Lüders, Else: Das Interesse des Staates am Frauenstimmrecht. Berlin, 1908.Daß wir Frauen das Stimmrecht dringend notwendig Das Jnteresse des Staates am Frauenstimmrecht zu be- Daß wir Frauen das Stimmrecht dringend notwendig Das Jnteresse des Staates am Frauenstimmrecht zu be- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0006" n="[3]"/> <div> <p><hi rendition="#in">D</hi>aß wir <hi rendition="#g">Frauen</hi> das Stimmrecht dringend notwendig<lb/> gebrauchen, daß wir sowohl in unsern persönlichen Verhältnissen,<lb/> wie auch auf wirtschaftlichem Gebiet auf Schritt und Tritt ge-<lb/> hemmt und Ungerechtigkeiten ausgesetzt sind, <hi rendition="#g">ohne</hi> diesen Ein-<lb/> fluß auf die Gesetzgebung, muß selbst von <hi rendition="#g">Gegnern</hi> des<lb/> Frauenstimmrechts zugegeben werden. Aber man verhängt mit<lb/> seelenruhigem Gewissen diese Ungerechtigkeit über uns, weil man<lb/> das <hi rendition="#g">Höhere</hi>, das Staatswohl im Auge hat, und für den<lb/> Staat bedeutet das Frauenstimmrecht in den Augen vieler ja<lb/> bekanntlich einen unerhörten Schrecken. Aber wir überzeugten<lb/> Anhänger des Frauenstimmrechts wissen, daß wir das Stimm-<lb/> recht nicht nur aus <hi rendition="#g">egoistischem Jnteresse</hi>, um unser<lb/> selbst willen verlangen, daß wir nicht nur die Nehmenden,<lb/> sondern daß die Frauen vielmehr die <hi rendition="#g">Gebenden</hi> sein werden,<lb/> wenn einst die Zeit naht, wo diese Forderung der Gerechtigkeit<lb/> erfüllt wird.</p><lb/> <p>Das Jnteresse des <hi rendition="#g">Staates</hi> am Frauenstimmrecht zu be-<lb/> gründen, ist allerdings mit einigen Schwierigkeiten verknüpft zu<lb/> einer Zeit und in einem Staate, in dem noch nicht einmal das<lb/> allgemeine Wahlrecht der <hi rendition="#g">Männer</hi> zu bestrittenen Grundrechten<lb/> des Volkes gehört. Stehen doch namentlich wir Preußen hin-<lb/> sichtlich des Wahlrechts tief unter den uns umgebenden Kultur-<lb/> ländern England, Frankreich, Schweiz und seit kurzem auch<lb/> Oesterreich– besteht doch in unserm deutschen <choice><sic>Vatlande</sic><corr>Vaterlande</corr></choice> das<lb/> schreiende Mißverhältnis, daß der deutsche Reichstag nach dem<lb/> allgemeinen Wahlrecht gewählt wird, und daß in dem größten,<lb/> einflußreichsten Preußen ein Wahlrecht besteht, welches der<lb/>   </p> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0006]
Daß wir Frauen das Stimmrecht dringend notwendig
gebrauchen, daß wir sowohl in unsern persönlichen Verhältnissen,
wie auch auf wirtschaftlichem Gebiet auf Schritt und Tritt ge-
hemmt und Ungerechtigkeiten ausgesetzt sind, ohne diesen Ein-
fluß auf die Gesetzgebung, muß selbst von Gegnern des
Frauenstimmrechts zugegeben werden. Aber man verhängt mit
seelenruhigem Gewissen diese Ungerechtigkeit über uns, weil man
das Höhere, das Staatswohl im Auge hat, und für den
Staat bedeutet das Frauenstimmrecht in den Augen vieler ja
bekanntlich einen unerhörten Schrecken. Aber wir überzeugten
Anhänger des Frauenstimmrechts wissen, daß wir das Stimm-
recht nicht nur aus egoistischem Jnteresse, um unser
selbst willen verlangen, daß wir nicht nur die Nehmenden,
sondern daß die Frauen vielmehr die Gebenden sein werden,
wenn einst die Zeit naht, wo diese Forderung der Gerechtigkeit
erfüllt wird.
Das Jnteresse des Staates am Frauenstimmrecht zu be-
gründen, ist allerdings mit einigen Schwierigkeiten verknüpft zu
einer Zeit und in einem Staate, in dem noch nicht einmal das
allgemeine Wahlrecht der Männer zu bestrittenen Grundrechten
des Volkes gehört. Stehen doch namentlich wir Preußen hin-
sichtlich des Wahlrechts tief unter den uns umgebenden Kultur-
ländern England, Frankreich, Schweiz und seit kurzem auch
Oesterreich– besteht doch in unserm deutschen Vaterlande das
schreiende Mißverhältnis, daß der deutsche Reichstag nach dem
allgemeinen Wahlrecht gewählt wird, und daß in dem größten,
einflußreichsten Preußen ein Wahlrecht besteht, welches der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-08-18T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-08-18T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |