Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.3. Müssen wir wissen das Ampt der Starcken gegen3. Validorü officium. die Schwachen / welches mit solchen Worten der Apostel beschreibet / daß sie der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht gefallen an jhnen selbsten haben / daß sie sich also stellen / daß sie jhrem Nechsten gefallen / zum guten / zur Besserung. Die Meynung ist / so einer jrret / entweder / daß er der Freyheit nicht weiß zu gebrauchen / oder daß er sonst in der Erkäntnüß schwach / vnd im Leben gebrechlich ist / ohn Muthwillen / so soll ein Christ Gedult üben / vnd nicht hochmüthig werden / nicht auff seine Erkäntnüß vnd Stärcke sehen / vnd sich darinnen gefallen / sondern vielmehr soll er darauff sehen / daß er seinem Nechsten gefalle / vnd jhn mit Bescheidenheit bessere. Wer nun will starck seyn / der muß auff zweyerley sehen. 1. Daß er nicht in ein Laster falle. 2. Daß er eine sonderliche Tugend hie beweise. Die Laster / welche hie zu meiden / seyn insonderheit zwey: Vngedult vnd Hochmuth. Dessen lasset ein Exempel seyn: Wann einer über ein freyes Ding jhm ein Gewissen mache / vnd spricht / das ist nicht recht / ich kan das in meinem Gewissen nicht gut heissen / vnd enthält sich damit von einem freyen Ding / so wirstu vngedültig darüber / vnd sprichst; es sey nicht vnrecht / verspottest auch bald die Vnwissenheit / der so leicht in freyen Sachen jhm ein Gewissen mache. Hie ist wol wahr / wann einer die Christliche Freyheit mit lehren vnd predigen angreifft / vnd will nicht allein für sich / sein Gewissen in acht nehmen / sondern auch anderer Leute Gewissen in einer freyen Sache zwingen / vnd auß einer Freyheit eine Noth vnd ein Gewissenzwang machen / so soll man nicht still dazu schweigen / sondern einem solchen das Maul stopffen. Gleich wie es Paulus nicht hat mögen leiden / da man auß der Beschneidung hat wollen eine Noth machen. So lange aber einer andere Gewissen ungezwungen lässet / vnd sihet nur auff sein Gewissen / in dem er der Freyheit nicht zu gebrauchen weiß / da ists ein Laster / so ich darüber 3. Müssen wir wissen das Ampt der Starcken gegen3. Validorü officium. die Schwachen / welches mit solchen Worten der Apostel beschreibet / daß sie der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht gefallen an jhnen selbsten haben / daß sie sich also stellen / daß sie jhrem Nechsten gefallen / zum guten / zur Besserung. Die Meynung ist / so einer jrret / entweder / daß er der Freyheit nicht weiß zu gebrauchen / oder daß er sonst in der Erkäntnüß schwach / vnd im Leben gebrechlich ist / ohn Muthwillen / so soll ein Christ Gedult üben / vnd nicht hochmüthig werden / nicht auff seine Erkäntnüß vnd Stärcke sehen / vnd sich darinnen gefallen / sondern vielmehr soll er darauff sehen / daß er seinem Nechsten gefalle / vnd jhn mit Bescheidenheit bessere. Wer nun will starck seyn / der muß auff zweyerley sehen. 1. Daß er nicht in ein Laster falle. 2. Daß er eine sonderliche Tugend hie beweise. Die Laster / welche hie zu meiden / seyn insonderheit zwey: Vngedult vnd Hochmuth. Dessen lasset ein Exempel seyn: Wann einer über ein freyes Ding jhm ein Gewissen mache / vnd spricht / das ist nicht recht / ich kan das in meinem Gewissen nicht gut heissen / vnd enthält sich damit von einem freyen Ding / so wirstu vngedültig darüber / vnd sprichst; es sey nicht vnrecht / verspottest auch bald die Vnwissenheit / der so leicht in freyen Sachen jhm ein Gewissen mache. Hie ist wol wahr / wann einer die Christliche Freyheit mit lehren vnd predigen angreifft / vnd will nicht allein für sich / sein Gewissen in acht nehmen / sondern auch anderer Leute Gewissen in einer freyen Sache zwingen / vnd auß einer Freyheit eine Noth vnd ein Gewissenzwang machen / so soll man nicht still dazu schweigen / sondern einem solchen das Maul stopffen. Gleich wie es Paulus nicht hat mögen leiden / da man auß der Beschneidung hat wollen eine Noth machen. So lange aber einer andere Gewissen ungezwungen lässet / vnd sihet nur auff sein Gewissen / in dem er der Freyheit nicht zu gebrauchen weiß / da ists ein Laster / so ich darüber <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0043" n="23"/> <p>3. Müssen wir wissen das Ampt der Starcken gegen<note place="right">3. Validorü officium.