Lüders, Else: Das Interesse des Staates am Frauenstimmrecht. Berlin, 1908.Erfüllung unserer speziellen Frauenforderungen ist unser egoisti- Unser großer Vorkämpfer John Stuart Mill sieht in der Erfüllung unserer speziellen Frauenforderungen ist unser egoisti- Unser großer Vorkämpfer John Stuart Mill sieht in der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0011" n="8"/> Erfüllung unserer speziellen Frauenforderungen ist unser <hi rendition="#g">egoisti-<lb/> sches</hi> Jnteresse am Frauenstimmrecht – und so berechtigt auch<lb/> diese Art Egoismus ist, höher steht das Jnteresse des Ganzen<lb/> und darum müssen wir, um die Berechtigung unserer Forderung<lb/> zu beweisen, auch darlegen, wie das Frauenstimmrecht dem<lb/><hi rendition="#g">Volksganzen</hi> dienen wird.</p><lb/> <p> Unser großer Vorkämpfer John Stuart Mill sieht in der<lb/> Gleichberechtigung und der politischen Befreiung der Frau; „die<lb/> Verdoppelung der dem Dienst der Menschheit zu Gebote stehenden<lb/> Summe der geistigen Kräfte “. Nicht eine Verdrängung des<lb/> männlichen Geistes, der männlichen Arbeit soll eintreten, sondern<lb/> im Gegenteil eine Ergänzung – und dadurch vielleicht <hi rendition="#g">mehr</hi><lb/> als eine Verdoppelung, wie es oft im Leben bei gemeinsamem<lb/> Wirken geschieht, wenn einer den andern anfeuert und anregt.<lb/> Wenn wir die Arbeit betrachten, die in den Parlamenten, der<lb/> Städte und des Staates, in den Verwaltungen und Ministerien<lb/> (wir verlangen nämlich die Gleichberechtigung der Frauen auch<lb/> dort!) geleistet wird, so werden wir einzelne Gebiete finden, in<lb/> denen die Frauen die <hi rendition="#g">Lernenden</hi> sein müssen, oder die<lb/> vielleicht ganz den Männern überlassen bleiben. Das sind z. B.<lb/> die Arbeiten betreffend die Heer- und Marineverhältnisse des<lb/> Staates, die Finanzfrage, das große wirtschaftliche Problem:<lb/> hie Schutzzoll, hie Freihandel und ähnliches mehr. Jch sage<lb/> nicht, daß sich Frauen nicht auch in diese Gebiete ein-<lb/> arbeiten könnten, ich rechne nur mit dem gegenwärtigen Frauen-<lb/> material, selbst mit den in der Frauenbewegung organisierten<lb/> Frauen. Dem gegenüber aber stehen andere große wichtige Ge-<lb/> biete, auf denen die Frau eine unentbehrliche Mitarbeiterin des<lb/> Mannes ist, ja, auf denen sie die Führerin und Leiterin in der<lb/> Gesetzgebung sein könnte und sein müßte. Brauche ich diese<lb/> großen Gebiete zu nennen? Unsere Frauenbewegung mit ihren<lb/> verschiedenen spezialisierten Arbeitsgebieten zeigt, was die Frauen<lb/> wollen – und zeigt, was Frauen auf diesen Gebieten leisten,<lb/> selbst unter dem alles erschwerenden Umstand der politischen<lb/> Rechtlosigkeit. Da ist das weite große Gebiet der Sozialpolitik<lb/> mit seinen mannigfachen Unterabteilungen, wie Wohnungsfrage,<lb/> Arbeiterinnenschutz, Kampf gegen das Elend der Heimarbeit; da<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0011]
Erfüllung unserer speziellen Frauenforderungen ist unser egoisti-
sches Jnteresse am Frauenstimmrecht – und so berechtigt auch
diese Art Egoismus ist, höher steht das Jnteresse des Ganzen
und darum müssen wir, um die Berechtigung unserer Forderung
zu beweisen, auch darlegen, wie das Frauenstimmrecht dem
Volksganzen dienen wird.
Unser großer Vorkämpfer John Stuart Mill sieht in der
Gleichberechtigung und der politischen Befreiung der Frau; „die
Verdoppelung der dem Dienst der Menschheit zu Gebote stehenden
Summe der geistigen Kräfte “. Nicht eine Verdrängung des
männlichen Geistes, der männlichen Arbeit soll eintreten, sondern
im Gegenteil eine Ergänzung – und dadurch vielleicht mehr
als eine Verdoppelung, wie es oft im Leben bei gemeinsamem
Wirken geschieht, wenn einer den andern anfeuert und anregt.
Wenn wir die Arbeit betrachten, die in den Parlamenten, der
Städte und des Staates, in den Verwaltungen und Ministerien
(wir verlangen nämlich die Gleichberechtigung der Frauen auch
dort!) geleistet wird, so werden wir einzelne Gebiete finden, in
denen die Frauen die Lernenden sein müssen, oder die
vielleicht ganz den Männern überlassen bleiben. Das sind z. B.
die Arbeiten betreffend die Heer- und Marineverhältnisse des
Staates, die Finanzfrage, das große wirtschaftliche Problem:
hie Schutzzoll, hie Freihandel und ähnliches mehr. Jch sage
nicht, daß sich Frauen nicht auch in diese Gebiete ein-
arbeiten könnten, ich rechne nur mit dem gegenwärtigen Frauen-
material, selbst mit den in der Frauenbewegung organisierten
Frauen. Dem gegenüber aber stehen andere große wichtige Ge-
biete, auf denen die Frau eine unentbehrliche Mitarbeiterin des
Mannes ist, ja, auf denen sie die Führerin und Leiterin in der
Gesetzgebung sein könnte und sein müßte. Brauche ich diese
großen Gebiete zu nennen? Unsere Frauenbewegung mit ihren
verschiedenen spezialisierten Arbeitsgebieten zeigt, was die Frauen
wollen – und zeigt, was Frauen auf diesen Gebieten leisten,
selbst unter dem alles erschwerenden Umstand der politischen
Rechtlosigkeit. Da ist das weite große Gebiet der Sozialpolitik
mit seinen mannigfachen Unterabteilungen, wie Wohnungsfrage,
Arbeiterinnenschutz, Kampf gegen das Elend der Heimarbeit; da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-08-18T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-08-18T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |