In dem Rohr A B D wird nun der Strom, da er in einem über- all gleichweiten Bett fliesst eine Spannung annehmen, die annä- hernd vom Anfang bis zu Ende noch einer geraden Linie etwa wie a d abfällt; das einzige unbestimmte, welches nun noch bleibt, liegt in der Steilheit, mit welcher a d ab- steigt. Die Erfahrung hat nun dafür entschie- den (Volkmann), dass, wenn im unverstopften Rohr die Spannungscurve wie a b c d, sie im verstopften wie a d läuft, d. h. es ist nach der Verstopfung die Spannung in allen den Röhrenstücken, die zwischen der Einflussmündung und dem verstopften Orte liegen, erhöht, und es erstreckt sich diese Erhöhung auch noch ein Stück jen- seits der letzten Stelle; von da ab fällt dann die Spannung unter diejenige, welche der Strom im unverstopften Rohr besass. Die theoretische Rechtfertigung hierfür ist dadurch gegeben, dass die Stromgeschwindigkeit in dem unverstopften Rohr wegen der relativ geringeren Menge von Hemmungen grösser als in dem verstopften ist. Blei- ben sich aber in beiden Fällen die an der Einflussmündung wirkenden Kräfte gleich, so muss der Kraftantheil, der zuerst auf die Geschwindigkeit verwendet wurde, nun als Spannung auftreten.
Bei einigem Nachdenken dürfte es nun gelingen, auch andere verwickelte Fälle abzuleiten, wenn die Bedingungen derselben mit hinreichender Genauigkeit gege- ben sind.
5. Ströme durch elastische, leicht dehnbare Röhren*). Bis dahin sind nur Ströme durch Röhren in Betracht gezogen, deren Wandungen, wenn auch elastisch, doch so wenig ausdehnbar angenommen werden konnten, dass die Verän- derung des Durchmessers, welche sie durch die Spannung der strömenden Flüssig- keit erfuhren, vernachlässigt werden konnte. Anders verhalten sich die Ströme, welche im Rohr mit ausdehnharen Wandungen verlaufen. Indem wir zu diesen letz- tern übergehen, werden wir aber nicht, wie bisher, unsere Untersuchung beschrän- ken auf Ströme von einer während der Beobachtungsdauer gleichbleibenden Spannung und Geschwindigkeit, sondern zugleich Ströme, in denen diese beiden Eigenschaften veränderlich sind, in Betracht ziehen.
a. Gleichmässige Ströme in ausdehnbaren Röhren. Wenn wir vor- aussetzen, dass das elastische Rohr vor Beginn des Stroms in Ruhe gewesen sei, mit andern Worten, dass es den Durchmesser und die Länge angenommen habe, welche ihm in Folge seiner elastischen Kräfte zukommt, so muss mit dem Beginn des Stro- mes sich der Durchmesser und die Länge des Rohrs ändern, und zwar in Folge der Spannung, welche sich jedesmal in einer Flüssigkeit entwickelt, die sich in einem von Wandungen umgebenen Raum bewegt. Der Umfang dieser Ausdehnung wird
*) E. H. und W. Weber, Wellenlehre nach Versuchen. Leipzig 1825. -- H. Frey, Versuch einer Theorie der Wellenbewegung. Müllers Archiv. 1845. -- Volkmann, Haemodynamik. p. 80. -- E. H. Weber, Ueber Anwendung der Wellenlehre. Leipziger Berichte. Mathemat. physische Classe. 1851. 164.
Elastische Röhren.
[Abbildung]
Fig. 23.
In dem Rohr A B D wird nun der Strom, da er in einem über- all gleichweiten Bett fliesst eine Spannung annehmen, die annä- hernd vom Anfang bis zu Ende noch einer geraden Linie etwa wie a d abfällt; das einzige unbestimmte, welches nun noch bleibt, liegt in der Steilheit, mit welcher a d ab- steigt. Die Erfahrung hat nun dafür entschie- den (Volkmann), dass, wenn im unverstopften Rohr die Spannungscurve wie a b c d, sie im verstopften wie a d läuft, d. h. es ist nach der Verstopfung die Spannung in allen den Röhrenstücken, die zwischen der Einflussmündung und dem verstopften Orte liegen, erhöht, und es erstreckt sich diese Erhöhung auch noch ein Stück jen- seits der letzten Stelle; von da ab fällt dann die Spannung unter diejenige, welche der Strom im unverstopften Rohr besass. Die theoretische Rechtfertigung hierfür ist dadurch gegeben, dass die Stromgeschwindigkeit in dem unverstopften Rohr wegen der relativ geringeren Menge von Hemmungen grösser als in dem verstopften ist. Blei- ben sich aber in beiden Fällen die an der Einflussmündung wirkenden Kräfte gleich, so muss der Kraftantheil, der zuerst auf die Geschwindigkeit verwendet wurde, nun als Spannung auftreten.
Bei einigem Nachdenken dürfte es nun gelingen, auch andere verwickelte Fälle abzuleiten, wenn die Bedingungen derselben mit hinreichender Genauigkeit gege- ben sind.
