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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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duction, was häufig als ein Zeichen herannahenden Verfalls
angesehen werden kann. Doch darf man sich die bezeichneten
Stadien nicht als in allen Productionsgebieten gleichzeitig ein-
tretend vorstellen. Gerade die vollkommenen Unternehmungen
rufen öfter unvollkommene neue hervor. Auch bringt es die eigen-
thümliche Art mancher Productionen mit sich, daß sie von jenem
Verlauf der Entwickelung mehrfach abweichen oder ihn auch gar
nicht oder nur zum Theil durchmachen.

Die Occupation freiwilliger Naturgaben 1) springt meistens
und zwar sehr früh von der Eigenproduction zur vollkommenen
Unternehmung über, was sich einerseits aus der hier alsbald
hervortretenden Lästigkeit und Unzuverlässigkeit der Eigenpro-
duction, andererseits daraus erklärt, daß die Möglichkeit, be-
sondere persönliche Qualificationen dabei zur Ausnutzung zu brin-
gen, und die Freiheit der Bewegung, die dabei obwaltet, zu
vollkommenen Unternehmungen anreizt. Man denke sich z. B.
einen Volksstamm, der sich eben feste Wohnsitze erwählt hat,
dabei aber noch von Jägerei und Fischfang seine Hauptnahrung
zieht. Der Vortheil einer Theilung der Beschäftigungen wird
alsbald hervortreten, die Einen werden die häuslichen Arbeiten,
die Andern die Jagd oder die Fischerei übernehmen. Von den
Letzteren aber werden die Geschickteren -- und an diesen wird
es nicht fehlen, da die Ergreifung der betreffenden Beschäftigun-

1) Wir folgen im Nachstehenden bei der Eintheilung der Productiv-
beschäftigungen Roscher (§. 38), doch übergehen wir die Entdeckungen und
Erfindungen, die nach unsrer Ansicht kaum zu den wirthschaftlichen Arbeiten
zu rechnen sind -- eine entgegengesetzte Auffassung bei Riedel §§. 172--180 --
und jedenfalls nicht füglich selbst Gegenstand einer Unternehmung werden
können, wenn auch ihre Anwendung zu solchen Veranlassung giebt. -- Mehr
oder weniger übereinstimmende Eintheilungen der productiven Beschäftigun-
gen u. A. bei Riedel (§. 171) und Dunoyer (in der Einleitung).

duction, was haͤufig als ein Zeichen herannahenden Verfalls
angeſehen werden kann. Doch darf man ſich die bezeichneten
Stadien nicht als in allen Productionsgebieten gleichzeitig ein-
tretend vorſtellen. Gerade die vollkommenen Unternehmungen
rufen oͤfter unvollkommene neue hervor. Auch bringt es die eigen-
thuͤmliche Art mancher Productionen mit ſich, daß ſie von jenem
Verlauf der Entwickelung mehrfach abweichen oder ihn auch gar
nicht oder nur zum Theil durchmachen.

Die Occupation freiwilliger Naturgaben 1) ſpringt meiſtens
und zwar ſehr fruͤh von der Eigenproduction zur vollkommenen
Unternehmung uͤber, was ſich einerſeits aus der hier alsbald
hervortretenden Laͤſtigkeit und Unzuverlaͤſſigkeit der Eigenpro-
duction, andererſeits daraus erklaͤrt, daß die Moͤglichkeit, be-
ſondere perſoͤnliche Qualificationen dabei zur Ausnutzung zu brin-
gen, und die Freiheit der Bewegung, die dabei obwaltet, zu
vollkommenen Unternehmungen anreizt. Man denke ſich z. B.
einen Volksſtamm, der ſich eben feſte Wohnſitze erwaͤhlt hat,
dabei aber noch von Jaͤgerei und Fiſchfang ſeine Hauptnahrung
zieht. Der Vortheil einer Theilung der Beſchaͤftigungen wird
alsbald hervortreten, die Einen werden die haͤuslichen Arbeiten,
die Andern die Jagd oder die Fiſcherei uͤbernehmen. Von den
Letzteren aber werden die Geſchickteren — und an dieſen wird
es nicht fehlen, da die Ergreifung der betreffenden Beſchaͤftigun-

1) Wir folgen im Nachſtehenden bei der Eintheilung der Productiv-
beſchäftigungen Roſcher (§. 38), doch übergehen wir die Entdeckungen und
Erfindungen, die nach unſrer Anſicht kaum zu den wirthſchaftlichen Arbeiten
zu rechnen ſind — eine entgegengeſetzte Auffaſſung bei Riedel §§. 172—180 —
und jedenfalls nicht füglich ſelbſt Gegenſtand einer Unternehmung werden
können, wenn auch ihre Anwendung zu ſolchen Veranlaſſung giebt. — Mehr
oder weniger übereinſtimmende Eintheilungen der productiven Beſchäftigun-
gen u. A. bei Riedel (§. 171) und Dunoyer (in der Einleitung).
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[71/0083] duction, was haͤufig als ein Zeichen herannahenden Verfalls angeſehen werden kann. Doch darf man ſich die bezeichneten Stadien nicht als in allen Productionsgebieten gleichzeitig ein- tretend vorſtellen. Gerade die vollkommenen Unternehmungen rufen oͤfter unvollkommene neue hervor. Auch bringt es die eigen- thuͤmliche Art mancher Productionen mit ſich, daß ſie von jenem Verlauf der Entwickelung mehrfach abweichen oder ihn auch gar nicht oder nur zum Theil durchmachen. Die Occupation freiwilliger Naturgaben 1) ſpringt meiſtens und zwar ſehr fruͤh von der Eigenproduction zur vollkommenen Unternehmung uͤber, was ſich einerſeits aus der hier alsbald hervortretenden Laͤſtigkeit und Unzuverlaͤſſigkeit der Eigenpro- duction, andererſeits daraus erklaͤrt, daß die Moͤglichkeit, be- ſondere perſoͤnliche Qualificationen dabei zur Ausnutzung zu brin- gen, und die Freiheit der Bewegung, die dabei obwaltet, zu vollkommenen Unternehmungen anreizt. Man denke ſich z. B. einen Volksſtamm, der ſich eben feſte Wohnſitze erwaͤhlt hat, dabei aber noch von Jaͤgerei und Fiſchfang ſeine Hauptnahrung zieht. Der Vortheil einer Theilung der Beſchaͤftigungen wird alsbald hervortreten, die Einen werden die haͤuslichen Arbeiten, die Andern die Jagd oder die Fiſcherei uͤbernehmen. Von den Letzteren aber werden die Geſchickteren — und an dieſen wird es nicht fehlen, da die Ergreifung der betreffenden Beſchaͤftigun- 1) Wir folgen im Nachſtehenden bei der Eintheilung der Productiv- beſchäftigungen Roſcher (§. 38), doch übergehen wir die Entdeckungen und Erfindungen, die nach unſrer Anſicht kaum zu den wirthſchaftlichen Arbeiten zu rechnen ſind — eine entgegengeſetzte Auffaſſung bei Riedel §§. 172—180 — und jedenfalls nicht füglich ſelbſt Gegenſtand einer Unternehmung werden können, wenn auch ihre Anwendung zu ſolchen Veranlaſſung giebt. — Mehr oder weniger übereinſtimmende Eintheilungen der productiven Beſchäftigun- gen u. A. bei Riedel (§. 171) und Dunoyer (in der Einleitung).

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/83>, abgerufen am 27.11.2024.