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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die andere Betrachtung.


das wirst du erreichen/ wann du durch andächti-
ge Betrachtung und eigene Erfahrung Gott also
erkennest/ daß er dir von Hertzen lieb wird/ also/
daß du alles was in der Welt ist/ gering schätzest/
gegen der überschwenglichen Erkäntniß deines
GOttes/ du wirst nichts suchen/ nichts begeh-
ren/ dich keines Dinges rühmen/ ohn allein was
GOtt ist. Es wird keine Trübsal diese Lust
an GOtt tilgen können/ wenn du nur verste-
hest/ wie wohl es GOtt mit uns meinet/ auch
wenn er uns Trübsal auffleget. Sehe ich auff
das Ende/ die künfftige Herrligkeit/ auff den
kräfftigen Beystand/ auff den seligen Trost/ muß
ich das Creutz für meinen besten Schatz halten/
und mich mehr über Creutz freuen/ als über gute
Tage.

Auff meine Seele/ und trachte darnach/ daß
deß HErrn Lob immerdar in deinem Munde
und Hertzen sey. Ich habe offt von vielen gehö-
ret: Wir solten zwar/ aber wie können wir/ wir
seynd keine Engel; Nun lieber Christ/ du solt
allezeit GOtt loben/ nicht als ein heiliger En-
gel/ sondern als ein armer Sünder. Die Engel
preisen Gott immerdar ohn Widerstand/ daher
wirds ihnen nicht schwer. Wir preisen Gott mit
grossem Widerstand/ als die immer im Streit
liegen/ und streiten wider alles/ das der Ehre

Got-

Die andere Betrachtung.


das wirſt du erreichen/ wann du durch andächti-
ge Betrachtung und eigene Erfahrung Gott alſo
erkenneſt/ daß er dir von Hertzen lieb wird/ alſo/
daß du alles was in der Welt iſt/ gering ſchätzeſt/
gegen der überſchwenglichen Erkäntniß deines
GOttes/ du wirſt nichts ſuchen/ nichts begeh-
ren/ dich keines Dinges rühmen/ ohn allein was
GOtt iſt. Es wird keine Trübſal dieſe Luſt
an GOtt tilgen können/ wenn du nur verſte-
heſt/ wie wohl es GOtt mit uns meinet/ auch
wenn er uns Trübſal auffleget. Sehe ich auff
das Ende/ die künfftige Herrligkeit/ auff den
kräfftigen Beyſtand/ auff den ſeligen Troſt/ muß
ich das Creutz für meinen beſten Schatz halten/
und mich mehr über Creutz freuen/ als über gute
Tage.

Auff meine Seele/ und trachte darnach/ daß
deß HErrn Lob immerdar in deinem Munde
und Hertzen ſey. Ich habe offt von vielen gehö-
ret: Wir ſolten zwar/ aber wie können wir/ wir
ſeynd keine Engel; Nun lieber Chriſt/ du ſolt
allezeit GOtt loben/ nicht als ein heiliger En-
gel/ ſondern als ein armer Sünder. Die Engel
preiſen Gott immerdar ohn Widerſtand/ daher
wirds ihnen nicht ſchwer. Wir preiſen Gott mit
groſſem Widerſtand/ als die immer im Streit
liegen/ und ſtreiten wider alles/ das der Ehre

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[109/0132] Die andere Betrachtung. das wirſt du erreichen/ wann du durch andächti- ge Betrachtung und eigene Erfahrung Gott alſo erkenneſt/ daß er dir von Hertzen lieb wird/ alſo/ daß du alles was in der Welt iſt/ gering ſchätzeſt/ gegen der überſchwenglichen Erkäntniß deines GOttes/ du wirſt nichts ſuchen/ nichts begeh- ren/ dich keines Dinges rühmen/ ohn allein was GOtt iſt. Es wird keine Trübſal dieſe Luſt an GOtt tilgen können/ wenn du nur verſte- heſt/ wie wohl es GOtt mit uns meinet/ auch wenn er uns Trübſal auffleget. Sehe ich auff das Ende/ die künfftige Herrligkeit/ auff den kräfftigen Beyſtand/ auff den ſeligen Troſt/ muß ich das Creutz für meinen beſten Schatz halten/ und mich mehr über Creutz freuen/ als über gute Tage. Auff meine Seele/ und trachte darnach/ daß deß HErrn Lob immerdar in deinem Munde und Hertzen ſey. Ich habe offt von vielen gehö- ret: Wir ſolten zwar/ aber wie können wir/ wir ſeynd keine Engel; Nun lieber Chriſt/ du ſolt allezeit GOtt loben/ nicht als ein heiliger En- gel/ ſondern als ein armer Sünder. Die Engel preiſen Gott immerdar ohn Widerſtand/ daher wirds ihnen nicht ſchwer. Wir preiſen Gott mit groſſem Widerſtand/ als die immer im Streit liegen/ und ſtreiten wider alles/ das der Ehre Got-

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/132>, abgerufen am 25.11.2024.