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Luther, Martin: [95 Thesen (Populartitel) =] Der Neundte Teil der Buecher des Ehrnwirdigen Herrn D. Martini Lutheri (= Werke [Deutsche Abteilung]. Bd. 9), Bl. 9v–13r.

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Propositiones Doct. Mart. Luth.
nahe verzweiuelung/ vnd sicherheit/ von einander vnterscheiden
sind.

17.    Es scheint/ als müsse im Fegfewer/ gleich wie die angst vnd
schrecken an den Seelen abnimpt/ Also auch die liebe an jnen wachsen
vnd zunemen.

18.    Es scheinet auch vnbeweiset sein/ weder durch gute Vrsachen/
noch durch Schrifft/ das die Seelen im Fegfewer ausser dem stand des
verdiensts/ oder des zünemens an der Lieb seien.

19.    Es scheinet auch dis vnerweiset sein/ Das die Seelen im Feg-
fewer/ zum wenigsten alle/ jrer seligkeit gewis vnd vnbekümmert seien/
ob wir schon des gantz gewis sind.

20.    Derhalben meinet noch verstehet der Bapst nicht/ durch diese
wort (volkomene vergebung aller pein) das in gemein allerley pein
vergeben werde/ Sondern mein[e]t die pein allein/ die er selbs hat auff-
gelegt.

21.    Derhalben jrren die Ablasprediger / die da sagen/ Das durch
des Bapsts Ablas der Mensch von aller pein los vnd selig werde.

22.    Ja/ der Bapst erlesset kein pein den Seelen im Fegfewer/ die
sie hetten in diesem leben/ laut der Canonum/ sollen büssen vnd bezalen.

23.    Ja/ so jrgend ein vergebung aller pein jemand kan gegeben
werden/ ists gewis/ das die allein den volkomenesten/ das ist/ den gar
wenigen/ gegeben werde.

24.    Darumb mus der grösser teil vnter den Leuten betrogen
werden/ durch die prechtige Verheissung on alle vnterscheide/ dem ge-
meinen Man eingebildet von bezalter pein.

25.    Gleichen gewalt/ wie der Bapst hat vber das Fegfewer/
durchaus vnd in gemein/ So haben auch ein jeder Bischoff vnd Seel-
sorger/ in seinem Bisthumb vnd Pfarr/ in sonderheit/ oder bey den sei-
nen.

26.    Der Bapst thut sehr wol dran/ das er nicht aus gewalt des
Schlüssels (den Er nicht hat) sondern durch hülffe/ oder fürbitt weise/
den Seelen vergebung schencket.

27.    Die predigen Menschentand/ die da fürgeben/ das/ so bald
der Grosschen in den kasten geworffen/ klinget/ von stund an die Seele
aus dem Fegfewer fare.

28.    Das ist gewis/ als bald der Grosschen im kasten klinget/ das
gewinst vnd Geitz kome/ zunemen vnd grösser werden/ Die hülffe
aber/ oder die fürbitt der Kirchen stehet allein in Gottes willen vnd
wolgefallen.

29.    Wer weis/ ob auch alle Seelen im Fegfewer wollen erlöset
sein/ wie man sagt/ das es mit S. Seuerino vnd Paschalio sey zugan-
gen.

30.    Niemand ist des gewis/ das Er ware rew vnd leid gnug

habe/

Propoſitiones Doct. Mart. Luth.
nahe verzweiuelung/ vnd ſicherheit/ von einander vnterſcheiden
ſind.

17.    Es ſcheint/ als muͤſſe im Fegfewer/ gleich wie die angſt vnd
ſchrecken an den Seelen abnimpt/ Also auch die liebe an jnen wachſen
vnd zunemen.

18.    Es ſcheinet auch vnbeweiſet ſein/ weder durch gute Vrſachen/
noch durch Schrifft/ das die Seelen im Fegfewer auſſer dem ſtand des
verdienſts/ oder des zuͤnemens an der Lieb ſeien.

19.    Es ſcheinet auch dis vnerweiſet ſein/ Das die Seelen im Feg-
fewer/ zum wenigſten alle/ jrer ſeligkeit gewis vnd vnbekuͤmmert ſeien/
ob wir ſchon des gantz gewis ſind.

20.    Derhalben meinet noch verſtehet der Bapſt nicht/ durch dieſe
wort (volkomene vergebung aller pein) das in gemein allerley pein
vergeben werde/ Sondern mein[e]t die pein allein/ die er ſelbs hat auff-
gelegt.

21.    Derhalben jrren die Ablasprediger / die da ſagen/ Das durch
des Bapſts Ablas der Menſch von aller pein los vnd ſelig werde.

22.    Ja/ der Bapſt erleſſet kein pein den Seelen im Fegfewer/ die
ſie hetten in dieſem leben/ laut der Canonum/ ſollen buͤſſen vnd bezalen.

23.    Ja/ ſo jrgend ein vergebung aller pein jemand kan gegeben
werden/ iſts gewis/ das die allein den volkomeneſten/ das iſt/ den gar
wenigen/ gegeben werde.

24.    Darumb mus der groͤſſer teil vnter den Leuten betrogen
werden/ durch die prechtige Verheiſſung on alle vnterſcheide/ dem ge-
meinen Man eingebildet von bezalter pein.

25.    Gleichen gewalt/ wie der Bapſt hat vber das Fegfewer/
durchaus vnd in gemein/ So haben auch ein jeder Biſchoff vnd Seel-
ſorger/ in ſeinem Biſthumb vnd Pfarr/ in ſonderheit/ oder bey den ſei-
nen.

26.    Der Bapſt thut ſehr wol dran/ das er nicht aus gewalt des
Schluͤſſels (den Er nicht hat) ſondern durch huͤlffe/ oder fuͤrbitt weiſe/
den Seelen vergebung ſchencket.

27.    Die predigen Menſchentand/ die da fuͤrgeben/ das/ ſo bald
der Groſſchen in den kaſten geworffen/ klinget/ von ſtund an die Seele
aus dem Fegfewer fare.

28.    Das iſt gewis/ als bald der Groſſchen im kaſten klinget/ das
gewinſt vnd Geitz kome/ zunemen vnd groͤſſer werden/ Die huͤlffe
aber/ oder die fuͤrbitt der Kirchen ſtehet allein in Gottes willen vnd
wolgefallen.

29.    Wer weis/ ob auch alle Seelen im Fegfewer wollen erloͤſet
ſein/ wie man ſagt/ das es mit S. Seuerino vnd Paſchalio ſey zugan-
gen.

30.    Niemand iſt des gewis/ das Er ware rew vnd leid gnug

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Christian Thomas, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-06-20T14:06:17Z)

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Zitationshilfe: Luther, Martin: [95 Thesen (Populartitel) =] Der Neundte Teil der Buecher des Ehrnwirdigen Herrn D. Martini Lutheri (= Werke [Deutsche Abteilung]. Bd. 9), Bl. 9v–13r, S. 10v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luther_thesen_1557/3>, abgerufen am 01.06.2024.