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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Blutanalyse.

C. Gesammtblut.

1. Eine erschöpfende quantitative Analyse des Gesammtbluts kann
erst dann zur Ausführung kommen, wenn es gelungen ist, die Blutkör-
perchen von der Blutflüssigkeit scharf zu trennen und wenn uns nicht
allein alle Blutbestandtheile, sondern auch eine quantitative Bestimmungs-
methode jedes einzelnen bekannt ist. -- In Ermangelung einer solchen
begnügt man sich nun mit der annährend richtigen Bestimmung einzel-
ner Bestandtheile des Bluts, und namentlich ermittelt man den Wasser-
gehalt, die Summe der im kochenden Wasser unlöslichen Bestandtheile
(Hüllen der Blutkörperchen, Eiweissstoffe der Körperchen und der Flüs-
sigkeit mit eingeschlossenen Salzen), der in Aether, in kochendem Alko-
hol und in Wasser löslichen und der unverbrennlichen Bestandtheile.
Aus diesen Beobachtungen kann niemals die ganze Bedeutung des Bluts
und seiner Veränderungen gefunden werden. Damit ist nicht ausge-
schlossen, dass die Beobachtungsresultate über diesen oder jenen Punkt
Aufschluss gewähren.

Unter den Methoden zu den erwähnten Gewichtsbestimmungen zeichnet sich, nach
übereinstimmenden Angaben, das Verfahren von Prevost und Dumas, welches
Scherer *) verbessert hat, aus. Er fängt zwei Portionen Blut, jede von ungefähr
60 Gr. gesondert auf. Aus einer derselben gewinnt er Serum und bestimmt in diesem das
Wasser, das Eiweiss, die Extrakte und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche,
aus der andern das Wasser, den Faserstoff, das Gemenge der in kochendem Wasser
unlöslichen Bestandtheile der Blutkörperchen und des Serums, die Extracte, das Fett und
die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche im Gesammtblut. -- Indem er dann der
Annahme von Prevost und Dumas folgt, dass die Blutkörperchen aus unlöslichen
Stoffen bestehen, welche von Serum durchdrungen in dem Blute schwimmen, berech-
net er aus dem bekannten Wassergehalt des gesammten Bluts und des Serums diese
sogenannten Blutkörperchen. Obwohl schon dargethan ist, dass diese letztere Berech-
nung nicht mehr zulässig ist, so wollen wir doch noch einmal in ganz populärer
Form unsern Gegenbeweis wiederholen. Wenn die Flüssigkeit, welche die Blut-
scheiben durchtränkt, eine andere Zusammensetzung als die des Serums besitzt, so
kann aus dem bekannten Wassergehalt des Serums und des Blutes derjenige der
Blutkörperchen nicht abgeleitet werden. Offenbar nemlich kann z. B. ein Blut, das
in 100 Theilen 20 Theile Rückstand und dessen Serum in 100 Theilen 10 Theile
Rückstand lässt, auf millionfache Weise zusammengesetzt gedacht werden und so
u. A. einmal in der Art, dass 100 Theile aus 25 Theilen Serum und 75 Theilen Blut-
körperchen mit 23,33 pCt. Rückstand oder aus 75 Theilen Serum und 25 Theilen
Blutkörperchen mit 54,0 pCt. Rückstand bestehe. In beiden Fällen würde aber das
Serum 10 pCt. und das Gesammtblut 20 pCt. Rückstand gegeben haben. -- Dieser
Einwurf behauptet also, dass innerhalb eines Serums von gleicher Zusammensetzung
Blutkörperchen des allerverschiedenartigsten Wassergehaltes schwimmen können. --
Dieser Einwurf ist aber nicht im entferntesten unwahrscheinlich, einmal, weil ein
und dasselbe Blutkörperchen von seinem Auftreten in dem Blut bis zu seinem Ver-
schwinden wahrscheinlich mancherlei Umänderungen in seiner Zusammensetzung er-

*) Scherer, patholog. chemische Untersuchungen. Haesers Archiv 1848. -- A. Otto, Beitrag
zu den Analysen des gesunden Bluts. Würzburg 1848. -- Gorup-Besanerz. Vergleichende
Untersuchungen etc. Erlangen 1850.
Blutanalyse.

