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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Herzstoss.
schlaffen und weichen Wandungen den nicht zusammengezogenen Kammern
innerhalb weiter Grenzen gestatten, verändernden Einflüssen zu folgen,
und dass die letzteren insbesondere in dem menschlichen Brustraum ge-
formt werden durch den Druck des einströmenden Bluts, die eigene
Schwere und die drückenden und ziehenden Wirkungen der umgebenden
Brustwand. Nehmen unter diesen Einwirkungen die einzelnen Theile
eine andere Lage zu einander an, als sie ihnen durch die Zusammen-
ziehung des Herzens geboten wird, und stellen sich zugleich die Brust-
wandungen den Formveränderungen entgegen, welche das Herz in Folge sei-
ner Zusammenziehung anzunehmen strebt, so wird letzteres bei seiner Ver-
kürzerung, wenn es sonst nicht ausweichen kann, die Brustwand vor sich
hertreiben. Dieser Druck gegen den Zwischenrippenraum wird, alles
übrige gleichgesetzt, um so fühlbarer sein, je inniger sich das Herz an die
Brust anlegt; aus diesem Grund wird in der Inspiration (wobei die Lun-
gen die vordere Herzfläche zum grossen Theil von der Brustwand trennen),
der Stoss diese letzteren weniger heftig treffen, als in der Exspiration. --
Nach den von Kiwisch, Jos. Meyer u. A. gemachten Angaben und aus
der bekannten Form des zusammengezogenen Herzens muss man sich das
[Abbildung] Fig. 37.
Zustandekommen des Herzstos-
ses nun auf folgende Art den-
ken. -- a. Stoss durch die
Kammerbasis
. Das schlaffe
Herz wird durch die Brustwan-
dung (Fig. 37.) B B so zusam-
mengedrückt, dass seine Peri-
pherie eine Ellipse H H dar-
stellt, deren kleiner Durchmes-
ser kürzer ist, als derjenige des
Kreises K, welchen der Kammer-
grund bei seiner Zusammen-
ziehung einzunehmen strebt; es muss dieser also die Brustwand auf-
wölben. Auf diese Art hat Fr. Arnold zuerst den Herzstoss erklärt. --
b. Spitzenstoss. Drückt dagegen (Fig. 38.) die Brustwandung die
Herzspitze während der Erschlaffung nach unten und hinten, so dass
sie nicht mehr senkrecht über dem Mittelpunkt der Kammerbasis steht,
so wird, indem bei der Zusammenziehung die Herzform aus H H S in
H H P überzugehen sucht, die Spitze sich gegen die Brustwand mit Ge-
walt andrängen (C. Ludwig).

Ausser dieser Erhebung der Längenachse des Herzens erwähnt man auch noch Dre-
hungen der Querachse, welche nach Eröffnung der Brusthöhlen oder abnormen Lage-
rungen des Herzens vor der Brustwand beobachtet wurden. Es ist zweifelhaft, ob
sie in der geschlossenen Brusthöhle und bei normal gelagerten Herzen sich ereignen.
Bei Thieren könnten Versuche mit Nadeln darüber Aufschluss geben. Siehe über die-
sen Punkt die Lehrbücher von J. Müller, Valentin, Donders.

Herzstoss.
schlaffen und weichen Wandungen den nicht zusammengezogenen Kammern
innerhalb weiter Grenzen gestatten, verändernden Einflüssen zu folgen,
und dass die letzteren insbesondere in dem menschlichen Brustraum ge-
formt werden durch den Druck des einströmenden Bluts, die eigene
Schwere und die drückenden und ziehenden Wirkungen der umgebenden
Brustwand. Nehmen unter diesen Einwirkungen die einzelnen Theile
eine andere Lage zu einander an, als sie ihnen durch die Zusammen-
ziehung des Herzens geboten wird, und stellen sich zugleich die Brust-
wandungen den Formveränderungen entgegen, welche das Herz in Folge sei-
ner Zusammenziehung anzunehmen strebt, so wird letzteres bei seiner Ver-
kürzerung, wenn es sonst nicht ausweichen kann, die Brustwand vor sich
hertreiben. Dieser Druck gegen den Zwischenrippenraum wird, alles
übrige gleichgesetzt, um so fühlbarer sein, je inniger sich das Herz an die
Brust anlegt; aus diesem Grund wird in der Inspiration (wobei die Lun-
gen die vordere Herzfläche zum grossen Theil von der Brustwand trennen),
der Stoss diese letzteren weniger heftig treffen, als in der Exspiration. —
Nach den von Kiwisch, Jos. Meyer u. A. gemachten Angaben und aus
der bekannten Form des zusammengezogenen Herzens muss man sich das
[Abbildung] Fig. 37.
Zustandekommen des Herzstos-
ses nun auf folgende Art den-
ken. — a. Stoss durch die
Kammerbasis
. Das schlaffe
Herz wird durch die Brustwan-
dung (Fig. 37.) B B so zusam-
mengedrückt, dass seine Peri-
pherie eine Ellipse H H dar-
stellt, deren kleiner Durchmes-
ser kürzer ist, als derjenige des
Kreises K, welchen der Kammer-
grund bei seiner Zusammen-
ziehung einzunehmen strebt; es muss dieser also die Brustwand auf-
wölben. Auf diese Art hat Fr. Arnold zuerst den Herzstoss erklärt. —
b. Spitzenstoss. Drückt dagegen (Fig. 38.) die Brustwandung die
Herzspitze während der Erschlaffung nach unten und hinten, so dass
sie nicht mehr senkrecht über dem Mittelpunkt der Kammerbasis steht,
so wird, indem bei der Zusammenziehung die Herzform aus H H S in
H H P überzugehen sucht, die Spitze sich gegen die Brustwand mit Ge-
walt andrängen (C. Ludwig).

