Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.höchste Vollkommenheit. Gleich wie die Glaubigen seynd die Fülle dessen der alles in allen erfüllet / nemblich Christi / also ist Christus die Fülle der Glaubigen. Christus ist das Haupt seiner Gemeine. Wie nun ein Haupt für sich allein keinen Leib machet / sondern es gehören mehr Glieder dazu / als köndte Christus kein rechter Christus seyn / wann er nicht einen Anhang hätte / vnnd in solchem Ansehen heisset die Gemeine Christi seine Fülle. Hingegen aber ist Christus der Glaubigen Fülle / dann wir haben vielerley Mangel / vnnd seynd leer an allem guten / diese leere stätte muß Christus erfüllen / daß wir voll Christus werden / voll GOttes / vberschüttet mit Gnad vnd Gaben seines Geistes. Wir seyn im finstern / aber GOttes Liecht erleuchtet vns. Wir seyn voller Trawrigkeit / aber GOttes Güte erfrewet vns. Wir seyn erschrocken; aber Gottes Krafft macht vns muthig. Wir seyn todt / aber Gottes Leben macht vns lebendig; Wir seyn verflucht / die Barmhertzigkeit GOttes fegnet vns. Wir seyn in der Liebe kalt / aber Gottes Liebe entzündet vns. GOttes Leben ist vnser Leben / GOttes Liecht ist vnser Liecht / GOttes Frewde ist vnser Frewde / GOttes Seligkeit ist vnsere Seligkeit. Summa / was Gott ist vnd vermag / das ist in dieser Vollkommenheit. Wir sollen haben nicht ein Stuck von Gott / sondern alle Fülle GOttes; diese Fülle müssen wir haben nicht in einem Theyl / sondern müssen damit erfüllet seyn. Alle Fülle Gottes / was Gott ist vnd vermag / muß in vns völlig seyn / vnd kräfftig würcken. Da muß es an keinem Stückefehlen. Alles was du vorhast / muß Göttlich seyn / alles was du gedenckest / muß Göttlich seyn; alles was du redest / muß Göttlich seyn. GOtt muß deinem Munde das süsseste / deinen Ohren das liebligste / deinen Augen vnd Gedancken das schönste / deinem Hertzen vnd Begierden das allerköstligste seyn / daß du mit Paulo sagen könnest / zun Galatern am 2. Ich lebe ja / aber doch nichtGal. 2, 20. ich / sondern Christus lebet in mir. Das ist der nächste höchste Vollkommenheit. Gleich wie die Glaubigen seynd die Fülle dessen der alles in allen erfüllet / nemblich Christi / also ist Christus die Fülle der Glaubigen. Christus ist das Haupt seiner Gemeine. Wie nun ein Haupt für sich allein keinen Leib machet / sondern es gehören mehr Glieder dazu / als köndte Christus kein rechter Christus seyn / wann er nicht einen Anhang hätte / vnnd in solchem Ansehen heisset die Gemeine Christi seine Fülle. Hingegen aber ist Christus der Glaubigen Fülle / dann wir haben vielerley Mangel / vnnd seynd leer an allem guten / diese leere stätte muß Christus erfüllen / daß wir voll Christus werden / voll GOttes / vberschüttet mit Gnad vnd Gaben seines Geistes. Wir seyn im finstern / aber GOttes Liecht erleuchtet vns. Wir seyn voller Trawrigkeit / aber GOttes Güte erfrewet vns. Wir seyn erschrocken; aber Gottes Krafft macht vns muthig. Wir seyn todt / aber Gottes Leben macht vns lebendig; Wir seyn verflucht / die Barmhertzigkeit GOttes fegnet vns. Wir seyn in der Liebe kalt / aber Gottes Liebe entzündet vns. GOttes Leben ist vnser Leben / GOttes Liecht ist vnser Liecht / GOttes Frewde ist vnser Frewde / GOttes Seligkeit ist vnsere Seligkeit. Summa / was Gott ist vnd vermag / das ist in dieser Vollkommenheit. Wir sollen haben nicht ein Stuck von Gott / sondern alle Fülle GOttes; diese Fülle müssen wir haben nicht in einem Theyl / sondern müssen damit erfüllet seyn. Alle Fülle Gottes / was Gott ist vnd vermag / muß in vns völlig seyn / vnd kräfftig würcken. Da muß es an keinem Stückefehlen. Alles was du vorhast / muß Göttlich seyn / alles was du gedenckest / muß Göttlich seyn; alles was du redest / muß Göttlich seyn. GOtt muß deinem Munde das süsseste / deinen Ohren das liebligste / deinen Augen vnd Gedancken das schönste / deinem Hertzen vnd Begierden das allerköstligste seyn / daß du mit Paulo sagen könnest / zun Galatern am 2. Ich lebe ja / aber doch nichtGal. 