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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ausstossung der Luft.
Rippenstellung darstellen. Diese Linie b g soll aber der Behauptung nach
kürzer als b e sein. Um dieses zu beweisen, verbinde man die End-
punkte e und g derselben durch e g, so dass man das Dreieck b g e er-
hält; in diesem liegt aber b e einem grösserern Winkel (b g e) gegenüber als
b g, also ist b e auch grösser als b g. -- d) Die Rumpfschulterblatt- und
Rumpfarmmuskeln können erst nach Feststellung des Schulterblattes und
Armes für die Auseinanderziehung des Thorax wirksam werden; wir
schliessen nun, dass sie diese Rolle wirklich übernehmen, daraus, weil
wir in der That bei tiefen und namentlich krampfhaften Inspirationen
Arm und Schulterblatt durch Anstemmen des Arms feststellen. Ihre
Wirkung bedarf weiterer Untersuchung, namentlich ist die oft behauptete
inspiratorische Wirkung des serratus ant. major sehr zweifelhaft.

Die Zusammenpressung der Brusthöhle wird bedingt durch die
elastischen Kräfte der Brust-, der Lungen- oder Bauchwand und des
Darminhalts und durch die Zusammenziehungen der mm. intercostales in-
terni, transversus und obliqui abdominis, serrati postici inferiores, ster-
nocostalis und der Beuger der Wirbelsäule, vor allem des rectus abdo-
minis. -- a) Schon früher wurde erwähnt (p. 99), dass die Wandungen
der Lungen durch den auf ihre inneren Flächen wirkenden Luftdruck wäh-
rend der ganzen Lebensdauer ausgedehnt sind. Dieses wird einfach dadurch
bewiesen, dass die Lungen auf einen kleineren Umfang zusammenfallen, wenn
man während des Lebens oder kurz nach dem Tode den Luftdruck auf den
beiden Wandflächen gleich macht, z. B. dadurch, dass man, während die
Stimmritze offen steht, den Pleurasack dem Luftzutritt bloslegt. Die Span-
nung, welche die ausgedehnte Lungenwand der in ihr vorhandenen Luft mit-
theilen kann, wenn man die Trachea luftdicht geschlossen und die äussere
Lungenfläche dem Zutritt der Luft geöffnet, ist veränderlich mit dem
Elastizitätscoeffizienten der Wandung, den Zuständen der kleinen Lungen-
muskeln und der Ausdehnung der Lunge (Carson, Donders).

Donders *) maass die Spannung der Lungenluft (die Federkraft der Lungen-
wand) dadurch, dass er in die Luftröhren einer sonst unversehrten Leiche ein ge-
bogenes, mit Quecksilber gefülltes Manometer einsetzte, und dann die Pleurahöhle
durch Anschneiden eines Intercostalraums öffnete. In diesem Fall, wo sich die
Lunge im Zustande einer tiefsten Exspiration, also in der geringsten Ausdehnung
fand, die sie während des Lebens einnimmt, trieb sie das Hg in dem Manometer
um 6 MM. in die Höhe. Als die Lunge darauf annähernd bis zu dem Umfang auf-
geblasen wurde, der ihr während der Inspiration zukommt, hielt die durch die Wand
erzeugte Spannung der Lungenluft 30 MM. Hg das Gleichgewicht.

Aus dieser Thatsache geht hervor, dass die elastischen Gebilde des
Lungengewebes der Inspiration eine Hemmung entgegensetzen und die
Exspiration befördern. -- b) Die Wände der Brust besitzen (I. Bd. 376.)
wegen der Steifigkeit und Befestigungsart der Rippen eine bestimmte

*) Handleiding. II. Bd. 393.

Ausstossung der Luft.
Rippenstellung darstellen. Diese Linie b g soll aber der Behauptung nach
kürzer als b e sein. Um dieses zu beweisen, verbinde man die End-
punkte e und g derselben durch e g, so dass man das Dreieck b g e er-
hält; in diesem liegt aber b e einem grösserern Winkel (b g e) gegenüber als
b g, also ist b e auch grösser als b g. — d) Die Rumpfschulterblatt- und
Rumpfarmmuskeln können erst nach Feststellung des Schulterblattes und
Armes für die Auseinanderziehung des Thorax wirksam werden; wir
schliessen nun, dass sie diese Rolle wirklich übernehmen, daraus, weil
wir in der That bei tiefen und namentlich krampfhaften Inspirationen
Arm und Schulterblatt durch Anstemmen des Arms feststellen. Ihre
Wirkung bedarf weiterer Untersuchung, namentlich ist die oft behauptete
inspiratorische Wirkung des serratus ant. major sehr zweifelhaft.

Die Zusammenpressung der Brusthöhle wird bedingt durch die
elastischen Kräfte der Brust-, der Lungen- oder Bauchwand und des
Darminhalts und durch die Zusammenziehungen der mm. intercostales in-
terni, transversus und obliqui abdominis, serrati postici inferiores, ster-
nocostalis und der Beuger der Wirbelsäule, vor allem des rectus abdo-
minis. — a) Schon früher wurde erwähnt (p. 99), dass die Wandungen
der Lungen durch den auf ihre inneren Flächen wirkenden Luftdruck wäh-
rend der ganzen Lebensdauer ausgedehnt sind. Dieses wird einfach dadurch
bewiesen, dass die Lungen auf einen kleineren Umfang zusammenfallen, wenn
man während des Lebens oder kurz nach dem Tode den Luftdruck auf den
beiden Wandflächen gleich macht, z. B. dadurch, dass man, während die
Stimmritze offen steht, den Pleurasack dem Luftzutritt bloslegt. Die Span-
nung, welche die ausgedehnte Lungenwand der in ihr vorhandenen Luft mit-
theilen kann, wenn man die Trachea luftdicht geschlossen und die äussere
Lungenfläche dem Zutritt der Luft geöffnet, ist veränderlich mit dem
Elastizitätscoeffizienten der Wandung, den Zuständen der kleinen Lungen-
muskeln und der Ausdehnung der Lunge (Carson, Donders).

