Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.Knochen. in das aufgelagerte Gewebe eindringen. Da die Gefässe nach vollendeterVerkalkung noch bestehen bleiben, so ist mit diesen Angaben auch so- gleich die Entstehung der Gefässröhren erklärt. Ueber den Antheil, den die in der formlosen Masse liegenden Zellen an der Knochenbildung nehmen, herrscht dagegen Controverse. Bruch theilt denselben eine untergeordnete Bedeutung zu; er giebt an, dass in den Räumen zwi- schen Periost und Knochenoberfläche erhabene Streifen entstehen, welche sich netzförmig verbinden; die Lücken zwischen diesen Streifen sind weiter und enger, der Durchmesser der ersteren entspricht dem der spätern Gefässröhren, derjenige der kleineren aber dem Umfang der cen- tralen Höhlen der Knochenkörperchen, von diesen Höhlen gehen nun auch sogleich als feine Linien die hohlen Ausläufer hervor. Die Abla- gerung von Knochenmasse soll dann in den Streifen, nicht aber in den Lücken und Spalten geschehen; diejenigen Lücken, welche der centralen Höhle der spätern Knochenkörperchen entsprechen, sind mit einer klei- nen Zelle ausgefüllt. Im Gegensatz hierzu behauptet H. Meyer, dass die unter das Periost gelagerten Zellen annähernd die Form der Knor- pelzellen besitzen sollen und dass sie sich bei der beginnenden Verknö- cherung auch ähnlich den im Innern des Knorpels vorkommenden ver- halten. -- Virchow endlich sah aus jeder Zelle hohle Aeste hervor- treten, welche sich strahlenförmig nach allen Richtungen hin verbreiten und mit denen der benachbarten sich zu einem communizirenden Röh- rensystem verbinden; wenn die an ihren Wänden unmittelbar anliegende Grundmasse mit Kalk inkrustirt ist, so seien damit die Knochenkörper- chen hergestellt. Aus dem übereinstimmenden Theil der obigen Erfahrun- gen, welche zuerst von H. Meyer ausgesprochen sind, ist es möglich, ein Schema abzuleiten zur Erläuterung des Wachsthums der Röhren- [Abbildung]
Fig. 53. knochen. Wenn in (Fig. 53.) 1 2 2 1 den Primordialkno-chen, in welchem 2 2 das Mittel- und 1 2 die Endstücke und I II II I den erwachsenen Knochen darstellt, so muss a c c a durch Wachsthum und Verknöcherung des Knorpels entstanden sein, welcher Mittel- und Endstücke trennt, wäh- rend nur a b b a aus der Verknöcherung der Periostauflage- rung hervorgegangen ist. Damit wird auch die Behauptung von E. H. Weber *) bestätigt, dass das Wachsthum alter Knochen nach einer Richtung hin beendet sei mit der Verknöcherung der zwischen ihnen eingelagerten Knorpelstücke, also das Wachsthum der Schädel- und Wirbelhöhlen mit der Ver- knöcherung in den Nähten zwischen den Schädelknochen oder den Knorpelstücken zwischen Körper und Bogen, und ebenso das Längenwachsthum der Röhrenknochen mit der *) Hildebrandt's Anatomie. II. Bd. p. 40.
Knochen. in das aufgelagerte Gewebe eindringen. Da die Gefässe nach vollendeterVerkalkung noch bestehen bleiben, so ist mit diesen Angaben auch so- gleich die Entstehung der Gefässröhren erklärt. Ueber den Antheil, den die in der formlosen Masse liegenden Zellen an der Knochenbildung nehmen, herrscht dagegen Controverse. Bruch theilt denselben eine untergeordnete Bedeutung zu; er giebt an, dass in den Räumen zwi- schen Periost und Knochenoberfläche erhabene Streifen entstehen, welche sich netzförmig verbinden; die Lücken zwischen diesen Streifen sind weiter und enger, der Durchmesser der ersteren entspricht dem der spätern Gefässröhren, derjenige der kleineren aber dem Umfang der cen- tralen Höhlen der Knochenkörperchen, von diesen Höhlen gehen nun auch sogleich als feine Linien die hohlen Ausläufer hervor. Die Abla- gerung von Knochenmasse soll dann in den Streifen, nicht aber in den Lücken und Spalten geschehen; diejenigen Lücken, welche der centralen Höhle der spätern Knochenkörperchen entsprechen, sind mit einer klei- nen Zelle ausgefüllt. Im Gegensatz hierzu behauptet H. Meyer, dass die unter das Periost gelagerten Zellen annähernd die Form der Knor- pelzellen besitzen sollen und dass sie sich bei der beginnenden Verknö- cherung auch ähnlich den im Innern des Knorpels vorkommenden ver- halten. — Virchow endlich sah aus jeder Zelle hohle Aeste hervor- treten, welche sich strahlenförmig nach allen Richtungen hin verbreiten und mit denen der benachbarten sich zu einem communizirenden Röh- rensystem verbinden; wenn die an ihren Wänden unmittelbar anliegende Grundmasse mit Kalk inkrustirt ist, so seien damit die Knochenkörper- chen hergestellt. Aus dem übereinstimmenden Theil der obigen Erfahrun- gen, welche zuerst von H. Meyer ausgesprochen sind, ist es möglich, ein Schema abzuleiten zur Erläuterung des Wachsthums der Röhren- [Abbildung]
