Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.Die erste Betrachtung. de Harmonie seyn. Ist dein Hertz nicht/ wie dein Mund singet und lobet/ so klingts nicht wol für GOTT. Stimmet aber Mund und Hertz zusammen/ daß der Mund singet und der heili- ge Geist inwendig das Hertze rühret/ das lautet wol. Da muß man sich nicht kehren an Zier- ligkeit der Wort und Liebligkeit der Stimme: Das zerbrochene Wort/ das beste Wort. Eben wie die Wörter/ so nach der Kunst im singen außgesprochen werden/ nicht so deutlich oder vernehmlich seyn/ als wenn sie ohn Gesang auß- gesprochen werden/ doch lauten sie anmntiger: Also lauten der Psallirenden Seelen Worte nicht so zierlich für Menschen Ohren/ als wenn einer nach Menschlicher Weißheit mit sonder- licher Bedachtsamkeit redet; doch lauten sie wol und anmutig für GOtt. Die Seele kan hie nicht anders/ sie muß nur stamlen/ denn sie empfindet mehr in sich/ als sie außsprechen kan. Sie empfindet solche Sachen/ die sie nicht ver- schweigen/ und doch nicht außsprechen kan. Das meiste und Beste wird inn behalten/ das wenigste wird außgesprochen/ der aber deß Gei- stes Sinn weiß/ verstehet die Sprache deß Gei- stes gar wohl. Hierauff folget der Nachklang/ daß unsere Affecten und alle Sinne in un- serm Leben mit zur GOttes Ehre und Lob ge- rich- A v
Die erſte Betrachtung. de Harmonie ſeyn. Iſt dein Hertz nicht/ wie dein Mund ſinget und lobet/ ſo klingts nicht wol für GOTT. Stimmet aber Mund und Hertz zuſammen/ daß der Mund ſinget und der heili- ge Geiſt inwendig das Hertze rühret/ das lautet wol. Da muß man ſich nicht kehren an Zier- ligkeit der Wort und Liebligkeit der Stimme: Das zerbrochene Wort/ das beſte Wort. Eben wie die Wörter/ ſo nach der Kunſt im ſingen außgeſprochen werden/ nicht ſo deutlich oder vernehmlich ſeyn/ als wenn ſie ohn Geſang auß- geſprochen werden/ doch lauten ſie anmntiger: Alſo lauten der Pſallirenden Seelen Worte nicht ſo zierlich für Menſchen Ohren/ als wenn einer nach Menſchlicher Weißheit mit ſonder- licher Bedachtſamkeit redet; doch lauten ſie wol und anmutig für GOtt. Die Seele kan hie nicht anders/ ſie muß nur ſtamlen/ denn ſie empfindet mehr in ſich/ als ſie außſprechen kan. Sie empfindet ſolche Sachen/ die ſie nicht ver- ſchweigen/ und doch nicht außſprechen kan. Das meiſte und Beſte wird inn behalten/ das wenigſte wird außgeſprochen/ der aber deß Gei- ſtes Sinn weiß/ verſtehet die Sprache deß Gei- ſtes gar wohl. Hierauff folget der Nachklang/ daß unſere Affecten und alle Sinne in un- ſerm Leben mit zur GOttes Ehre und Lob ge- rich- A v
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Die erſte Betrachtung.
de Harmonie ſeyn. Iſt dein Hertz nicht/ wie dein
Mund ſinget und lobet/ ſo klingts nicht wol für
GOTT. Stimmet aber Mund und Hertz
zuſammen/ daß der Mund ſinget und der heili-
ge Geiſt inwendig das Hertze rühret/ das lautet
wol. Da muß man ſich nicht kehren an Zier-
ligkeit der Wort und Liebligkeit der Stimme:
Das zerbrochene Wort/ das beſte Wort. Eben
wie die Wörter/ ſo nach der Kunſt im ſingen
außgeſprochen werden/ nicht ſo deutlich oder
vernehmlich ſeyn/ als wenn ſie ohn Geſang auß-
geſprochen werden/ doch lauten ſie anmntiger:
Alſo lauten der Pſallirenden Seelen Worte
nicht ſo zierlich für Menſchen Ohren/ als wenn
einer nach Menſchlicher Weißheit mit ſonder-
licher Bedachtſamkeit redet; doch lauten ſie
wol und anmutig für GOtt. Die Seele kan
hie nicht anders/ ſie muß nur ſtamlen/ denn ſie
empfindet mehr in ſich/ als ſie außſprechen kan.
Sie empfindet ſolche Sachen/ die ſie nicht ver-
ſchweigen/ und doch nicht außſprechen kan.
Das meiſte und Beſte wird inn behalten/ das
wenigſte wird außgeſprochen/ der aber deß Gei-
ſtes Sinn weiß/ verſtehet die Sprache deß Gei-
ſtes gar wohl. Hierauff folget der Nachklang/
daß unſere Affecten und alle Sinne in un-
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