Ausser dieser Erhebung der Längenachse des Herzens erwähnt man auch noch Dre-
hungen der Querachse, welche nach Eröffnung der Brusthöhlen oder abnormen Lage-
rungen des Herzens vor der Brustwand beobachtet wurden. Es ist zweifelhaft, ob
sie in der geschlossenen Brusthöhle und bei normal gelagerten Herzen sich ereignen.
Bei Thieren könnten Versuche mit Nadeln darüber Aufschluss geben. Siehe über die-
sen Punkt die Lehrbücher von J. Müller, Valentin, Donders.

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[63/0079] Herzstoss. schlaffen und weichen Wandungen den nicht zusammengezogenen Kammern innerhalb weiter Grenzen gestatten, verändernden Einflüssen zu folgen, und dass die letzteren insbesondere in dem menschlichen Brustraum ge- formt werden durch den Druck des einströmenden Bluts, die eigene Schwere und die drückenden und ziehenden Wirkungen der umgebenden Brustwand. Nehmen unter diesen Einwirkungen die einzelnen Theile eine andere Lage zu einander an, als sie ihnen durch die Zusammen- ziehung des Herzens geboten wird, und stellen sich zugleich die Brust- wandungen den Formveränderungen entgegen, welche das Herz in Folge sei- ner Zusammenziehung anzunehmen strebt, so wird letzteres bei seiner Ver- kürzerung, wenn es sonst nicht ausweichen kann, die Brustwand vor sich hertreiben. Dieser Druck gegen den Zwischenrippenraum wird, alles übrige gleichgesetzt, um so fühlbarer sein, je inniger sich das Herz an die Brust anlegt; aus diesem Grund wird in der Inspiration (wobei die Lun- gen die vordere Herzfläche zum grossen Theil von der Brustwand trennen), der Stoss diese letzteren weniger heftig treffen, als in der Exspiration. — Nach den von Kiwisch, Jos. Meyer u. A. gemachten Angaben und aus der bekannten Form des zusammengezogenen Herzens muss man sich das [Abbildung Fig. 37.] Zustandekommen des Herzstos- ses nun auf folgende Art den- ken. — a. Stoss durch die Kammerbasis. Das schlaffe Herz wird durch die Brustwan- dung (Fig. 37.) B B so zusam- mengedrückt, dass seine Peri- pherie eine Ellipse H H dar- stellt, deren kleiner Durchmes- ser kürzer ist, als derjenige des Kreises K, welchen der Kammer- grund bei seiner Zusammen- ziehung einzunehmen strebt; es muss dieser also die Brustwand auf- wölben. Auf diese Art hat Fr. Arnold zuerst den Herzstoss erklärt. — b. Spitzenstoss. Drückt dagegen (Fig. 38.) die Brustwandung die Herzspitze während der Erschlaffung nach unten und hinten, so dass sie nicht mehr senkrecht über dem Mittelpunkt der Kammerbasis steht, so wird, indem bei der Zusammenziehung die Herzform aus H H S in H H P überzugehen sucht, die Spitze sich gegen die Brustwand mit Ge- walt andrängen (C. Ludwig). Ausser dieser Erhebung der Längenachse des Herzens erwähnt man auch noch Dre- hungen der Querachse, welche nach Eröffnung der Brusthöhlen oder abnormen Lage- rungen des Herzens vor der Brustwand beobachtet wurden. Es ist zweifelhaft, ob sie in der geschlossenen Brusthöhle und bei normal gelagerten Herzen sich ereignen. Bei Thieren könnten Versuche mit Nadeln darüber Aufschluss geben. Siehe über die- sen Punkt die Lehrbücher von J. Müller, Valentin, Donders.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/79>, abgerufen am 27.11.2024.