2, 20. ich / sondern Christus lebet in mir. Das ist der nächste <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0367" n="351"/> höchste Vollkommenheit. Gleich wie die Glaubigen seynd die Fülle dessen der alles in allen erfüllet / nemblich Christi / also ist Christus die Fülle der Glaubigen. Christus ist das Haupt seiner Gemeine. Wie nun ein Haupt für sich allein keinen Leib machet / sondern es gehören mehr Glieder dazu / als köndte Christus kein rechter Christus seyn / wann er nicht einen Anhang hätte / vnnd in solchem Ansehen heisset die Gemeine Christi seine Fülle. Hingegen aber ist Christus der Glaubigen Fülle / dann wir haben vielerley Mangel / vnnd seynd leer an allem guten / diese leere stätte muß Christus erfüllen / daß wir voll Christus werden / voll GOttes / vberschüttet mit Gnad vnd Gaben seines Geistes. Wir seyn im finstern / aber GOttes Liecht erleuchtet vns. Wir seyn voller Trawrigkeit / aber GOttes Güte erfrewet vns. Wir seyn erschrocken; aber Gottes Krafft macht vns muthig. Wir seyn todt / aber Gottes Leben macht vns lebendig; Wir seyn verflucht / die Barmhertzigkeit GOttes fegnet vns. Wir seyn in der Liebe kalt / aber Gottes Liebe entzündet vns. GOttes Leben ist vnser Leben / GOttes Liecht ist vnser Liecht / GOttes Frewde ist vnser Frewde / GOttes Seligkeit ist vnsere Seligkeit. Summa / was Gott ist vnd vermag / das ist in dieser Vollkommenheit. Wir sollen haben nicht ein Stuck von Gott / sondern alle Fülle GOttes; diese Fülle müssen wir haben nicht in einem Theyl / sondern müssen damit erfüllet seyn. Alle Fülle Gottes / was Gott ist vnd vermag / muß in vns völlig seyn / vnd kräfftig würcken. Da muß es an keinem Stückefehlen. Alles was du vorhast / muß Göttlich seyn / alles was du gedenckest / muß Göttlich seyn; alles was du redest / muß Göttlich seyn. GOtt muß deinem Munde das süsseste / deinen Ohren das liebligste / deinen Augen vnd Gedancken das schönste / deinem Hertzen vnd Begierden das allerköstligste seyn / daß du mit Paulo sagen könnest / zun Galatern am 2. Ich lebe ja / aber doch nicht<note place="right">Gal. 2, 20.</note> ich / sondern Christus lebet in mir. Das ist der nächste </p> </div> </body> </text> </TEI> [351/0367]
höchste Vollkommenheit. Gleich wie die Glaubigen seynd die Fülle dessen der alles in allen erfüllet / nemblich Christi / also ist Christus die Fülle der Glaubigen. Christus ist das Haupt seiner Gemeine. Wie nun ein Haupt für sich allein keinen Leib machet / sondern es gehören mehr Glieder dazu / als köndte Christus kein rechter Christus seyn / wann er nicht einen Anhang hätte / vnnd in solchem Ansehen heisset die Gemeine Christi seine Fülle. Hingegen aber ist Christus der Glaubigen Fülle / dann wir haben vielerley Mangel / vnnd seynd leer an allem guten / diese leere stätte muß Christus erfüllen / daß wir voll Christus werden / voll GOttes / vberschüttet mit Gnad vnd Gaben seines Geistes. Wir seyn im finstern / aber GOttes Liecht erleuchtet vns. Wir seyn voller Trawrigkeit / aber GOttes Güte erfrewet vns. Wir seyn erschrocken; aber Gottes Krafft macht vns muthig. Wir seyn todt / aber Gottes Leben macht vns lebendig; Wir seyn verflucht / die Barmhertzigkeit GOttes fegnet vns. Wir seyn in der Liebe kalt / aber Gottes Liebe entzündet vns. GOttes Leben ist vnser Leben / GOttes Liecht ist vnser Liecht / GOttes Frewde ist vnser Frewde / GOttes Seligkeit ist vnsere Seligkeit. Summa / was Gott ist vnd vermag / das ist in dieser Vollkommenheit. Wir sollen haben nicht ein Stuck von Gott / sondern alle Fülle GOttes; diese Fülle müssen wir haben nicht in einem Theyl / sondern müssen damit erfüllet seyn. Alle Fülle Gottes / was Gott ist vnd vermag / muß in vns völlig seyn / vnd kräfftig würcken. Da muß es an keinem Stückefehlen. Alles was du vorhast / muß Göttlich seyn / alles was du gedenckest / muß Göttlich seyn; alles was du redest / muß Göttlich seyn. GOtt muß deinem Munde das süsseste / deinen Ohren das liebligste / deinen Augen vnd Gedancken das schönste / deinem Hertzen vnd Begierden das allerköstligste seyn / daß du mit Paulo sagen könnest / zun Galatern am 2. Ich lebe ja / aber doch nicht ich / sondern Christus lebet in mir. Das ist der nächste
Gal. 2, 20.
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/367>, abgerufen am 16.06.2024. |