5. Ströme durch elastische, leicht dehnbare Röhren*). Bis dahin sind nur Ströme durch Röhren in Betracht gezogen, deren Wandungen, wenn auch elastisch, doch so wenig ausdehnbar angenommen werden konnten, dass die Verän- derung des Durchmessers, welche sie durch die Spannung der strömenden Flüssig- keit erfuhren, vernachlässigt werden konnte. Anders verhalten sich die Ströme, welche im Rohr mit ausdehnharen Wandungen verlaufen. Indem wir zu diesen letz- tern übergehen, werden wir aber nicht, wie bisher, unsere Untersuchung beschrän- ken auf Ströme von einer während der Beobachtungsdauer gleichbleibenden Spannung und Geschwindigkeit, sondern zugleich Ströme, in denen diese beiden Eigenschaften veränderlich sind, in Betracht ziehen.
a. Gleichmässige Ströme in ausdehnbaren Röhren. Wenn wir vor- aussetzen, dass das elastische Rohr vor Beginn des Stroms in Ruhe gewesen sei, mit andern Worten, dass es den Durchmesser und die Länge angenommen habe, welche ihm in Folge seiner elastischen Kräfte zukommt, so muss mit dem Beginn des Stro- mes sich der Durchmesser und die Länge des Rohrs ändern, und zwar in Folge der Spannung, welche sich jedesmal in einer Flüssigkeit entwickelt, die sich in einem von Wandungen umgebenen Raum bewegt. Der Umfang dieser Ausdehnung wird
*) E. H. und W. Weber, Wellenlehre nach Versuchen. Leipzig 1825. — H. Frey, Versuch einer Theorie der Wellenbewegung. Müllers Archiv. 1845. — Volkmann, Haemodynamik. p. 80. — E. H. Weber, Ueber Anwendung der Wellenlehre. Leipziger Berichte. Mathemat. physische Classe. 1851. 164.
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[47/0063]
Elastische Röhren.
[Abbildung Fig. 23.]
In dem Rohr A B D
wird nun der Strom,
da er in einem über-
all gleichweiten Bett
fliesst eine Spannung
annehmen, die annä-
hernd vom Anfang bis
zu Ende noch einer
geraden Linie etwa
wie a d abfällt; das
einzige unbestimmte,
welches nun noch bleibt,
liegt in der Steilheit,
mit welcher a d ab-
steigt. Die Erfahrung
hat nun dafür entschie-
den (Volkmann), dass, wenn im unverstopften Rohr die Spannungscurve wie a b c d,
sie im verstopften wie a d läuft, d. h. es ist nach der Verstopfung die Spannung in
allen den Röhrenstücken, die zwischen der Einflussmündung und dem verstopften
Orte liegen, erhöht, und es erstreckt sich diese Erhöhung auch noch ein Stück jen-
seits der letzten Stelle; von da ab fällt dann die Spannung unter diejenige, welche
der Strom im unverstopften Rohr besass. Die theoretische Rechtfertigung hierfür ist
dadurch gegeben, dass die Stromgeschwindigkeit in dem unverstopften Rohr wegen
der relativ geringeren Menge von Hemmungen grösser als in dem verstopften ist. Blei-
ben sich aber in beiden Fällen die an der Einflussmündung wirkenden Kräfte gleich,
so muss der Kraftantheil, der zuerst auf die Geschwindigkeit verwendet wurde, nun
als Spannung auftreten.
Bei einigem Nachdenken dürfte es nun gelingen, auch andere verwickelte Fälle
abzuleiten, wenn die Bedingungen derselben mit hinreichender Genauigkeit gege-
ben sind.
5. Ströme durch elastische, leicht dehnbare Röhren *). Bis dahin
sind nur Ströme durch Röhren in Betracht gezogen, deren Wandungen, wenn auch
elastisch, doch so wenig ausdehnbar angenommen werden konnten, dass die Verän-
derung des Durchmessers, welche sie durch die Spannung der strömenden Flüssig-
keit erfuhren, vernachlässigt werden konnte. Anders verhalten sich die Ströme,
welche im Rohr mit ausdehnharen Wandungen verlaufen. Indem wir zu diesen letz-
tern übergehen, werden wir aber nicht, wie bisher, unsere Untersuchung beschrän-
ken auf Ströme von einer während der Beobachtungsdauer gleichbleibenden Spannung
und Geschwindigkeit, sondern zugleich Ströme, in denen diese beiden Eigenschaften
veränderlich sind, in Betracht ziehen.
a. Gleichmässige Ströme in ausdehnbaren Röhren. Wenn wir vor-
aussetzen, dass das elastische Rohr vor Beginn des Stroms in Ruhe gewesen sei, mit
andern Worten, dass es den Durchmesser und die Länge angenommen habe, welche
ihm in Folge seiner elastischen Kräfte zukommt, so muss mit dem Beginn des Stro-
mes sich der Durchmesser und die Länge des Rohrs ändern, und zwar in Folge der
Spannung, welche sich jedesmal in einer Flüssigkeit entwickelt, die sich in einem
von Wandungen umgebenen Raum bewegt. Der Umfang dieser Ausdehnung wird
*) E. H. und W. Weber, Wellenlehre nach Versuchen. Leipzig 1825. — H. Frey, Versuch einer
Theorie der Wellenbewegung. Müllers Archiv. 1845. — Volkmann, Haemodynamik.
p. 80. — E. H. Weber, Ueber Anwendung der Wellenlehre. Leipziger Berichte. Mathemat.
physische Classe. 1851. 164.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/63>, abgerufen am 17.02.2025.
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