Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.Da kan man lernen eine feine Art deß Glaubens / wie der auff Hebr. 11, 1.das Verborgen hindurch dringet. Zun Hebreer am 11. Capitel. Es ist der Glaube eine gewisse Zuversicht / deß das man hoffet / also daß wir nicht zweiffeln an dem daß man nicht sihet. Darumb muß man in solchen Sachen den fünff Sinnen nicht krawen. Zwar in natürlichen Sachen muß man den Sinnen trawen. Wann alle Ding richtig ist; da irren sie nicht / dann Gott zu solchem Ende die Sinne erschaffen / daß Menschen vnnd Thiere dadurch die natürliche Dinge erkennen sollen. Zu Prüfung aber vnd zur Erkäntnuß der himmlischen Dingen / die der Seelen Seligkeit betreffen / seyn die Sinne nicht erschaffen / sondern da gehören Simeonis Glaubens Augen zu. So nun einer von Sachen die man beym Christenthumb erfähret / nach seinen Sinnen vrtheilen will / der thut als ein Mensch der durch ein blawes Glaß sihet / vnd meynet / alles was er sihet / sey blaw. Wer klug ist / der folget mehr seiner Vernunfft als den Augen / so er eine blawe Brüllen auff der Nasen hat, dann ob die Augen sagen: Es ist alles blaw, so spricht doch die Vernunfft / das ist ein Irrthumb / es ist nicht alles blaw. Also / wo du klug bist / wirstu nicht alsbald loben in deinem Leben / was nach deiner Vernunfft / vnnd der Welt Sinn löblich ist; sondern beschawe dich vnd dein gantzes Christenthumb / nach dem Sinn den der Geist GOttes gibt. Thustu das nicht / handelstu gar thöricht bey deiner Seelen. Ein glaubiger Mensch muß von sich ein solch Retzel machen: Was ich sehe / das sehe ich nicht; vnd was ich nicht sehe / das sehe ich. Den Pracht der in der Welt jederman für Augen ist / sihet ein glaubiger Mensch nicht an / sondern bedenckt vor nach dem Sinn deß H. Geistes / was er davon halten soll / vnd ob nicht eine Bitterkeit darinn stecke. Hingegen die Bitterkeit beym Creutz Christi / die er dem Fleisch nach fühlet / achtet er nicht / sondern sihet auff die Süssigkeit die darunter verborgen ist. Also in allen Dingen muß ein geistlicher Mensch alles geiselich ansehen vnd vrtheylen. Da kan man lernen eine feine Art deß Glaubens / wie der auff Hebr. 11, 1.das Verborgen hindurch dringet. Zun Hebreer am 11. Capitel. Es ist der Glaube eine gewisse Zuversicht / deß das man hoffet / also daß wir nicht zweiffeln an dem daß man nicht sihet. Darumb muß man in solchen Sachen den fünff Sinnen nicht krawen. Zwar in natürlichen Sachen muß man den Sinnen trawen. Wann alle Ding richtig ist; da irren sie nicht / dann Gott zu solchem Ende die Sinne erschaffen / daß Menschen vnnd Thiere dadurch die natürliche Dinge erkennen sollen. Zu Prüfung aber vnd zur Erkäntnuß der him̃lischen Dingen / die der Seelen Seligkeit betreffen / seyn die Sinne nicht erschaffen / sondern da gehören Simeonis Glaubens Augen zu. So nun einer von Sachen die man beym Christenthumb erfähret / nach seinen Sinnen vrtheilen will / der thut als ein Mensch der durch ein blawes Glaß sihet / vnd meynet / alles was er sihet / sey blaw. Wer klug ist / der folget mehr seiner Vernunfft als den Augen / so er eine blawe Brüllen auff der Nasen hat, dann ob die Augen sagen: Es ist alles blaw, so spricht doch die Vernunfft / das ist ein Irrthumb / es ist nicht alles blaw. Also / wo du klug bist / wirstu nicht alsbald loben in deinem Leben / was nach deiner Vernunfft / vnnd der Welt Sinn löblich ist; sondern beschawe dich vnd dein gantzes Christenthumb / nach dem Sinn den der Geist GOttes gibt. Thustu das nicht / handelstu gar thöricht bey deiner Seelen. Ein glaubiger Mensch muß von sich ein solch Retzel machen: Was ich sehe / das sehe ich nicht; vnd was ich nicht sehe / das sehe ich. Den Pracht der in der Welt jederman für Augen ist / sihet ein glaubiger Mensch nicht an / sondern bedenckt vor nach dem Sinn deß H. Geistes / was er davon halten soll / vnd ob nicht eine Bitterkeit darinn stecke. Hingegen die Bitterkeit beym Creutz Christi / die er dem Fleisch nach fühlet / achtet er nicht / sondern sihet auff die Süssigkeit die darunter verborgen ist. Also in allen Dingen muß ein geistlicher Mensch alles geiselich ansehen vnd vrtheylen. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0598" n="582"/> <p>Da kan man lernen eine feine Art deß Glaubens / wie der auff <note place="left">Hebr. 11, 1.</note>das Verborgen hindurch dringet. Zun Hebreer am 11. Capitel. Es ist der Glaube eine gewisse Zuversicht / deß das man hoffet / also daß wir nicht zweiffeln an dem daß man nicht sihet. Darumb muß man in solchen Sachen den fünff Sinnen nicht krawen. Zwar in natürlichen Sachen muß man den Sinnen trawen. Wann alle Ding richtig ist; da irren sie nicht / dann Gott zu solchem Ende die Sinne erschaffen / daß Menschen vnnd Thiere dadurch die natürliche Dinge erkennen sollen. Zu Prüfung aber vnd zur Erkäntnuß der him̃lischen Dingen / die der Seelen Seligkeit betreffen / seyn die Sinne nicht erschaffen / sondern da gehören Simeonis Glaubens Augen zu. So nun einer von Sachen die man beym Christenthumb erfähret / nach seinen Sinnen vrtheilen will / der thut als ein Mensch der durch ein blawes Glaß sihet / vnd meynet / alles was er sihet / sey blaw. Wer klug ist / der folget mehr seiner Vernunfft als den Augen / so er eine blawe Brüllen auff der Nasen hat, dann ob die Augen sagen: Es ist alles blaw, so spricht doch die Vernunfft / das ist ein Irrthumb / es ist nicht alles blaw. Also / wo du klug bist / wirstu nicht alsbald loben in deinem Leben / was nach deiner Vernunfft / vnnd der Welt Sinn löblich ist; sondern beschawe dich vnd dein gantzes Christenthumb / nach dem Sinn den der Geist GOttes gibt. Thustu das nicht / handelstu gar thöricht bey deiner Seelen. Ein glaubiger Mensch muß von sich ein solch Retzel machen: Was ich sehe / das sehe ich nicht; vnd was ich nicht sehe / das sehe ich. Den Pracht der in der Welt jederman für Augen ist / sihet ein glaubiger Mensch nicht an / sondern bedenckt vor nach dem Sinn deß H. Geistes / was er davon halten soll / vnd ob nicht eine Bitterkeit darinn stecke. Hingegen die Bitterkeit beym Creutz Christi / die er dem Fleisch nach fühlet / achtet er nicht / sondern sihet auff die Süssigkeit die darunter verborgen ist. Also in allen Dingen muß ein geistlicher Mensch alles geiselich ansehen vnd vrtheylen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [582/0598]
Da kan man lernen eine feine Art deß Glaubens / wie der auff das Verborgen hindurch dringet. Zun Hebreer am 11. Capitel. Es ist der Glaube eine gewisse Zuversicht / deß das man hoffet / also daß wir nicht zweiffeln an dem daß man nicht sihet. Darumb muß man in solchen Sachen den fünff Sinnen nicht krawen. Zwar in natürlichen Sachen muß man den Sinnen trawen. Wann alle Ding richtig ist; da irren sie nicht / dann Gott zu solchem Ende die Sinne erschaffen / daß Menschen vnnd Thiere dadurch die natürliche Dinge erkennen sollen. Zu Prüfung aber vnd zur Erkäntnuß der him̃lischen Dingen / die der Seelen Seligkeit betreffen / seyn die Sinne nicht erschaffen / sondern da gehören Simeonis Glaubens Augen zu. So nun einer von Sachen die man beym Christenthumb erfähret / nach seinen Sinnen vrtheilen will / der thut als ein Mensch der durch ein blawes Glaß sihet / vnd meynet / alles was er sihet / sey blaw. Wer klug ist / der folget mehr seiner Vernunfft als den Augen / so er eine blawe Brüllen auff der Nasen hat, dann ob die Augen sagen: Es ist alles blaw, so spricht doch die Vernunfft / das ist ein Irrthumb / es ist nicht alles blaw. Also / wo du klug bist / wirstu nicht alsbald loben in deinem Leben / was nach deiner Vernunfft / vnnd der Welt Sinn löblich ist; sondern beschawe dich vnd dein gantzes Christenthumb / nach dem Sinn den der Geist GOttes gibt. Thustu das nicht / handelstu gar thöricht bey deiner Seelen. Ein glaubiger Mensch muß von sich ein solch Retzel machen: Was ich sehe / das sehe ich nicht; vnd was ich nicht sehe / das sehe ich. Den Pracht der in der Welt jederman für Augen ist / sihet ein glaubiger Mensch nicht an / sondern bedenckt vor nach dem Sinn deß H. Geistes / was er davon halten soll / vnd ob nicht eine Bitterkeit darinn stecke. Hingegen die Bitterkeit beym Creutz Christi / die er dem Fleisch nach fühlet / achtet er nicht / sondern sihet auff die Süssigkeit die darunter verborgen ist. Also in allen Dingen muß ein geistlicher Mensch alles geiselich ansehen vnd vrtheylen.
Hebr. 11, 1.
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