Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Kapitel.
in allen Punkten derselbe, und er ist von der Richtung
unabhängig.

Besondere Experimente zum Nachweis des Satzes
sind wol nie in der nöthigen Genauigkeit angestellt
worden. Der Satz ist aber durch die Erfahrungen über
Flüssigkeiten sehr nahe gelegt, und macht diese sofort
verständlich.

10. Ist eine Flüssigkeit in einem Gefäss eingeschlossen,
das mit einem Stempel A, dessen Querschnitt der
Flächeneinheit gleich ist, versehen ist, und wird der-
selbe, während der Stempel B befestigt ist, mit dem
Druck p belastet, so herrscht (von der Schwere abge-
sehen) überall im Gefässe derselbe Druck p. Der

[Abbildung] Fig. 65.
Stempel dringt so weit ein, und die
Gefässwände werden so weit deformirt,
dass sich die Elasticitätskräfte der
starren und flüssigen Körper überall
das Gleichgewicht halten. Denkt man
sich nun den Stempel B von dem
Querschnitte f beweglich, so kann nur
der Druck f·p ihn im Gleichgewicht
erhalten.

Wenn Pascal den erwähnten Satz
aus dem Princip der virtuellen Ver-
schiebungen ableitet, so ist zu bemerken, dass das von
ihm erkannte Verschiebungsverhältniss nur durch die
leichte Verschiebbarkeit der Theile und durch die
Gleichheit des Druckes in allen Theilen der Flüssigkeit
bedingt ist. Könnte in einem Flüssigkeitstheil eine
stärkere Compression eintreten als in einem andern, so
wäre das Verschiebungsverhältniss gestört und die Pas-
cal'sche Ableitung nicht mehr zulässig. Wir können
um die Eigenschaft der Druckgleichheit als einer ge-
gebenen nicht herumkommen, wie wir auch erkennen,
wenn wir bedenken, dass auch bei Gasen, bei welchen
von einem constanten Volum auch nicht annähernd die
Rede sein kann, dasselbe Gesetz besteht, welches Pascal
für tropfbare Flüssigkeiten ableitet. Unserer Auf-

Erstes Kapitel.
in allen Punkten derselbe, und er ist von der Richtung
unabhängig.

Besondere Experimente zum Nachweis des Satzes
sind wol nie in der nöthigen Genauigkeit angestellt
worden. Der Satz ist aber durch die Erfahrungen über
Flüssigkeiten sehr nahe gelegt, und macht diese sofort
verständlich.

10. Ist eine Flüssigkeit in einem Gefäss eingeschlossen,
das mit einem Stempel A, dessen Querschnitt der
Flächeneinheit gleich ist, versehen ist, und wird der-
selbe, während der Stempel B befestigt ist, mit dem
Druck p belastet, so herrscht (von der Schwere abge-
sehen) überall im Gefässe derselbe Druck p. Der

[Abbildung] Fig. 65.
Stempel dringt so weit ein, und die
Gefässwände werden so weit deformirt,
dass sich die Elasticitätskräfte der
starren und flüssigen Körper überall
das Gleichgewicht halten. Denkt man
sich nun den Stempel B von dem
Querschnitte f beweglich, so kann nur
der Druck f·p ihn im Gleichgewicht
erhalten.

Wenn Pascal den erwähnten Satz
aus dem Princip der virtuellen Ver-
schiebungen ableitet, so ist zu bemerken, dass das von
ihm erkannte Verschiebungsverhältniss nur durch die
leichte Verschiebbarkeit der Theile und durch die
Gleichheit des Druckes in allen Theilen der Flüssigkeit
bedingt ist. Könnte in einem Flüssigkeitstheil eine
stärkere Compression eintreten als in einem andern, so
wäre das Verschiebungsverhältniss gestört und die Pas-
cal’sche Ableitung nicht mehr zulässig. Wir können
um die Eigenschaft der Druckgleichheit als einer ge-
gebenen nicht herumkommen, wie wir auch erkennen,
wenn wir bedenken, dass auch bei Gasen, bei welchen
von einem constanten Volum auch nicht annähernd die
Rede sein kann, dasselbe Gesetz besteht, welches Pascal
für tropfbare Flüssigkeiten ableitet. Unserer Auf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="88"/><fw place="top" type="header">Erstes Kapitel.</fw><lb/>
in allen Punkten derselbe, und er ist von der Richtung<lb/>
unabhängig.</p><lb/>
          <p>Besondere Experimente zum Nachweis des Satzes<lb/>
sind wol nie in der nöthigen Genauigkeit angestellt<lb/>
worden. Der Satz ist aber durch die Erfahrungen über<lb/>
Flüssigkeiten sehr nahe gelegt, und macht diese sofort<lb/>
verständlich.</p><lb/>
          <p>10. Ist eine Flüssigkeit in einem Gefäss eingeschlossen,<lb/>
das mit einem Stempel <hi rendition="#i">A</hi>, dessen Querschnitt der<lb/>
Flächeneinheit gleich ist, versehen ist, und wird der-<lb/>
selbe, während der Stempel <hi rendition="#i">B</hi> befestigt ist, mit dem<lb/>
Druck <hi rendition="#i">p</hi> belastet, so herrscht (von der Schwere abge-<lb/>
sehen) überall im Gefässe derselbe Druck <hi rendition="#i">p</hi>. Der<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 65.</hi></head></figure><lb/>
Stempel dringt so weit ein, und die<lb/>
Gefässwände werden so weit deformirt,<lb/>
dass sich die Elasticitätskräfte der<lb/>
starren und flüssigen Körper überall<lb/>
das Gleichgewicht halten. Denkt man<lb/>
sich nun den Stempel <hi rendition="#i">B</hi> von dem<lb/>
Querschnitte <hi rendition="#i">f</hi> beweglich, so kann nur<lb/>
der Druck <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">f·p</hi></hi> ihn im Gleichgewicht<lb/>
erhalten.</p><lb/>
          <p>Wenn Pascal den erwähnten Satz<lb/>
aus dem Princip der virtuellen Ver-<lb/>
schiebungen ableitet, so ist zu bemerken, dass das von<lb/>
ihm erkannte Verschiebungsverhältniss nur durch die<lb/>
leichte Verschiebbarkeit der Theile und durch die<lb/>
Gleichheit des Druckes in allen Theilen der Flüssigkeit<lb/>
bedingt ist. Könnte in einem Flüssigkeitstheil eine<lb/>
stärkere Compression eintreten als in einem andern, so<lb/>
wäre das Verschiebungsverhältniss gestört und die Pas-<lb/>
cal&#x2019;sche Ableitung nicht mehr zulässig. Wir können<lb/>
um die Eigenschaft der Druckgleichheit als einer ge-<lb/>
gebenen nicht herumkommen, wie wir auch erkennen,<lb/>
wenn wir bedenken, dass auch bei Gasen, bei welchen<lb/>
von einem constanten Volum auch nicht annähernd die<lb/>
Rede sein kann, dasselbe Gesetz besteht, welches Pascal<lb/>
für tropfbare Flüssigkeiten ableitet. Unserer Auf-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0100] Erstes Kapitel. in allen Punkten derselbe, und er ist von der Richtung unabhängig. Besondere Experimente zum Nachweis des Satzes sind wol nie in der nöthigen Genauigkeit angestellt worden. Der Satz ist aber durch die Erfahrungen über Flüssigkeiten sehr nahe gelegt, und macht diese sofort verständlich. 10. Ist eine Flüssigkeit in einem Gefäss eingeschlossen, das mit einem Stempel A, dessen Querschnitt der Flächeneinheit gleich ist, versehen ist, und wird der- selbe, während der Stempel B befestigt ist, mit dem Druck p belastet, so herrscht (von der Schwere abge- sehen) überall im Gefässe derselbe Druck p. Der [Abbildung Fig. 65.] Stempel dringt so weit ein, und die Gefässwände werden so weit deformirt, dass sich die Elasticitätskräfte der starren und flüssigen Körper überall das Gleichgewicht halten. Denkt man sich nun den Stempel B von dem Querschnitte f beweglich, so kann nur der Druck f·p ihn im Gleichgewicht erhalten. Wenn Pascal den erwähnten Satz aus dem Princip der virtuellen Ver- schiebungen ableitet, so ist zu bemerken, dass das von ihm erkannte Verschiebungsverhältniss nur durch die leichte Verschiebbarkeit der Theile und durch die Gleichheit des Druckes in allen Theilen der Flüssigkeit bedingt ist. Könnte in einem Flüssigkeitstheil eine stärkere Compression eintreten als in einem andern, so wäre das Verschiebungsverhältniss gestört und die Pas- cal’sche Ableitung nicht mehr zulässig. Wir können um die Eigenschaft der Druckgleichheit als einer ge- gebenen nicht herumkommen, wie wir auch erkennen, wenn wir bedenken, dass auch bei Gasen, bei welchen von einem constanten Volum auch nicht annähernd die Rede sein kann, dasselbe Gesetz besteht, welches Pascal für tropfbare Flüssigkeiten ableitet. Unserer Auf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/100
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/100>, abgerufen am 21.11.2024.