Donders *) maass die Spannung der Lungenluft (die Federkraft der Lungen-
wand) dadurch, dass er in die Luftröhren einer sonst unversehrten Leiche ein ge-
bogenes, mit Quecksilber gefülltes Manometer einsetzte, und dann die Pleurahöhle
durch Anschneiden eines Intercostalraums öffnete. In diesem Fall, wo sich die
Lunge im Zustande einer tiefsten Exspiration, also in der geringsten Ausdehnung
fand, die sie während des Lebens einnimmt, trieb sie das Hg in dem Manometer
um 6 MM. in die Höhe. Als die Lunge darauf annähernd bis zu dem Umfang auf-
geblasen wurde, der ihr während der Inspiration zukommt, hielt die durch die Wand
erzeugte Spannung der Lungenluft 30 MM. Hg das Gleichgewicht.

Aus dieser Thatsache geht hervor, dass die elastischen Gebilde des
Lungengewebes der Inspiration eine Hemmung entgegensetzen und die
Exspiration befördern. — b) Die Wände der Brust besitzen (I. Bd. 376.)
wegen der Steifigkeit und Befestigungsart der Rippen eine bestimmte

*) Handleiding. II. Bd. 393.
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[309/0325] Ausstossung der Luft. Rippenstellung darstellen. Diese Linie b g soll aber der Behauptung nach kürzer als b e sein. Um dieses zu beweisen, verbinde man die End- punkte e und g derselben durch e g, so dass man das Dreieck b g e er- hält; in diesem liegt aber b e einem grösserern Winkel (b g e) gegenüber als b g, also ist b e auch grösser als b g. — d) Die Rumpfschulterblatt- und Rumpfarmmuskeln können erst nach Feststellung des Schulterblattes und Armes für die Auseinanderziehung des Thorax wirksam werden; wir schliessen nun, dass sie diese Rolle wirklich übernehmen, daraus, weil wir in der That bei tiefen und namentlich krampfhaften Inspirationen Arm und Schulterblatt durch Anstemmen des Arms feststellen. Ihre Wirkung bedarf weiterer Untersuchung, namentlich ist die oft behauptete inspiratorische Wirkung des serratus ant. major sehr zweifelhaft. Die Zusammenpressung der Brusthöhle wird bedingt durch die elastischen Kräfte der Brust-, der Lungen- oder Bauchwand und des Darminhalts und durch die Zusammenziehungen der mm. intercostales in- terni, transversus und obliqui abdominis, serrati postici inferiores, ster- nocostalis und der Beuger der Wirbelsäule, vor allem des rectus abdo- minis. — a) Schon früher wurde erwähnt (p. 99), dass die Wandungen der Lungen durch den auf ihre inneren Flächen wirkenden Luftdruck wäh- rend der ganzen Lebensdauer ausgedehnt sind. Dieses wird einfach dadurch bewiesen, dass die Lungen auf einen kleineren Umfang zusammenfallen, wenn man während des Lebens oder kurz nach dem Tode den Luftdruck auf den beiden Wandflächen gleich macht, z. B. dadurch, dass man, während die Stimmritze offen steht, den Pleurasack dem Luftzutritt bloslegt. Die Span- nung, welche die ausgedehnte Lungenwand der in ihr vorhandenen Luft mit- theilen kann, wenn man die Trachea luftdicht geschlossen und die äussere Lungenfläche dem Zutritt der Luft geöffnet, ist veränderlich mit dem Elastizitätscoeffizienten der Wandung, den Zuständen der kleinen Lungen- muskeln und der Ausdehnung der Lunge (Carson, Donders). Donders *) maass die Spannung der Lungenluft (die Federkraft der Lungen- wand) dadurch, dass er in die Luftröhren einer sonst unversehrten Leiche ein ge- bogenes, mit Quecksilber gefülltes Manometer einsetzte, und dann die Pleurahöhle durch Anschneiden eines Intercostalraums öffnete. In diesem Fall, wo sich die Lunge im Zustande einer tiefsten Exspiration, also in der geringsten Ausdehnung fand, die sie während des Lebens einnimmt, trieb sie das Hg in dem Manometer um 6 MM. in die Höhe. Als die Lunge darauf annähernd bis zu dem Umfang auf- geblasen wurde, der ihr während der Inspiration zukommt, hielt die durch die Wand erzeugte Spannung der Lungenluft 30 MM. Hg das Gleichgewicht. Aus dieser Thatsache geht hervor, dass die elastischen Gebilde des Lungengewebes der Inspiration eine Hemmung entgegensetzen und die Exspiration befördern. — b) Die Wände der Brust besitzen (I. Bd. 376.) wegen der Steifigkeit und Befestigungsart der Rippen eine bestimmte *) Handleiding. II. Bd. 393.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/325>, abgerufen am 21.11.2024.