C. Gesammtblut.

1. Eine erschöpfende quantitative Analyse des Gesammtbluts kann
erst dann zur Ausführung kommen, wenn es gelungen ist, die Blutkör-
perchen von der Blutflüssigkeit scharf zu trennen und wenn uns nicht
allein alle Blutbestandtheile, sondern auch eine quantitative Bestimmungs-
methode jedes einzelnen bekannt ist. — In Ermangelung einer solchen
begnügt man sich nun mit der annährend richtigen Bestimmung einzel-
ner Bestandtheile des Bluts, und namentlich ermittelt man den Wasser-
gehalt, die Summe der im kochenden Wasser unlöslichen Bestandtheile
(Hüllen der Blutkörperchen, Eiweissstoffe der Körperchen und der Flüs-
sigkeit mit eingeschlossenen Salzen), der in Aether, in kochendem Alko-
hol und in Wasser löslichen und der unverbrennlichen Bestandtheile.
Aus diesen Beobachtungen kann niemals die ganze Bedeutung des Bluts
und seiner Veränderungen gefunden werden. Damit ist nicht ausge-
schlossen, dass die Beobachtungsresultate über diesen oder jenen Punkt
Aufschluss gewähren.

Unter den Methoden zu den erwähnten Gewichtsbestimmungen zeichnet sich, nach
übereinstimmenden Angaben, das Verfahren von Prevost und Dumas, welches
Scherer *) verbessert hat, aus. Er fängt zwei Portionen Blut, jede von ungefähr
60 Gr. gesondert auf. Aus einer derselben gewinnt er Serum und bestimmt in diesem das
Wasser, das Eiweiss, die Extrakte und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche,
aus der andern das Wasser, den Faserstoff, das Gemenge der in kochendem Wasser
unlöslichen Bestandtheile der Blutkörperchen und des Serums, die Extracte, das Fett und
die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche im Gesammtblut. — Indem er dann der
Annahme von Prevost und Dumas folgt, dass die Blutkörperchen aus unlöslichen
Stoffen bestehen, welche von Serum durchdrungen in dem Blute schwimmen, berech-
net er aus dem bekannten Wassergehalt des gesammten Bluts und des Serums diese
sogenannten Blutkörperchen. Obwohl schon dargethan ist, dass diese letztere Berech-
nung nicht mehr zulässig ist, so wollen wir doch noch einmal in ganz populärer
Form unsern Gegenbeweis wiederholen. Wenn die Flüssigkeit, welche die Blut-
scheiben durchtränkt, eine andere Zusammensetzung als die des Serums besitzt, so
kann aus dem bekannten Wassergehalt des Serums und des Blutes derjenige der
Blutkörperchen nicht abgeleitet werden. Offenbar nemlich kann z. B. ein Blut, das
in 100 Theilen 20 Theile Rückstand und dessen Serum in 100 Theilen 10 Theile
Rückstand lässt, auf millionfache Weise zusammengesetzt gedacht werden und so
u. A. einmal in der Art, dass 100 Theile aus 25 Theilen Serum und 75 Theilen Blut-
körperchen mit 23,33 pCt. Rückstand oder aus 75 Theilen Serum und 25 Theilen
Blutkörperchen mit 54,0 pCt. Rückstand bestehe. In beiden Fällen würde aber das
Serum 10 pCt. und das Gesammtblut 20 pCt. Rückstand gegeben haben. — Dieser
Einwurf behauptet also, dass innerhalb eines Serums von gleicher Zusammensetzung
Blutkörperchen des allerverschiedenartigsten Wassergehaltes schwimmen können. —
Dieser Einwurf ist aber nicht im entferntesten unwahrscheinlich, einmal, weil ein
und dasselbe Blutkörperchen von seinem Auftreten in dem Blut bis zu seinem Ver-
schwinden wahrscheinlich mancherlei Umänderungen in seiner Zusammensetzung er-

