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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Verdauung durch den Speichel.
wandungs- und Unterkieferspeichel schon nach wenigen Minuten eine
Umwandelung des Kleisters in Dextrin und von da aus in Traubenzucker
herbeiführt; bei einer dauernden Berührung beider Stoffe geht die Zucker-
gährung in die Milch- und Buttersäuregährung über.

Zur genaueren Bestimmung der Wirkung des gemischten Speichels
auf Amylon dienen noch folgende Angaben: a) Er greift nur das gekochte
nicht aber das rohe Stärkemehl an (Frerichs, Schröder), die dem
Amylon verwandten Stoffe, Rohrzucker, Gummi, Pektin, Cellulose, lässt er
unverändert (Frerichs). -- b) Die Umwandelung des Kleisters geht noch
von statten, wenn der alkalische Speichel neutralisirt wurde; ebensowenig
wird sie gehemmt durch einen Zusatz von SO3, CIH, NO5, Essigsäure,
saurem Magensaft bis zur stark sauren Reaktion (Frerichs). Ein sehr
bedeutender Säureüberschuss stört dagegen die Umsetzung; aus diesem
Grunde ist die Umwandelung beendet, wenn in Folge der weiter gehen-
den Zersetzung bedeutendere Mengen des Zuckers zu Milchsäure um-
geformt sind; in diesem Falle beginnt aber die Zuckerbildung von Neuem,
wenn die Säure mit Natron gesättigt wird (Cl. Bernard). -- c) Die
Stärkegährung wird nicht beeinträchtigt durch ein einmaliges Aufkochen
der Mischung, durch einen Alkoholzusatz, durch Beimengung von arseniger
Säure (Frerichs). -- d) Das sog. Ptyalin (v. Lehmann) ist für sich
angewendet nicht im Stande, die Zuckerbildung hervorzurufen.

Da den Erfahrungen von Bidder und Schmidt zu Folge der ge-
mischte Speichel sehr rasch, schon nach wenigen Minuten, einen Kleister-
brei theilweise in Zucker umsetzt, da ferner im Munde immer gemeng-
ter Speichel vorhanden ist, so folgt daraus, dass der Aufenthalt in der
Mundhöhle, wie er z. B. zum Zerkauen des Brodes nothwendig ist, hin-
reicht, um die Zuckerbildung einzuleiten. Diese Folgerung ist von Leh-
mann
und Schröder*) bestätigt worden, welche zwei Minuten nach
Einführung des Kleisters in den Mund Zucker auffanden. Rohes Stärke-
mehl wurde nicht umgewandelt.

2. Flüssigkeiten des Magens.

Diese bestehen, wie früher erwähnt, meist aus einem Gemenge von
Säften aus den Lab- und Schleimdrüsen des Magens und dem Speichel.
Obwohl die ersteren weder getrennt für sich noch gesondert vom Speichel
in einer zur chemischen Untersuchung hinreichenden Menge erhalten
werden können, so gelingt dieses doch behufs der Verdauungsversuche
mittelst eines Verfahrens, das wir Eberle verdanken.

Nach Eberle präparirt man zur Darstellung künstlichen Lab- und Schleimsaftes
ein Stück Magenschleimhaut, welches Lab- oder Schleimdrüsen enthält, heraus, wäscht
dasselbe sorgfältig mit Wasser ab und legt es dann in eine wässerige Lösung von
höchstens 1 pCt. Salzsäure. Die hiervon filtrirte Flüssigkeit ist der sog. künstliche

*) Lehmann, Physiolog. Chemie. III. Bd. p. 293. -- Schröder, l. c. p. 9.

Verdauung durch den Speichel.
wandungs- und Unterkieferspeichel schon nach wenigen Minuten eine
Umwandelung des Kleisters in Dextrin und von da aus in Traubenzucker
herbeiführt; bei einer dauernden Berührung beider Stoffe geht die Zucker-
gährung in die Milch- und Buttersäuregährung über.

Zur genaueren Bestimmung der Wirkung des gemischten Speichels
auf Amylon dienen noch folgende Angaben: a) Er greift nur das gekochte
nicht aber das rohe Stärkemehl an (Frerichs, Schröder), die dem
Amylon verwandten Stoffe, Rohrzucker, Gummi, Pektin, Cellulose, lässt er
unverändert (Frerichs). — b) Die Umwandelung des Kleisters geht noch
von statten, wenn der alkalische Speichel neutralisirt wurde; ebensowenig
wird sie gehemmt durch einen Zusatz von SO3, CIH, NO5, Essigsäure,
saurem Magensaft bis zur stark sauren Reaktion (Frerichs). Ein sehr
bedeutender Säureüberschuss stört dagegen die Umsetzung; aus diesem
Grunde ist die Umwandelung beendet, wenn in Folge der weiter gehen-
den Zersetzung bedeutendere Mengen des Zuckers zu Milchsäure um-
geformt sind; in diesem Falle beginnt aber die Zuckerbildung von Neuem,
wenn die Säure mit Natron gesättigt wird (Cl. Bernard). — c) Die
Stärkegährung wird nicht beeinträchtigt durch ein einmaliges Aufkochen
der Mischung, durch einen Alkoholzusatz, durch Beimengung von arseniger
Säure (Frerichs). — d) Das sog. Ptyalin (v. Lehmann) ist für sich
angewendet nicht im Stande, die Zuckerbildung hervorzurufen.

