs-
fehlers ausserhalb des Brustkastens, in der Luft, gelegen ist (Hering).
Da diese Umstände den Beobachter ausser Stand setzen, Aufschluss zu
erhalten über die Einwirkungen des Brustkastens auf den Blutstrom in
den Lungen, so gewinnen wir augenscheinlich durch jene Versuche nur
Kenntnisse über einen Strom, der allein durch das Herz erregt ist. Aus
diesem Grunde ist es räthlich, neben den wirklich gefundenen Zahlen
immer auch ihr Verhältniss zu den gleichzeitig gefundenen Spannungs-
werthen in der a. carotis anzugeben.

Als Beutner den Druckmesser gleichzeitig in den art. pulmonalis und
carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mitteldrucks in der a. pulmo-
nalis zur a. carotis bei Kaninchen wie 1 : 4, bei Katzen wie 1 : 5, bei
Hunden wie 1 : 3. -- In diesen Versuchen näherte sich die Spannung
in der a. carotis derjenigen sehr an, welche man auch bei uneröffneter
Brusthöhle erhält; darum darf angenommen werden, dass mindestens
die Herzkräfte keine Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Ein-
setzung der Canule in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar
die Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert.
Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu begehen,
behaupten, dass er eine über das gewöhnliche Mittel gesteigerte Span-
nung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herzkraft abhängig ist,
sich verglichen habe mit der annähernd normalen in der Carotis. --

Die absoluten Zahlen für den Mitteldruck betrugen an Kaninchen
22 MM., an Katzen 17 MM., an Hunden 29 MM. Quecksilber.

Beutner hat auch für einen Fall die Spannung in den Lungen-
venen der Katzen untersucht und sie zu 10 MM. Hg gefunden.

Hering, welcher seine Beobachtungen an einem Kalbe anstellte,
das die angegebene Bildungshemmung (ectopia cordis) zeigte, brachte
seine Messröhren unmittelbar in die linke und rechte Herzkammer. In
diesen Röhren, welche dicht von der Muskelsubstanz umschlossen wurden,
stieg die Flüssigkeit in einem Verhältniss von 1 : 1,7, die grössere Zahl
gehörte dem linken Ventrikel an.

Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lungen-
blutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können wir zur
Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen durch theoretische
Schlüsse über die Veränderungen, welche die Athembewegungen an dem
Verhalten der Gefässe erzeugen. Mit Rücksicht hierauf ist nun aber
zweierlei zu unterscheiden. Einmal nemlich ändert sich die Länge der
**)

*) Henle's und Pfeufer's Zeitschrift. N. F. II. Bd.
**) Archiv für physiolog. Heilkunde. IX. Bd.

Spannungen in der kleinen Blutbahn.
ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den Lungen durch
einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künstliche Athmung) er-
halten wird (Beutner) *), oder nur dann, wenn zufällig der Beobach-
tung ein Thier zu Gute kommt, dessen Herz in Folge eines Bildungs-
fehlers ausserhalb des Brustkastens, in der Luft, gelegen ist (Hering).
Da diese Umstände den Beobachter ausser Stand setzen, Aufschluss zu
erhalten über die Einwirkungen des Brustkastens auf den Blutstrom in
den Lungen, so gewinnen wir augenscheinlich durch jene Versuche nur
Kenntnisse über einen Strom, der allein durch das Herz erregt ist. Aus
diesem Grunde ist es räthlich, neben den wirklich gefundenen Zahlen
immer auch ihr Verhältniss zu den gleichzeitig gefundenen Spannungs-
werthen in der a. carotis anzugeben.

Als Beutner den Druckmesser gleichzeitig in den art. pulmonalis und
carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mitteldrucks in der a. pulmo-
nalis zur a. carotis bei Kaninchen wie 1 : 4, bei Katzen wie 1 : 5, bei
Hunden wie 1 : 3. — In diesen Versuchen näherte sich die Spannung
in der a. carotis derjenigen sehr an, welche man auch bei uneröffneter
Brusthöhle erhält; darum darf angenommen werden, dass mindestens
die Herzkräfte keine Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Ein-
setzung der Canule in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar
die Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert.
Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu begehen,
behaupten, dass er eine über das gewöhnliche Mittel gesteigerte Span-
nung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herzkraft abhängig ist,
sich verglichen habe mit der annähernd normalen in der Carotis. —

Die absoluten Zahlen für den Mitteldruck betrugen an Kaninchen
22 MM., an Katzen 17 MM., an Hunden 29 MM. Quecksilber.