*) Scherer, patholog. chemische Untersuchungen. Haesers Archiv 1848. — A. Otto, Beitrag
zu den Analysen des gesunden Bluts. Würzburg 1848. — Gorup-Besanerz. Vergleichende
Untersuchungen etc. Erlangen 1850.
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[15/0031] Blutanalyse. C. Gesammtblut. 1. Eine erschöpfende quantitative Analyse des Gesammtbluts kann erst dann zur Ausführung kommen, wenn es gelungen ist, die Blutkör- perchen von der Blutflüssigkeit scharf zu trennen und wenn uns nicht allein alle Blutbestandtheile, sondern auch eine quantitative Bestimmungs- methode jedes einzelnen bekannt ist. — In Ermangelung einer solchen begnügt man sich nun mit der annährend richtigen Bestimmung einzel- ner Bestandtheile des Bluts, und namentlich ermittelt man den Wasser- gehalt, die Summe der im kochenden Wasser unlöslichen Bestandtheile (Hüllen der Blutkörperchen, Eiweissstoffe der Körperchen und der Flüs- sigkeit mit eingeschlossenen Salzen), der in Aether, in kochendem Alko- hol und in Wasser löslichen und der unverbrennlichen Bestandtheile. Aus diesen Beobachtungen kann niemals die ganze Bedeutung des Bluts und seiner Veränderungen gefunden werden. Damit ist nicht ausge- schlossen, dass die Beobachtungsresultate über diesen oder jenen Punkt Aufschluss gewähren. Unter den Methoden zu den erwähnten Gewichtsbestimmungen zeichnet sich, nach übereinstimmenden Angaben, das Verfahren von Prevost und Dumas, welches Scherer *) verbessert hat, aus. Er fängt zwei Portionen Blut, jede von ungefähr 60 Gr. gesondert auf. Aus einer derselben gewinnt er Serum und bestimmt in diesem das Wasser, das Eiweiss, die Extrakte und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche, aus der andern das Wasser, den Faserstoff, das Gemenge der in kochendem Wasser unlöslichen Bestandtheile der Blutkörperchen und des Serums, die Extracte, das Fett und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche im Gesammtblut. — Indem er dann der Annahme von Prevost und Dumas folgt, dass die Blutkörperchen aus unlöslichen Stoffen bestehen, welche von Serum durchdrungen in dem Blute schwimmen, berech- net er aus dem bekannten Wassergehalt des gesammten Bluts und des Serums diese sogenannten Blutkörperchen. Obwohl schon dargethan ist, dass diese letztere Berech- nung nicht mehr zulässig ist, so wollen wir doch noch einmal in ganz populärer Form unsern Gegenbeweis wiederholen. Wenn die Flüssigkeit, welche die Blut- scheiben durchtränkt, eine andere Zusammensetzung als die des Serums besitzt, so kann aus dem bekannten Wassergehalt des Serums und des Blutes derjenige der Blutkörperchen nicht abgeleitet werden. Offenbar nemlich kann z. B. ein Blut, das in 100 Theilen 20 Theile Rückstand und dessen Serum in 100 Theilen 10 Theile Rückstand lässt, auf millionfache Weise zusammengesetzt gedacht werden und so u. A. einmal in der Art, dass 100 Theile aus 25 Theilen Serum und 75 Theilen Blut- körperchen mit 23,33 pCt. Rückstand oder aus 75 Theilen Serum und 25 Theilen Blutkörperchen mit 54,0 pCt. Rückstand bestehe. In beiden Fällen würde aber das Serum 10 pCt. und das Gesammtblut 20 pCt. Rückstand gegeben haben. — Dieser Einwurf behauptet also, dass innerhalb eines Serums von gleicher Zusammensetzung Blutkörperchen des allerverschiedenartigsten Wassergehaltes schwimmen können. — Dieser Einwurf ist aber nicht im entferntesten unwahrscheinlich, einmal, weil ein und dasselbe Blutkörperchen von seinem Auftreten in dem Blut bis zu seinem Ver- schwinden wahrscheinlich mancherlei Umänderungen in seiner Zusammensetzung er- *) Scherer, patholog. chemische Untersuchungen. Haesers Archiv 1848. — A. Otto, Beitrag zu den Analysen des gesunden Bluts. Würzburg 1848. — Gorup-Besanerz. Vergleichende Untersuchungen etc. Erlangen 1850.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/31>, abgerufen am 03.12.2024.