Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

AEneas mit dem Dido zusammen setzt/ da doch die-
ser letztere hundert Jahr zuvor gewesen.

11. Damit aber ein jedes Reim-Gedichte/ in gu-
ter Ordnung stehe/ als werden erfordert die reinen
Reim-Schlüsse/ in welche dasjenige/ was man ab-
fassen wil/ gebracht wird.

12 Nicht jedes Wort giebt wohl einen Reim/ noch
jede Rede einen guten Verß/ denn wir sind nicht alle
Archipoetae, wie Camillus Quernus. Conf. Joh. Bissel
Illustr. Ruin. dec. III. P. 2. pag.
675. Ernst Confect-
Taffel P. 2. pag. 526. oder Nasones, derer Worte
sich in lauter Versse/ wie die Indianische Blätter in
Enten und Vögel verwandeln/ nach Ovidii Ausspruch:

Quicquid conabor, dicere Versius erat.
Mir will ein jedes Wort zu einem Versse werden.

Sondern man muß die Lese und Auslese besser unter
den Worten pflegen/ als der Jubilirer unter den Per-
len und Fisch-Augen/ und der Wintzer unter den Trau-
ben/ also/ daß die tüchtigsten nur genommen/ die übri-
gen ausgesondert werden/ als unechte Kinder.

13 Die Reim-Schlüsse/ weil man sie nach Belie-
ben verlängern oder verkürtzen kan/ geben hernach un-
terschiedene Arten der Gedichte/ nachdem einen sein
Sinn trägt/ ein Genus durchzuführen.

14 Derjenige/ so Versse will machen/ muß von gu-
ter Invention und Judicio seyn/ daß er nicht wie
M. Carl Seyfart in seinem Poetischen Glücks-Topf-
fe/ GOTT den HErrn einen Bettel-Vogt schänd-
licher Weise nenne. pag. 407. Da er schreibt

Bist
E 2

Æneas mit dem Dido zuſammen ſetzt/ da doch die-
ſer letztere hundert Jahr zuvor geweſen.

11. Damit aber ein jedes Reim-Gedichte/ in gu-
ter Ordnung ſtehe/ als werden erfordert die reinen
Reim-Schluͤſſe/ in welche dasjenige/ was man ab-
faſſen wil/ gebracht wird.

12 Nicht jedes Wort giebt wohl einen Reim/ noch
jede Rede einen guten Verß/ denn wir ſind nicht alle
Archipoetæ, wie Camillus Quernus. Conf. Joh. Bisſel
Illuſtr. Ruin. dec. III. P. 2. pag.
675. Ernſt Confect-
Taffel P. 2. pag. 526. oder Naſones, derer Worte
ſich in lauter Verſſe/ wie die Indianiſche Blaͤtter in
Enten und Voͤgel verwandeln/ nach Ovidii Ausſpruch:

Quicquid conabor, dicere Verſius erat.
Mir will ein jedes Wort zu einem Verſſe werden.

Sondern man muß die Leſe und Ausleſe beſſer unter
den Worten pflegen/ als der Jubilirer unter den Per-
len und Fiſch-Augen/ und der Wintzer unter den Trau-
ben/ alſo/ daß die tuͤchtigſten nur genommen/ die uͤbri-
gen ausgeſondert werden/ als unechte Kinder.

13 Die Reim-Schluͤſſe/ weil man ſie nach Belie-
ben verlaͤngern oder verkuͤrtzen kan/ geben hernach un-
terſchiedene Arten der Gedichte/ nachdem einen ſein
Sinn traͤgt/ ein Genus durchzufuͤhren.

14 Derjenige/ ſo Verſſe will machen/ muß von gu-
ter Invention und Judicio ſeyn/ daß er nicht wie
M. Carl Seyfart in ſeinem Poetiſchen Gluͤcks-Topf-
fe/ GOTT den HErrn einen Bettel-Vogt ſchaͤnd-
licher Weiſe nenne. pag. 407. Da er ſchreibt

