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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Umsetzungsprodukte der Lungensäfte.
hervorgehen sollte. Die chemische Untersuchung der Lungen und des
Bluts hat diese Hypothese nicht bestätigt; sie hat im Gegentheil andere
Quellen des Brennmaterials aufgedeckt. -- Verdeil*) glaubte neulich in
dem Lungensaft eine besondere Säure nachgewiesen zu haben, welche
die kohlensauren Verbindungen des Lungenbluts zerlegen und auf diese
Weise die Entwickelung von CO2 bedingen sollte. Durch eine genauere
Untersuchung von Cloetta**) ist diese Angabe wiederlegt worden.
Er machte die Beobachtung, dass aus dem aus der Lunge gepressten
Saft drei krystallinische Körper erhalten werden können, von denen
einer unzweifelhaft Harnsäure ist; von den beiden andern enthält der
eine, welcher neutral ist, Stickstoff und der andere eine so schwache
Säure, dass sie CO2 nicht austreibt (die Verdeil'sche Säure?), Schwe-
fel und Stickstoff. Diese Erfahrungen, welche Cloetta im Augenblick
noch weiter verfolgt, geben auf eine merkwürdige chemische Umsetzung
in den Lungensäften Hinweisung.

B. Hautathmung.

1. Die Epidermis und das oberflächlichste Gefässnetz sind die ana-
tomischen Theile der Cutis, welche beim Hautathmen vorzüglich in Be-
tracht kommen. -- Die luft- und blutscheidende Epidermis ist für alle
bis dahin geprüften Gasarten durchgängig gefunden worden; diese Er-
fahrung ist wichtig, aber ungenügend; man wünscht noch zu wissen,
wie mit der Dicke, der relativen Mächtigkeit von Zellen- und Hornschicht,
der chemischen Zusammensetzung ihrer Quellungsflüssigkeiten, der Tem-
peratur die Absorptions- und Reibungscoeffizienten der Gase wechseln.

Das Blut, welches in das oberflächliche Netz der Cutis eingeht,
strömt dorthin aus den Gefässen, welche die Schweissdrüsen umschlingen,
und geht dann in die Hautvenen über. Der Durchmesser seines Bettes
in der Cutis ist sehr variabel, wie ohne Messung jeder weiss, der die
Farbe und Schwellung der Haut im Gedächtniss hat. Diese Veränder-
lichkeit ist abhängig von den Muskeln, welche in die Cutis (Haarbälge
u. s. w.) und in die Wandungen der Gefässe selbst eingelegt sind. --
Diese Muskeln ziehen sich zusammen nach einer vorgängigen Erregung
der Hautnerven (z. B. nach leidenschaftlichen Aufregungen u. s. w.) und
nach einer Abkühlung der Haut. Sie scheinen dagegen ihre Wider-
standsfähigkeit einzubüssen mit der steigenden Wärme. -- Die Zusam-
menziehung der Gefässmuskeln scheint, wenn man aus ihrer Anordnung
schliessen darf, immer eine Verengerung der Gefässe (Blasswerden der
Haut) nach sich zu ziehen. -- Die der andern Hautmuskeln aber keines-
wegs; denn wenn man sich durch schmerzhafte elektrische Schläge eine
Gänsehaut (die das sichere Zeichen der Hautmuskelerregung ist) bereitet

*) Compt. rend. XXIII. 604.
**) Züricher Mittheilungen. 1854. 404.

Umsetzungsprodukte der Lungensäfte.
hervorgehen sollte. Die chemische Untersuchung der Lungen und des
Bluts hat diese Hypothese nicht bestätigt; sie hat im Gegentheil andere
Quellen des Brennmaterials aufgedeckt. — Verdeil*) glaubte neulich in
dem Lungensaft eine besondere Säure nachgewiesen zu haben, welche
die kohlensauren Verbindungen des Lungenbluts zerlegen und auf diese
Weise die Entwickelung von CO2 bedingen sollte. Durch eine genauere
Untersuchung von Cloetta**) ist diese Angabe wiederlegt worden.
Er machte die Beobachtung, dass aus dem aus der Lunge gepressten
Saft drei krystallinische Körper erhalten werden können, von denen
einer unzweifelhaft Harnsäure ist; von den beiden andern enthält der
eine, welcher neutral ist, Stickstoff und der andere eine so schwache
Säure, dass sie CO2 nicht austreibt (die Verdeil’sche Säure?), Schwe-
fel und Stickstoff. Diese Erfahrungen, welche Cloetta im Augenblick
noch weiter verfolgt, geben auf eine merkwürdige chemische Umsetzung
in den Lungensäften Hinweisung.

B. Hautathmung.

1. Die Epidermis und das oberflächlichste Gefässnetz sind die ana-
tomischen Theile der Cutis, welche beim Hautathmen vorzüglich in Be-
tracht kommen. — Die luft- und blutscheidende Epidermis ist für alle
bis dahin geprüften Gasarten durchgängig gefunden worden; diese Er-
fahrung ist wichtig, aber ungenügend; man wünscht noch zu wissen,
wie mit der Dicke, der relativen Mächtigkeit von Zellen- und Hornschicht,
der chemischen Zusammensetzung ihrer Quellungsflüssigkeiten, der Tem-
peratur die Absorptions- und Reibungscoeffizienten der Gase wechseln.