Da den Erfahrungen von Bidder und Schmidt zu Folge der ge-
mischte Speichel sehr rasch, schon nach wenigen Minuten, einen Kleister-
brei theilweise in Zucker umsetzt, da ferner im Munde immer gemeng-
ter Speichel vorhanden ist, so folgt daraus, dass der Aufenthalt in der
Mundhöhle, wie er z. B. zum Zerkauen des Brodes nothwendig ist, hin-
reicht, um die Zuckerbildung einzuleiten. Diese Folgerung ist von Leh-
mann
und Schröder*) bestätigt worden, welche zwei Minuten nach
Einführung des Kleisters in den Mund Zucker auffanden. Rohes Stärke-
mehl wurde nicht umgewandelt.

2. Flüssigkeiten des Magens.

Diese bestehen, wie früher erwähnt, meist aus einem Gemenge von
Säften aus den Lab- und Schleimdrüsen des Magens und dem Speichel.
Obwohl die ersteren weder getrennt für sich noch gesondert vom Speichel
in einer zur chemischen Untersuchung hinreichenden Menge erhalten
werden können, so gelingt dieses doch behufs der Verdauungsversuche
mittelst eines Verfahrens, das wir Eberle verdanken.

Nach Eberle präparirt man zur Darstellung künstlichen Lab- und Schleimsaftes
ein Stück Magenschleimhaut, welches Lab- oder Schleimdrüsen enthält, heraus, wäscht
dasselbe sorgfältig mit Wasser ab und legt es dann in eine wässerige Lösung von
höchstens 1 pCt. Salzsäure. Die hiervon filtrirte Flüssigkeit ist der sog. künstliche

*) Lehmann, Physiolog. Chemie. III. Bd. p. 293. — Schröder, l. c. p. 9.
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[404/0420] Verdauung durch den Speichel. wandungs- und Unterkieferspeichel schon nach wenigen Minuten eine Umwandelung des Kleisters in Dextrin und von da aus in Traubenzucker herbeiführt; bei einer dauernden Berührung beider Stoffe geht die Zucker- gährung in die Milch- und Buttersäuregährung über. Zur genaueren Bestimmung der Wirkung des gemischten Speichels auf Amylon dienen noch folgende Angaben: a) Er greift nur das gekochte nicht aber das rohe Stärkemehl an (Frerichs, Schröder), die dem Amylon verwandten Stoffe, Rohrzucker, Gummi, Pektin, Cellulose, lässt er unverändert (Frerichs). — b) Die Umwandelung des Kleisters geht noch von statten, wenn der alkalische Speichel neutralisirt wurde; ebensowenig wird sie gehemmt durch einen Zusatz von SO3, CIH, NO5, Essigsäure, saurem Magensaft bis zur stark sauren Reaktion (Frerichs). Ein sehr bedeutender Säureüberschuss stört dagegen die Umsetzung; aus diesem Grunde ist die Umwandelung beendet, wenn in Folge der weiter gehen- den Zersetzung bedeutendere Mengen des Zuckers zu Milchsäure um- geformt sind; in diesem Falle beginnt aber die Zuckerbildung von Neuem, wenn die Säure mit Natron gesättigt wird (Cl. Bernard). — c) Die Stärkegährung wird nicht beeinträchtigt durch ein einmaliges Aufkochen der Mischung, durch einen Alkoholzusatz, durch Beimengung von arseniger Säure (Frerichs). — d) Das sog. Ptyalin (v. Lehmann) ist für sich angewendet nicht im Stande, die Zuckerbildung hervorzurufen. Da den Erfahrungen von Bidder und Schmidt zu Folge der ge- mischte Speichel sehr rasch, schon nach wenigen Minuten, einen Kleister- brei theilweise in Zucker umsetzt, da ferner im Munde immer gemeng- ter Speichel vorhanden ist, so folgt daraus, dass der Aufenthalt in der Mundhöhle, wie er z. B. zum Zerkauen des Brodes nothwendig ist, hin- reicht, um die Zuckerbildung einzuleiten. Diese Folgerung ist von Leh- mann und Schröder *) bestätigt worden, welche zwei Minuten nach Einführung des Kleisters in den Mund Zucker auffanden. Rohes Stärke- mehl wurde nicht umgewandelt. 2. Flüssigkeiten des Magens. Diese bestehen, wie früher erwähnt, meist aus einem Gemenge von Säften aus den Lab- und Schleimdrüsen des Magens und dem Speichel. Obwohl die ersteren weder getrennt für sich noch gesondert vom Speichel in einer zur chemischen Untersuchung hinreichenden Menge erhalten werden können, so gelingt dieses doch behufs der Verdauungsversuche mittelst eines Verfahrens, das wir Eberle verdanken. Nach Eberle präparirt man zur Darstellung künstlichen Lab- und Schleimsaftes ein Stück Magenschleimhaut, welches Lab- oder Schleimdrüsen enthält, heraus, wäscht dasselbe sorgfältig mit Wasser ab und legt es dann in eine wässerige Lösung von höchstens 1 pCt. Salzsäure. Die hiervon filtrirte Flüssigkeit ist der sog. künstliche *) Lehmann, Physiolog. Chemie. III. Bd. p. 293. — Schröder, l. c. p. 9.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/420>, abgerufen am 22.11.2024.