</note> die Schwachen / welches mit solchen Worten der Apostel beschreibet / daß sie der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht gefallen an jhnen selbsten haben / daß sie sich also stellen / daß sie jhrem Nechsten gefallen / zum guten / zur Besserung. Die Meynung ist / so einer jrret / entweder / daß er der Freyheit nicht weiß zu gebrauchen / oder daß er sonst in der Erkäntnüß schwach / vnd im Leben gebrechlich ist / ohn Muthwillen / so soll ein Christ Gedult üben / vnd nicht hochmüthig werden / nicht auff seine Erkäntnüß vnd Stärcke sehen / vnd sich darinnen gefallen / sondern vielmehr soll er darauff sehen / daß er seinem Nechsten gefalle / vnd jhn mit Bescheidenheit bessere. Wer nun will starck seyn / der muß auff zweyerley sehen. 1. Daß er nicht in ein Laster falle. 2. Daß er eine sonderliche Tugend hie beweise. Die Laster / welche hie zu meiden / seyn insonderheit zwey: Vngedult vnd Hochmuth. Dessen lasset ein Exempel seyn: Wann einer über ein freyes Ding jhm ein Gewissen mache / vnd spricht / das ist nicht recht / ich kan das in meinem Gewissen nicht gut heissen / vnd enthält sich damit von einem freyen Ding / so wirstu vngedültig darüber / vnd sprichst; es sey nicht vnrecht / verspottest auch bald die Vnwissenheit / der so leicht in freyen Sachen jhm ein Gewissen mache. Hie ist wol wahr / wann einer die Christliche Freyheit mit lehren vnd predigen angreifft / vnd will nicht allein für sich / sein Gewissen in acht nehmen / sondern auch anderer Leute Gewissen in einer freyen Sache zwingen / vnd auß einer Freyheit eine Noth vnd ein Gewissenzwang machen / so soll man nicht still dazu schweigen / sondern einem solchen das Maul stopffen. Gleich wie es Paulus nicht hat mögen leiden / da man auß der Beschneidung hat wollen eine Noth machen. So lange aber einer andere Gewissen ungezwungen lässet / vnd sihet nur auff sein Gewissen / in dem er der Freyheit nicht zu gebrauchen weiß / da ists ein Laster / so ich darüber </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0043]
3. Müssen wir wissen das Ampt der Starcken gegen die Schwachen / welches mit solchen Worten der Apostel beschreibet / daß sie der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht gefallen an jhnen selbsten haben / daß sie sich also stellen / daß sie jhrem Nechsten gefallen / zum guten / zur Besserung. Die Meynung ist / so einer jrret / entweder / daß er der Freyheit nicht weiß zu gebrauchen / oder daß er sonst in der Erkäntnüß schwach / vnd im Leben gebrechlich ist / ohn Muthwillen / so soll ein Christ Gedult üben / vnd nicht hochmüthig werden / nicht auff seine Erkäntnüß vnd Stärcke sehen / vnd sich darinnen gefallen / sondern vielmehr soll er darauff sehen / daß er seinem Nechsten gefalle / vnd jhn mit Bescheidenheit bessere. Wer nun will starck seyn / der muß auff zweyerley sehen. 1. Daß er nicht in ein Laster falle. 2. Daß er eine sonderliche Tugend hie beweise. Die Laster / welche hie zu meiden / seyn insonderheit zwey: Vngedult vnd Hochmuth. Dessen lasset ein Exempel seyn: Wann einer über ein freyes Ding jhm ein Gewissen mache / vnd spricht / das ist nicht recht / ich kan das in meinem Gewissen nicht gut heissen / vnd enthält sich damit von einem freyen Ding / so wirstu vngedültig darüber / vnd sprichst; es sey nicht vnrecht / verspottest auch bald die Vnwissenheit / der so leicht in freyen Sachen jhm ein Gewissen mache. Hie ist wol wahr / wann einer die Christliche Freyheit mit lehren vnd predigen angreifft / vnd will nicht allein für sich / sein Gewissen in acht nehmen / sondern auch anderer Leute Gewissen in einer freyen Sache zwingen / vnd auß einer Freyheit eine Noth vnd ein Gewissenzwang machen / so soll man nicht still dazu schweigen / sondern einem solchen das Maul stopffen. Gleich wie es Paulus nicht hat mögen leiden / da man auß der Beschneidung hat wollen eine Noth machen. So lange aber einer andere Gewissen ungezwungen lässet / vnd sihet nur auff sein Gewissen / in dem er der Freyheit nicht zu gebrauchen weiß / da ists ein Laster / so ich darüber
3. Validorü officium.
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