ein Minimum werden, so liefert die Integration der zugehörigen Gleichung 3
[Formel 1]
Ist Z ein Minimum, so ist es auch 2[p]Z, und die ge- fundene Curve liefert um die Abscissenaxe rotirt die kleinste Umdrehungsfläche. Einem Minimum von Z ent- spricht auch die tiefste Lage des Schwerpunktes der homogen schwer gedachten Curve, welche demnach eine Kettenlinie ist. Die Bestimmung der Constanten c, c' geschieht wie oben mit Hülfe der Grenzbedingungen.
Bei Behandlung mechanischer Aufgaben unterscheidet man die in der Zeit wirklich eintretenden Zuwüchse der Coordinaten dx, dy, dz von den möglichen Ver- schiebungen [d]x, [d]y, [d]z, welche man (z. B. bei Ver- wendung des Princips der virtuellen Verschiebungen) in Betracht zieht. Letztere sind im allgemeinen keine Varia- tionen, d. h. keine Werthänderungen, welche von Form- änderungen einer Function herrühren. Nur wenn wir ein mechanisches System betrachten, welches ein Continuum ist, wie z. B. ein Faden, eine biegsame Fläche, ein elas- tischer Körper, eine Flüssigkeit, können wir die [d]x, [d]y, [d]z als unbestimmte Functionen der Coordinaten x, y, z ansehen, und haben es dann mit Variationen zu thun.
Wir haben hier keine mathematischen Theorien zu entwickeln, sondern den eigentlich naturwissenschaft- lichen Theil der Mechanik zu behandeln. Die Geschichte der Isoperimeterprobleme und der Variationsrechnung musste aber berührt werden, weil die betreffenden Untersuchungen einen grossen Einfluss auf die Ent- wickelung der Mechanik geübt haben. Der Blick in Bezug auf allgemeinere Eigenschaften von Systemen überhaupt, und auf Maximum-Minimumeigenschaften insbesondere, wurde durch die Beschäftigung mit den erwähnten Aufgaben so geschärft, dass man derartige Eigenschaften an mechanischen Systemen sehr leicht
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Die formelle Entwickelung der Mechanik.
ein Minimum werden, so liefert die Integration der zugehörigen Gleichung 3
[Formel 1]
Ist Z ein Minimum, so ist es auch 2[π]Z, und die ge- fundene Curve liefert um die Abscissenaxe rotirt die kleinste Umdrehungsfläche. Einem Minimum von Z ent- spricht auch die tiefste Lage des Schwerpunktes der homogen schwer gedachten Curve, welche demnach eine Kettenlinie ist. Die Bestimmung der Constanten c, c′ geschieht wie oben mit Hülfe der Grenzbedingungen.
Bei Behandlung mechanischer Aufgaben unterscheidet man die in der Zeit wirklich eintretenden Zuwüchse der Coordinaten dx, dy, dz von den möglichen Ver- schiebungen [δ]x, [δ]y, [δ]z, welche man (z. B. bei Ver- wendung des Princips der virtuellen Verschiebungen) in Betracht zieht. Letztere sind im allgemeinen keine Varia- tionen, d. h. keine Werthänderungen, welche von Form- änderungen einer Function herrühren. Nur wenn wir ein mechanisches System betrachten, welches ein Continuum ist, wie z. B. ein Faden, eine biegsame Fläche, ein elas- tischer Körper, eine Flüssigkeit, können wir die [δ]x, [δ]y, [δ]z als unbestimmte Functionen der Coordinaten x, y, z ansehen, und haben es dann mit Variationen zu thun.
Wir haben hier keine mathematischen Theorien zu entwickeln, sondern den eigentlich naturwissenschaft- lichen Theil der Mechanik zu behandeln. Die Geschichte der Isoperimeterprobleme und der Variationsrechnung musste aber berührt werden, weil die betreffenden Untersuchungen einen grossen Einfluss auf die Ent- wickelung der Mechanik geübt haben. Der Blick in Bezug auf allgemeinere Eigenschaften von Systemen überhaupt, und auf Maximum-Minimumeigenschaften insbesondere, wurde durch die Beschäftigung mit den erwähnten Aufgaben so geschärft, dass man derartige Eigenschaften an mechanischen Systemen sehr leicht
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Die formelle Entwickelung der Mechanik.
ein Minimum werden, so liefert die Integration der
zugehörigen Gleichung 3
[FORMEL] Ist Z ein Minimum, so ist es auch 2πZ, und die ge-
fundene Curve liefert um die Abscissenaxe rotirt die
kleinste Umdrehungsfläche. Einem Minimum von Z ent-
spricht auch die tiefste Lage des Schwerpunktes der
homogen schwer gedachten Curve, welche demnach
eine Kettenlinie ist. Die Bestimmung der Constanten
c, c′ geschieht wie oben mit Hülfe der Grenzbedingungen.
Bei Behandlung mechanischer Aufgaben unterscheidet
man die in der Zeit wirklich eintretenden Zuwüchse
der Coordinaten dx, dy, dz von den möglichen Ver-
schiebungen δx, δy, δz, welche man (z. B. bei Ver-
wendung des Princips der virtuellen Verschiebungen) in
Betracht zieht. Letztere sind im allgemeinen keine Varia-
tionen, d. h. keine Werthänderungen, welche von Form-
änderungen einer Function herrühren. Nur wenn wir ein
mechanisches System betrachten, welches ein Continuum
ist, wie z. B. ein Faden, eine biegsame Fläche, ein elas-
tischer Körper, eine Flüssigkeit, können wir die δx, δy,
δz als unbestimmte Functionen der Coordinaten x, y, z
ansehen, und haben es dann mit Variationen zu thun.
Wir haben hier keine mathematischen Theorien zu
entwickeln, sondern den eigentlich naturwissenschaft-
lichen Theil der Mechanik zu behandeln. Die Geschichte
der Isoperimeterprobleme und der Variationsrechnung
musste aber berührt werden, weil die betreffenden
Untersuchungen einen grossen Einfluss auf die Ent-
wickelung der Mechanik geübt haben. Der Blick in
Bezug auf allgemeinere Eigenschaften von Systemen
überhaupt, und auf Maximum-Minimumeigenschaften
insbesondere, wurde durch die Beschäftigung mit den
erwähnten Aufgaben so geschärft, dass man derartige
Eigenschaften an mechanischen Systemen sehr leicht
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/431>, abgerufen am 23.11.2024.
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