Das Blut, welches in das oberflächliche Netz der Cutis eingeht,
strömt dorthin aus den Gefässen, welche die Schweissdrüsen umschlingen,
und geht dann in die Hautvenen über. Der Durchmesser seines Bettes
in der Cutis ist sehr variabel, wie ohne Messung jeder weiss, der die
Farbe und Schwellung der Haut im Gedächtniss hat. Diese Veränder-
lichkeit ist abhängig von den Muskeln, welche in die Cutis (Haarbälge
u. s. w.) und in die Wandungen der Gefässe selbst eingelegt sind. —
Diese Muskeln ziehen sich zusammen nach einer vorgängigen Erregung
der Hautnerven (z. B. nach leidenschaftlichen Aufregungen u. s. w.) und
nach einer Abkühlung der Haut. Sie scheinen dagegen ihre Wider-
standsfähigkeit einzubüssen mit der steigenden Wärme. — Die Zusam-
menziehung der Gefässmuskeln scheint, wenn man aus ihrer Anordnung
schliessen darf, immer eine Verengerung der Gefässe (Blasswerden der
Haut) nach sich zu ziehen. — Die der andern Hautmuskeln aber keines-
wegs; denn wenn man sich durch schmerzhafte elektrische Schläge eine
Gänsehaut (die das sichere Zeichen der Hautmuskelerregung ist) bereitet

*) Compt. rend. XXIII. 604.
**) Züricher Mittheilungen. 1854. 404.
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[352/0368] Umsetzungsprodukte der Lungensäfte. hervorgehen sollte. Die chemische Untersuchung der Lungen und des Bluts hat diese Hypothese nicht bestätigt; sie hat im Gegentheil andere Quellen des Brennmaterials aufgedeckt. — Verdeil *) glaubte neulich in dem Lungensaft eine besondere Säure nachgewiesen zu haben, welche die kohlensauren Verbindungen des Lungenbluts zerlegen und auf diese Weise die Entwickelung von CO2 bedingen sollte. Durch eine genauere Untersuchung von Cloetta **) ist diese Angabe wiederlegt worden. Er machte die Beobachtung, dass aus dem aus der Lunge gepressten Saft drei krystallinische Körper erhalten werden können, von denen einer unzweifelhaft Harnsäure ist; von den beiden andern enthält der eine, welcher neutral ist, Stickstoff und der andere eine so schwache Säure, dass sie CO2 nicht austreibt (die Verdeil’sche Säure?), Schwe- fel und Stickstoff. Diese Erfahrungen, welche Cloetta im Augenblick noch weiter verfolgt, geben auf eine merkwürdige chemische Umsetzung in den Lungensäften Hinweisung. B. Hautathmung. 1. Die Epidermis und das oberflächlichste Gefässnetz sind die ana- tomischen Theile der Cutis, welche beim Hautathmen vorzüglich in Be- tracht kommen. — Die luft- und blutscheidende Epidermis ist für alle bis dahin geprüften Gasarten durchgängig gefunden worden; diese Er- fahrung ist wichtig, aber ungenügend; man wünscht noch zu wissen, wie mit der Dicke, der relativen Mächtigkeit von Zellen- und Hornschicht, der chemischen Zusammensetzung ihrer Quellungsflüssigkeiten, der Tem- peratur die Absorptions- und Reibungscoeffizienten der Gase wechseln. Das Blut, welches in das oberflächliche Netz der Cutis eingeht, strömt dorthin aus den Gefässen, welche die Schweissdrüsen umschlingen, und geht dann in die Hautvenen über. Der Durchmesser seines Bettes in der Cutis ist sehr variabel, wie ohne Messung jeder weiss, der die Farbe und Schwellung der Haut im Gedächtniss hat. Diese Veränder- lichkeit ist abhängig von den Muskeln, welche in die Cutis (Haarbälge u. s. w.) und in die Wandungen der Gefässe selbst eingelegt sind. — Diese Muskeln ziehen sich zusammen nach einer vorgängigen Erregung der Hautnerven (z. B. nach leidenschaftlichen Aufregungen u. s. w.) und nach einer Abkühlung der Haut. Sie scheinen dagegen ihre Wider- standsfähigkeit einzubüssen mit der steigenden Wärme. — Die Zusam- menziehung der Gefässmuskeln scheint, wenn man aus ihrer Anordnung schliessen darf, immer eine Verengerung der Gefässe (Blasswerden der Haut) nach sich zu ziehen. — Die der andern Hautmuskeln aber keines- wegs; denn wenn man sich durch schmerzhafte elektrische Schläge eine Gänsehaut (die das sichere Zeichen der Hautmuskelerregung ist) bereitet *) Compt. rend. XXIII. 604. **) Züricher Mittheilungen. 1854. 404.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/368>, abgerufen am 21.11.2024.