Biſt
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0047" n="35"/><hi rendition="#aq">Æneas</hi> mit dem <hi rendition="#aq">Dido</hi> zu&#x017F;ammen &#x017F;etzt/ da doch die-<lb/>
&#x017F;er letztere hundert Jahr zuvor gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>11. Damit aber ein jedes Reim-Gedichte/ in gu-<lb/>
ter Ordnung &#x017F;tehe/ als werden erfordert die reinen<lb/>
Reim-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ in welche dasjenige/ was man ab-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en wil/ gebracht wird.</p><lb/>
          <p>12 Nicht jedes Wort giebt wohl einen Reim/ noch<lb/>
jede Rede einen guten Verß/ denn wir &#x017F;ind nicht alle<lb/><hi rendition="#aq">Archipoetæ,</hi> wie <hi rendition="#aq">Camillus Quernus. Conf. <hi rendition="#i">J</hi>oh. Bis&#x017F;el<lb/>
Illu&#x017F;tr. Ruin. dec. III. P. 2. pag.</hi> 675. Ern&#x017F;t Confect-<lb/>
Taffel <hi rendition="#aq">P. 2. pag.</hi> 526. oder <hi rendition="#aq">Na&#x017F;ones,</hi> derer Worte<lb/>
&#x017F;ich in lauter Ver&#x017F;&#x017F;e/ wie die <hi rendition="#aq">Indiani</hi>&#x017F;che Bla&#x0364;tter in<lb/>
Enten und Vo&#x0364;gel verwandeln/ nach <hi rendition="#aq">Ovidii</hi> Aus&#x017F;pruch:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Quicquid conabor, dicere Ver&#x017F;ius erat.</hi> </quote>
            <bibl/>
          </cit><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Mir will ein jedes Wort zu einem Ver&#x017F;&#x017F;e werden.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Sondern man muß die Le&#x017F;e und Ausle&#x017F;e be&#x017F;&#x017F;er unter<lb/>
den Worten pflegen/ als der Jubilirer unter den Per-<lb/>
len und Fi&#x017F;ch-Augen/ und der Wintzer unter den Trau-<lb/>
ben/ al&#x017F;o/ daß die tu&#x0364;chtig&#x017F;ten nur genommen/ die u&#x0364;bri-<lb/>
gen ausge&#x017F;ondert werden/ als unechte Kinder.</p><lb/>
          <p>13 Die Reim-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ weil man &#x017F;ie nach Belie-<lb/>
ben verla&#x0364;ngern oder verku&#x0364;rtzen kan/ geben hernach un-<lb/>
ter&#x017F;chiedene Arten der Gedichte/ nachdem einen &#x017F;ein<lb/>
Sinn tra&#x0364;gt/ ein <hi rendition="#aq">Genus</hi> durchzufu&#x0364;hren.</p><lb/>
          <p>14 Derjenige/ &#x017F;o Ver&#x017F;&#x017F;e will machen/ muß von gu-<lb/>
ter <hi rendition="#aq">Invention</hi> und <hi rendition="#aq">Judicio</hi> &#x017F;eyn/ daß er nicht wie<lb/><hi rendition="#aq">M.</hi> Carl Seyfart in &#x017F;einem Poeti&#x017F;chen Glu&#x0364;cks-Topf-<lb/>
fe/ GOTT den HErrn einen Bettel-Vogt &#x017F;cha&#x0364;nd-<lb/>
licher Wei&#x017F;e nenne. <hi rendition="#aq">pag.</hi> 407. Da er &#x017F;chreibt</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Bi&#x017F;t</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0047] Æneas mit dem Dido zuſammen ſetzt/ da doch die- ſer letztere hundert Jahr zuvor geweſen. 11. Damit aber ein jedes Reim-Gedichte/ in gu- ter Ordnung ſtehe/ als werden erfordert die reinen Reim-Schluͤſſe/ in welche dasjenige/ was man ab- faſſen wil/ gebracht wird. 12 Nicht jedes Wort giebt wohl einen Reim/ noch jede Rede einen guten Verß/ denn wir ſind nicht alle Archipoetæ, wie Camillus Quernus. Conf. Joh. Bisſel Illuſtr. Ruin. dec. III. P. 2. pag. 675. Ernſt Confect- Taffel P. 2. pag. 526. oder Naſones, derer Worte ſich in lauter Verſſe/ wie die Indianiſche Blaͤtter in Enten und Voͤgel verwandeln/ nach Ovidii Ausſpruch: Quicquid conabor, dicere Verſius erat. Mir will ein jedes Wort zu einem Verſſe werden. Sondern man muß die Leſe und Ausleſe beſſer unter den Worten pflegen/ als der Jubilirer unter den Per- len und Fiſch-Augen/ und der Wintzer unter den Trau- ben/ alſo/ daß die tuͤchtigſten nur genommen/ die uͤbri- gen ausgeſondert werden/ als unechte Kinder. 13 Die Reim-Schluͤſſe/ weil man ſie nach Belie- ben verlaͤngern oder verkuͤrtzen kan/ geben hernach un- terſchiedene Arten der Gedichte/ nachdem einen ſein Sinn traͤgt/ ein Genus durchzufuͤhren. 14 Derjenige/ ſo Verſſe will machen/ muß von gu- ter Invention und Judicio ſeyn/ daß er nicht wie M. Carl Seyfart in ſeinem Poetiſchen Gluͤcks-Topf- fe/ GOTT den HErrn einen Bettel-Vogt ſchaͤnd- licher Weiſe nenne. pag. 407. Da er ſchreibt Biſt E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/47
Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/47>, abgerufen am 21.11.2024.