Fig. 53. knochen. Wenn in (Fig. 53.) 1 2 2 1 den Primordialkno-chen, in welchem 2 2 das Mittel- und 1 2 die Endstücke und I II II I den erwachsenen Knochen darstellt, so muss a c c a durch Wachsthum und Verknöcherung des Knorpels entstanden sein, welcher Mittel- und Endstücke trennt, wäh- rend nur a b b a aus der Verknöcherung der Periostauflage- rung hervorgegangen ist. Damit wird auch die Behauptung von E. H. Weber *) bestätigt, dass das Wachsthum alter Knochen nach einer Richtung hin beendet sei mit der Verknöcherung der zwischen ihnen eingelagerten Knorpelstücke, also das Wachsthum der Schädel- und Wirbelhöhlen mit der Ver- knöcherung in den Nähten zwischen den Schädelknochen oder den Knorpelstücken zwischen Körper und Bogen, und ebenso das Längenwachsthum der Röhrenknochen mit der *) Hildebrandt’s Anatomie. II. Bd. p. 40.
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Knochen.
in das aufgelagerte Gewebe eindringen. Da die Gefässe nach vollendeter
Verkalkung noch bestehen bleiben, so ist mit diesen Angaben auch so-
gleich die Entstehung der Gefässröhren erklärt. Ueber den Antheil, den
die in der formlosen Masse liegenden Zellen an der Knochenbildung
nehmen, herrscht dagegen Controverse. Bruch theilt denselben eine
untergeordnete Bedeutung zu; er giebt an, dass in den Räumen zwi-
schen Periost und Knochenoberfläche erhabene Streifen entstehen, welche
sich netzförmig verbinden; die Lücken zwischen diesen Streifen sind
weiter und enger, der Durchmesser der ersteren entspricht dem der
spätern Gefässröhren, derjenige der kleineren aber dem Umfang der cen-
tralen Höhlen der Knochenkörperchen, von diesen Höhlen gehen nun
auch sogleich als feine Linien die hohlen Ausläufer hervor. Die Abla-
gerung von Knochenmasse soll dann in den Streifen, nicht aber in den
Lücken und Spalten geschehen; diejenigen Lücken, welche der centralen
Höhle der spätern Knochenkörperchen entsprechen, sind mit einer klei-
nen Zelle ausgefüllt. Im Gegensatz hierzu behauptet H. Meyer, dass
die unter das Periost gelagerten Zellen annähernd die Form der Knor-
pelzellen besitzen sollen und dass sie sich bei der beginnenden Verknö-
cherung auch ähnlich den im Innern des Knorpels vorkommenden ver-
halten. — Virchow endlich sah aus jeder Zelle hohle Aeste hervor-
treten, welche sich strahlenförmig nach allen Richtungen hin verbreiten
und mit denen der benachbarten sich zu einem communizirenden Röh-
rensystem verbinden; wenn die an ihren Wänden unmittelbar anliegende
Grundmasse mit Kalk inkrustirt ist, so seien damit die Knochenkörper-
chen hergestellt. Aus dem übereinstimmenden Theil der obigen Erfahrun-
gen, welche zuerst von H. Meyer ausgesprochen sind, ist es möglich,
ein Schema abzuleiten zur Erläuterung des Wachsthums der Röhren-
[Abbildung Fig. 53.]
knochen. Wenn in (Fig. 53.) 1 2 2 1 den Primordialkno-
chen, in welchem 2 2 das Mittel- und 1 2 die Endstücke
und I II II I den erwachsenen Knochen darstellt, so muss
a c c a durch Wachsthum und Verknöcherung des Knorpels
entstanden sein, welcher Mittel- und Endstücke trennt, wäh-
rend nur a b b a aus der Verknöcherung der Periostauflage-
rung hervorgegangen ist. Damit wird auch die Behauptung von
E. H. Weber *) bestätigt, dass das Wachsthum alter Knochen
nach einer Richtung hin beendet sei mit der Verknöcherung
der zwischen ihnen eingelagerten Knorpelstücke, also das
Wachsthum der Schädel- und Wirbelhöhlen mit der Ver-
knöcherung in den Nähten zwischen den Schädelknochen
oder den Knorpelstücken zwischen Körper und Bogen, und
ebenso das Längenwachsthum der Röhrenknochen mit der
*) Hildebrandt’s Anatomie. II. Bd. p. 40.
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