Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die andere Betrachtung. auffnehmen: 1. Er ist ein GOtt/ der den Ein-samen das Haus voll Kinder gibt. 2. Er ist ein GOtt/ der die Gefangenen außführet zu rechter Zeit. Wäre Christus wie die Tyran- nen auff Erden/ die nur verderben und tödten/ so könten wir uns seiner Ankunfft nicht freuen. Wäre Er ein stoltzer HErr/dürfften die Armen und Elenden nicht zu ihm nahen/ und hätten sich seines Reichs wenig zu|erfreuen. Nun wird er uns abgemahlet/ als ein sanfftmüthiger/ leutseliger freundlicher HErr/ der sich keines Menschen mehr annimmt/als der Armen und der Elenden. Denn siehe/ was werden hie für Personen ge- nennet/mit denen Er umgehet? Witwen/Wäy- sen/Einsame und Gefangene. Zu erst heist Er ein Vater der Wäysen/ nen- T ij
Die andere Betrachtung. auffnehmen: 1. Er iſt ein GOtt/ der den Ein-ſamen das Haus voll Kinder gibt. 2. Er iſt ein GOtt/ der die Gefangenen außführet zu rechter Zeit. Wäre Chriſtus wie die Tyran- nen auff Erden/ die nur verderben und tödten/ ſo könten wir uns ſeiner Ankunfft nicht freuen. Wäre Er ein ſtoltzer HErr/dürfften die Armen und Elenden nicht zu ihm nahen/ und hätten ſich ſeines Reichs wenig zu|erfreuẽ. Nun wird er uns abgemahlet/ als ein ſanfftmüthiger/ leutſeliger freundlicher HErr/ der ſich keines Menſchen mehr annim̃t/als der Armen und der Elenden. Denn ſiehe/ was werden hie für Perſonen ge- nennet/mit denen Er umgehet? Witwen/Wäy- ſen/Einſame und Gefangene. Zu erſt heiſt Er ein Vater der Wäyſen/ nen- T ij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0314" n="291"/><fw place="top" type="header">Die andere Betrachtung.</fw><lb/> auffnehmen: 1. Er iſt ein GOtt/ der den Ein-<lb/> ſamen das Haus voll Kinder gibt. 2. Er iſt<lb/> ein GOtt/ der die Gefangenen außführet zu<lb/> rechter Zeit. Wäre Chriſtus wie die Tyran-<lb/> nen auff Erden/ die nur verderben und tödten/<lb/> ſo könten wir uns ſeiner Ankunfft nicht freuen.<lb/> Wäre Er ein ſtoltzer HErr/dürfften die Armen<lb/> und Elenden nicht zu ihm nahen/ und hätten ſich<lb/> ſeines Reichs wenig zu|erfreuẽ. Nun wird er uns<lb/> abgemahlet/ als ein ſanfftmüthiger/ leutſeliger<lb/> freundlicher HErr/ der ſich keines Menſchen<lb/> mehr annim̃t/als der Armen und der Elenden.<lb/> Denn ſiehe/ was werden hie für Perſonen ge-<lb/> nennet/mit denen Er umgehet? Witwen/Wäy-<lb/> ſen/Einſame und Gefangene.</p><lb/> <p>Zu erſt heiſt Er <hi rendition="#fr">ein Vater der Wäyſen/<lb/> und ein Richter der Witwen.</hi> Witwen und<lb/> Wäyſen ſeynd armſelige Leute/ſeynd vieler Un-<lb/> gerechfertigkeit unterworffen/ und haben wenig<lb/> Schutz. Solche Witwen und Wäyſen ſeynd<lb/> alle Elende und Arme unter den Chriſten/wel-<lb/> che die Welt nicht achten/eben als wann ſie nicht<lb/> würdig wären/ um welcher willen ſich man be-<lb/> kümmern ſolte. Die Kirche Chriſti iſt gleich<lb/> wie eine Witwe/das Häufflein der Gläubigen<lb/> ſeynd die Wäyſen/die wiſſen von keinem Schutz<lb/> auff Erden/ darum iſt Chriſtus ihr Schutz/ und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">T ij</fw><fw place="bottom" type="catch">nen-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [291/0314]
Die andere Betrachtung.
auffnehmen: 1. Er iſt ein GOtt/ der den Ein-
ſamen das Haus voll Kinder gibt. 2. Er iſt
ein GOtt/ der die Gefangenen außführet zu
rechter Zeit. Wäre Chriſtus wie die Tyran-
nen auff Erden/ die nur verderben und tödten/
ſo könten wir uns ſeiner Ankunfft nicht freuen.
Wäre Er ein ſtoltzer HErr/dürfften die Armen
und Elenden nicht zu ihm nahen/ und hätten ſich
ſeines Reichs wenig zu|erfreuẽ. Nun wird er uns
abgemahlet/ als ein ſanfftmüthiger/ leutſeliger
freundlicher HErr/ der ſich keines Menſchen
mehr annim̃t/als der Armen und der Elenden.
Denn ſiehe/ was werden hie für Perſonen ge-
nennet/mit denen Er umgehet? Witwen/Wäy-
ſen/Einſame und Gefangene.
Zu erſt heiſt Er ein Vater der Wäyſen/
und ein Richter der Witwen. Witwen und
Wäyſen ſeynd armſelige Leute/ſeynd vieler Un-
gerechfertigkeit unterworffen/ und haben wenig
Schutz. Solche Witwen und Wäyſen ſeynd
alle Elende und Arme unter den Chriſten/wel-
che die Welt nicht achten/eben als wann ſie nicht
würdig wären/ um welcher willen ſich man be-
kümmern ſolte. Die Kirche Chriſti iſt gleich
wie eine Witwe/das Häufflein der Gläubigen
ſeynd die Wäyſen/die wiſſen von keinem Schutz
auff Erden/ darum iſt Chriſtus ihr Schutz/ und
nen-
T ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |