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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die fünffte Betrachtung.


gläubige Mensch mit allen Kräften von sich auß/
und fällt auff GOtt/ und spricht: Ach HErr ich
bin nichts/ ich vermag nichts/ du HErr allein bist
meine Krafft.

Wenn wir betrachtet haben/ wohin unsere
Hoffnung soll gerichtet seyn/ und woher sie solle
fliessen/ so lasset uns auch 3. bedencken/ wie die
Christliche Hoffnung weiter solle beschaffen
seyn. Die Gläubigen erbieten sich nicht allein
auff ihren GOtt zu hoffen/ sondern auch seiner
zu harren/ und sich in ihm zu freuen; Damit
wird der Hoffnung Arth angedeutet. Zu erst
schwinget sich die Hoffnung in die Höhe durch
dicke Wolcken/ und ergreiffet ein unsichtbahres
Guth. Sie ist wie eine Hand/ die ins Unsichtbare
greifft. Denn die Hoffnung/ die man siehet/ ist
nicht Hoffnung/ Rom. 8, 24. Was aber die
Hoffnung ergreifft/ ist ihr so gewiß/ als was sie in
den Händen/ und für Augen hat. Denn das
Wort darauff sie sich gegründet/ kan nicht trie-
gen. Die klare Sonne am Himmel kan so hel-
le ein Bild nicht erleuchten/ daß wir sehen/ als
GOttes Verheissung und Grund der Seelen
erleuchtet/ daß sie im Glauben gewiß sehe/ was
sonsten unsichtbar ist. Das Gut aber/ wenns
erkant wird/ hat die Arth/ daß es erfreue. Wenn
denn die erleuchtete Seele mitten in der Noth

und

Die fünffte Betrachtung.


gläubige Menſch mit allen Kräften von ſich auß/
und fällt auff GOtt/ und ſpricht: Ach HErr ich
bin nichts/ ich vermag nichts/ du HErr allein biſt
meine Krafft.

Wenn wir betrachtet haben/ wohin unſere
Hoffnung ſoll gerichtet ſeyn/ und woher ſie ſolle
flieſſen/ ſo laſſet uns auch 3. bedencken/ wie die
Chriſtliche Hoffnung weiter ſolle beſchaffen
ſeyn. Die Gläubigen erbieten ſich nicht allein
auff ihren GOtt zu hoffen/ ſondern auch ſeiner
zu harren/ und ſich in ihm zu freuen; Damit
wird der Hoffnung Arth angedeutet. Zu erſt
ſchwinget ſich die Hoffnung in die Höhe durch
dicke Wolcken/ und ergreiffet ein unſichtbahres
Guth. Sie iſt wie eine Hand/ die ins Unſichtbare
greifft. Denn die Hoffnung/ die man ſiehet/ iſt
nicht Hoffnung/ Rom. 8, 24. Was aber die
Hoffnung ergreifft/ iſt ihr ſo gewiß/ als was ſie in
den Händen/ und für Augen hat. Denn das
Wort darauff ſie ſich gegründet/ kan nicht trie-
gen. Die klare Sonne am Himmel kan ſo hel-
le ein Bild nicht erleuchten/ daß wir ſehen/ als
GOttes Verheiſſung und Grund der Seelen
erleuchtet/ daß ſie im Glauben gewiß ſehe/ was
ſonſten unſichtbar iſt. Das Gut aber/ wenns
erkant wird/ hat die Arth/ daß es erfreue. Wenn
denn die erleuchtete Seele mitten in der Noth

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[77/0100] Die fünffte Betrachtung. gläubige Menſch mit allen Kräften von ſich auß/ und fällt auff GOtt/ und ſpricht: Ach HErr ich bin nichts/ ich vermag nichts/ du HErr allein biſt meine Krafft. Wenn wir betrachtet haben/ wohin unſere Hoffnung ſoll gerichtet ſeyn/ und woher ſie ſolle flieſſen/ ſo laſſet uns auch 3. bedencken/ wie die Chriſtliche Hoffnung weiter ſolle beſchaffen ſeyn. Die Gläubigen erbieten ſich nicht allein auff ihren GOtt zu hoffen/ ſondern auch ſeiner zu harren/ und ſich in ihm zu freuen; Damit wird der Hoffnung Arth angedeutet. Zu erſt ſchwinget ſich die Hoffnung in die Höhe durch dicke Wolcken/ und ergreiffet ein unſichtbahres Guth. Sie iſt wie eine Hand/ die ins Unſichtbare greifft. Denn die Hoffnung/ die man ſiehet/ iſt nicht Hoffnung/ Rom. 8, 24. Was aber die Hoffnung ergreifft/ iſt ihr ſo gewiß/ als was ſie in den Händen/ und für Augen hat. Denn das Wort darauff ſie ſich gegründet/ kan nicht trie- gen. Die klare Sonne am Himmel kan ſo hel- le ein Bild nicht erleuchten/ daß wir ſehen/ als GOttes Verheiſſung und Grund der Seelen erleuchtet/ daß ſie im Glauben gewiß ſehe/ was ſonſten unſichtbar iſt. Das Gut aber/ wenns erkant wird/ hat die Arth/ daß es erfreue. Wenn denn die erleuchtete Seele mitten in der Noth und

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/100>, abgerufen am 21.11.2024.