Beutner hat auch für einen Fall die Spannung in den Lungen-
venen der Katzen untersucht und sie zu 10 MM. Hg gefunden.

Hering, welcher seine Beobachtungen an einem Kalbe anstellte,
das die angegebene Bildungshemmung (ectopia cordis) zeigte, brachte
seine Messröhren unmittelbar in die linke und rechte Herzkammer. In
diesen Röhren, welche dicht von der Muskelsubstanz umschlossen wurden,
stieg die Flüssigkeit in einem Verhältniss von 1 : 1,7, die grössere Zahl
gehörte dem linken Ventrikel an.

Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lungen-
blutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können wir zur
Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen durch theoretische
Schlüsse über die Veränderungen, welche die Athembewegungen an dem
Verhalten der Gefässe erzeugen. Mit Rücksicht hierauf ist nun aber
zweierlei zu unterscheiden. Einmal nemlich ändert sich die Länge der
**)

*) Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift. N. F. II. Bd.
**) Archiv für physiolog. Heilkunde. IX. Bd.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0143" n="127"/><fw place="top" type="header">Spannungen in der kleinen Blutbahn.</fw><lb/>
ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den Lungen durch<lb/>
einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künstliche Athmung) er-<lb/>
halten wird (<hi rendition="#g">Beutner</hi>) <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Henle&#x2019;s</hi> und <hi rendition="#g">Pfeufer&#x2019;s</hi> Zeitschrift. N. F. II. Bd.</note>, oder nur dann, wenn zufällig der Beobach-<lb/>
tung ein Thier zu Gute kommt, dessen Herz in Folge eines Bildungs-<lb/>
fehlers ausserhalb des Brustkastens, in der Luft, gelegen ist (<hi rendition="#g">Hering</hi>).<lb/>
Da diese Umstände den Beobachter ausser Stand setzen, Aufschluss zu<lb/>
erhalten über die Einwirkungen des Brustkastens auf den Blutstrom in<lb/>
den Lungen, so gewinnen wir augenscheinlich durch jene Versuche nur<lb/>
Kenntnisse über einen Strom, der allein durch das Herz erregt ist. Aus<lb/>
diesem Grunde ist es räthlich, neben den wirklich gefundenen Zahlen<lb/>
immer auch ihr Verhältniss zu den gleichzeitig gefundenen Spannungs-<lb/>
werthen in der a. carotis anzugeben.</p><lb/>
            <p>Als <hi rendition="#g">Beutner</hi> den Druckmesser gleichzeitig in den art. pulmonalis und<lb/>
carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mitteldrucks in der a. pulmo-<lb/>
nalis zur a. carotis bei Kaninchen wie <hi rendition="#b">1</hi> : <hi rendition="#b">4</hi>, bei Katzen wie <hi rendition="#b">1</hi> : <hi rendition="#b">5</hi>, bei<lb/>
Hunden wie <hi rendition="#b">1</hi> : <hi rendition="#b">3</hi>. &#x2014; In diesen Versuchen näherte sich die Spannung<lb/>
in der a. carotis derjenigen sehr an, welche man auch bei uneröffneter<lb/>
Brusthöhle erhält; darum darf angenommen werden, dass mindestens<lb/>
die Herzkräfte keine Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Ein-<lb/>
setzung der Canule in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar<lb/>
die Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert.<lb/>
Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu begehen,<lb/>
behaupten, dass er eine über das gewöhnliche Mittel gesteigerte Span-<lb/>
nung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herzkraft abhängig ist,<lb/>
sich verglichen habe mit der annähernd normalen in der Carotis. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die absoluten Zahlen für den Mitteldruck betrugen an Kaninchen<lb/><hi rendition="#b">22 MM</hi>., an Katzen <hi rendition="#b">17 MM</hi>., an Hunden <hi rendition="#b">29 MM</hi>. Quecksilber.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Beutner</hi> hat auch für einen Fall die Spannung in den Lungen-<lb/>
venen der Katzen untersucht und sie zu <hi rendition="#b">10 MM</hi>. Hg gefunden.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Hering</hi>, welcher seine Beobachtungen an einem Kalbe anstellte,<lb/>
