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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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über den 68. Psalm
ben/sie muß auß dem 25. Psalm v. 16. sagen: Ich
bin einsam und elend.
Unter den hoffärtigen
Welt-Kindern muß sie verlacht und veracht
seyn/denn die Welt hat das Ihre lieb/und wenn
die gläubige Seele schon alle Welt zum Freunde
hätte/so vertraut sie sich doch niemand/als ihrem
Christo/darum nimmt sie Christus an/ macht
ihr Raum in seinem Hause/ und liebet sie wie
ein fruchtbares Weib. Welche Seele etwas an-
ders auff Erden suchet/daran sie/mit ihrem Ver-
trauen hange/die ist nicht einsam/ drum muß sie
bleiben ausserhalb deß Hauses deß lebendigen
Gottes. Je einsamer die Seele ist/ je lieber und
werther ist sie in Gottes Hause.

Zum dritten heist Christus ein GOtt/ der
die Gefangenen außführet zu rechter Zeit.
Solches geschicht auch auff leibliche und geistli-
che Weise. Leibliche Bande seynd die leibliche
Trübsal/ der Seelen-Angst und Traurigkeit
seynd geistliche Bande; Beyderley zerreisset
unser Christus/ und errettet uns geistlich und
leiblich. Werden wir schon mit Joseph und
Petro ins Gefängniß geführet/ so kan er leicht
einen Engel senden/der uns das Gefängniß/ öf-
net/und außführet. Wenn das gantze Israel
in Egypten muß unterdrücket und geplaget wer-
den/ vermag sie unser Christus mit mächtiger

Hand

über den 68. Pſalm
ben/ſie muß auß dem 25. Pſalm v. 16. ſagen: Ich
bin einſam und elend.
Unter den hoffärtigen
Welt-Kindern muß ſie verlacht und veracht
ſeyn/denn die Welt hat das Ihre lieb/und wenn
die gläubige Seele ſchon alle Welt zum Freunde
hätte/ſo vertraut ſie ſich doch niemand/als ihrem
Chriſto/darum nimmt ſie Chriſtus an/ macht
ihr Raum in ſeinem Hauſe/ und liebet ſie wie
ein fruchtbares Weib. Welche Seele etwas an-
ders auff Erden ſuchet/daran ſie/mit ihrem Ver-
trauen hange/die iſt nicht einſam/ drum muß ſie
bleiben auſſerhalb deß Hauſes deß lebendigen
Gottes. Je einſamer die Seele iſt/ je lieber und
werther iſt ſie in Gottes Hauſe.

Zum dritten heiſt Chriſtus ein GOtt/ der
die Gefangenen außführet zu rechter Zeit.
Solches geſchicht auch auff leibliche und geiſtli-
che Weiſe. Leibliche Bande ſeynd die leibliche
Trübſal/ der Seelen-Angſt und Traurigkeit
ſeynd geiſtliche Bande; Beyderley zerreiſſet
unſer Chriſtus/ und errettet uns geiſtlich und
leiblich. Werden wir ſchon mit Joſeph und
Petro ins Gefängniß geführet/ ſo kan er leicht
einen Engel ſenden/der uns das Gefängniß/ öf-
net/und außführet. Wenn das gantze Iſrael
in Egypten muß unterdrücket und geplaget wer-
den/ vermag ſie unſer Chriſtus mit mächtiger

Hand
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[296/0319] über den 68. Pſalm ben/ſie muß auß dem 25. Pſalm v. 16. ſagen: Ich bin einſam und elend. Unter den hoffärtigen Welt-Kindern muß ſie verlacht und veracht ſeyn/denn die Welt hat das Ihre lieb/und wenn die gläubige Seele ſchon alle Welt zum Freunde hätte/ſo vertraut ſie ſich doch niemand/als ihrem Chriſto/darum nimmt ſie Chriſtus an/ macht ihr Raum in ſeinem Hauſe/ und liebet ſie wie ein fruchtbares Weib. Welche Seele etwas an- ders auff Erden ſuchet/daran ſie/mit ihrem Ver- trauen hange/die iſt nicht einſam/ drum muß ſie bleiben auſſerhalb deß Hauſes deß lebendigen Gottes. Je einſamer die Seele iſt/ je lieber und werther iſt ſie in Gottes Hauſe. Zum dritten heiſt Chriſtus ein GOtt/ der die Gefangenen außführet zu rechter Zeit. Solches geſchicht auch auff leibliche und geiſtli- che Weiſe. Leibliche Bande ſeynd die leibliche Trübſal/ der Seelen-Angſt und Traurigkeit ſeynd geiſtliche Bande; Beyderley zerreiſſet unſer Chriſtus/ und errettet uns geiſtlich und leiblich. Werden wir ſchon mit Joſeph und Petro ins Gefängniß geführet/ ſo kan er leicht einen Engel ſenden/der uns das Gefängniß/ öf- net/und außführet. Wenn das gantze Iſrael in Egypten muß unterdrücket und geplaget wer- den/ vermag ſie unſer Chriſtus mit mächtiger Hand

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/319>, abgerufen am 24.11.2024.