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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die erste Betrachtung.
knien; Da mustu beugen die Knie deines Her-
tzens/ deine Seele in Demuth bücken und beu-
gen/ und also deinen GOtt anbeten und preisen.

Merck diese Weise GOtt zu loben und anzu-
ruffen gar wohl. Mit deinem gantzen Hertzen
mustu in den heiligen Tempel GOttes treten.
Denn was ists für eine Stimme/ darauff deß
HErrn Ohren hören? nicht eine Stimme deß
Mundes/ sondern deß Hertzens. Denn Gott ist
ein Geist/ so erhöret er auch nur was auß dem
Geist kommt/ Joh. 4, 24. Wenn dein Mund
schon viel von Gott redet/ und dein Hertz ist fer-
ne davon/ das kommt nicht für die Ohren deß
HErrn. Wenn aber das Hertze redet/ ob
schon der Mund schweiget/ das ist eine Stimme
für dem HErrn/ dazu wendet er gerne seine Oh-
ren. Das nimm wahr bey Mose; wenn der-
selbe mit Israel stund bey dem rothen Meer/
und hatte seinen Feind hinter sich/ stund er in
Angst. Aber der HErr sprach zu ihm: Was
schreyestu zu mir?
Exod. 14, 15. was war das
für ein Schreyen? Wir mercken auß der Hi-
storie nicht/ daß er solt ein groß Heulen mit dem
Munde getrieben haben/ denn damit hätte er
das verzagte Volck noch mehr würden verzaget
machen; Moses spricht dem Volck getrost zu/
und war doch sein Hertz voller Angst/ und schrey

zum
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Die erſte Betrachtung.
knien; Da muſtu beugen die Knie deines Her-
tzens/ deine Seele in Demuth bücken und beu-
gen/ und alſo deinen GOtt anbeten und preiſen.

Merck dieſe Weiſe GOtt zu loben und anzu-
ruffen gar wohl. Mit deinem gantzen Hertzen
muſtu in den heiligen Tempel GOttes treten.
Denn was iſts für eine Stimme/ darauff deß
HErrn Ohren hören? nicht eine Stimme deß
Mundes/ ſondern deß Hertzens. Denn Gott iſt
ein Geiſt/ ſo erhöret er auch nur was auß dem
Geiſt kommt/ Joh. 4, 24. Wenn dein Mund
ſchon viel von Gott redet/ und dein Hertz iſt fer-
ne davon/ das kommt nicht für die Ohren deß
HErrn. Wenn aber das Hertze redet/ ob
ſchon der Mund ſchweiget/ das iſt eine Stimme
für dem HErrn/ dazu wendet er gerne ſeine Oh-
ren. Das nimm wahr bey Moſe; wenn der-
ſelbe mit Iſrael ſtund bey dem rothen Meer/
und hatte ſeinen Feind hinter ſich/ ſtund er in
Angſt. Aber der HErr ſprach zu ihm: Was
ſchreyeſtu zu mir?
Exod. 14, 15. was war das
für ein Schreyen? Wir mercken auß der Hi-
ſtorie nicht/ daß er ſolt ein groß Heulen mit dem
Munde getrieben haben/ denn damit hätte er
das verzagte Volck noch mehr würden verzaget
machen; Moſes ſpricht dem Volck getroſt zu/
und war doch ſein Hertz voller Angſt/ und ſchrey

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[773/0796] Die erſte Betrachtung. knien; Da muſtu beugen die Knie deines Her- tzens/ deine Seele in Demuth bücken und beu- gen/ und alſo deinen GOtt anbeten und preiſen. Merck dieſe Weiſe GOtt zu loben und anzu- ruffen gar wohl. Mit deinem gantzen Hertzen muſtu in den heiligen Tempel GOttes treten. Denn was iſts für eine Stimme/ darauff deß HErrn Ohren hören? nicht eine Stimme deß Mundes/ ſondern deß Hertzens. Denn Gott iſt ein Geiſt/ ſo erhöret er auch nur was auß dem Geiſt kommt/ Joh. 4, 24. Wenn dein Mund ſchon viel von Gott redet/ und dein Hertz iſt fer- ne davon/ das kommt nicht für die Ohren deß HErrn. Wenn aber das Hertze redet/ ob ſchon der Mund ſchweiget/ das iſt eine Stimme für dem HErrn/ dazu wendet er gerne ſeine Oh- ren. Das nimm wahr bey Moſe; wenn der- ſelbe mit Iſrael ſtund bey dem rothen Meer/ und hatte ſeinen Feind hinter ſich/ ſtund er in Angſt. Aber der HErr ſprach zu ihm: Was ſchreyeſtu zu mir? Exod. 14, 15. was war das für ein Schreyen? Wir mercken auß der Hi- ſtorie nicht/ daß er ſolt ein groß Heulen mit dem Munde getrieben haben/ denn damit hätte er das verzagte Volck noch mehr würden verzaget machen; Moſes ſpricht dem Volck getroſt zu/ und war doch ſein Hertz voller Angſt/ und ſchrey zum C c c iij

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/796>, abgerufen am 22.11.2024.