das die angegebene Bildungshemmung (ectopia cordis) zeigte, brachte<lb/>
seine Messröhren unmittelbar in die linke und rechte Herzkammer. In<lb/>
diesen Röhren, welche dicht von der Muskelsubstanz umschlossen wurden,<lb/>
stieg die Flüssigkeit in einem Verhältniss von <hi rendition="#b">1</hi> : <hi rendition="#b">1,7</hi>, die grössere Zahl<lb/>
gehörte dem linken Ventrikel an.</p><lb/>
            <p>Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lungen-<lb/>
blutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können wir zur<lb/>
Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen durch theoretische<lb/>
Schlüsse über die Veränderungen, welche die Athembewegungen an dem<lb/>
Verhalten der Gefässe erzeugen. Mit Rücksicht hierauf ist nun aber<lb/>
zweierlei zu unterscheiden. Einmal nemlich ändert sich die Länge der<lb/><note place="foot" n="**)">Archiv für physiolog. Heilkunde. IX. Bd.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0143] Spannungen in der kleinen Blutbahn. ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den Lungen durch einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künstliche Athmung) er- halten wird (Beutner) *), oder nur dann, wenn zufällig der Beobach- tung ein Thier zu Gute kommt, dessen Herz in Folge eines Bildungs- fehlers ausserhalb des Brustkastens, in der Luft, gelegen ist (Hering). Da diese Umstände den Beobachter ausser Stand setzen, Aufschluss zu erhalten über die Einwirkungen des Brustkastens auf den Blutstrom in den Lungen, so gewinnen wir augenscheinlich durch jene Versuche nur Kenntnisse über einen Strom, der allein durch das Herz erregt ist. Aus diesem Grunde ist es räthlich, neben den wirklich gefundenen Zahlen immer auch ihr Verhältniss zu den gleichzeitig gefundenen Spannungs- werthen in der a. carotis anzugeben. Als Beutner den Druckmesser gleichzeitig in den art. pulmonalis und carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mitteldrucks in der a. pulmo- nalis zur a. carotis bei Kaninchen wie 1 : 4, bei Katzen wie 1 : 5, bei Hunden wie 1 : 3. — In diesen Versuchen näherte sich die Spannung in der a. carotis derjenigen sehr an, welche man auch bei uneröffneter Brusthöhle erhält; darum darf angenommen werden, dass mindestens die Herzkräfte keine Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Ein- setzung der Canule in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar die Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert. Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu begehen, behaupten, dass er eine über das gewöhnliche Mittel gesteigerte Span- nung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herzkraft abhängig ist, sich verglichen habe mit der annähernd normalen in der Carotis. — Die absoluten Zahlen für den Mitteldruck betrugen an Kaninchen 22 MM., an Katzen 17 MM., an Hunden 29 MM. Quecksilber. Beutner hat auch für einen Fall die Spannung in den Lungen- venen der Katzen untersucht und sie zu 10 MM. Hg gefunden. Hering, welcher seine Beobachtungen an einem Kalbe anstellte, das die angegebene Bildungshemmung (ectopia cordis) zeigte, brachte seine Messröhren unmittelbar in die linke und rechte Herzkammer. In diesen Röhren, welche dicht von der Muskelsubstanz umschlossen wurden, stieg die Flüssigkeit in einem Verhältniss von 1 : 1,7, die grössere Zahl gehörte dem linken Ventrikel an. Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lungen- blutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können wir zur Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen durch theoretische Schlüsse über die Veränderungen, welche die Athembewegungen an dem Verhalten der Gefässe erzeugen. Mit Rücksicht hierauf ist nun aber zweierlei zu unterscheiden. Einmal nemlich ändert sich die Länge der **) *) Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift. N. F. II. Bd. **) Archiv für physiolog. Heilkunde. IX. Bd.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/143
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/143>, abgerufen am 21.11.2024.