Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583.

Bild:
<< vorherige Seite

mitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum. Vt & in latina lingua, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / ein Sünder wenn er rechtschaffen zu seim selbs Erkäntniß kompt / bedünckt jhn nicht alleine das er ein Sünder sey / concretiue seu adiectiue, oder Sündig sey vnd Sünde habe: Sondern auch abstractiue seu substantiue, das ist / Es bedünckt jhn nicht alleine / das er ein elender Mensch sey / sondern das Elendt selbst / vnd nicht allein / daß er ein Sünder sey / sondern die Sünde vnd der Fluch selbst. Als wenn wir in der Lateinischen Sprach anzeigen wollen / daß einer ein sehr arger vnd böser Schalck sey / nennen wir in scelus die Schalckheit oder Boßheit selbst.

Zwey Stück sind in diesen Worten Lutheri / darauß wie er seine Wort wölle verstanden haben / kan erkent werden. Das erste ist / das er spricht: Wenn der Sünder rechtschaffen zu seim selbst Erkäntnüß kompt (sentit videtur) so bedünckt jnen / es ist jhm also zu sinn oder muht nicht alleine / als sey er ein Sünder: sondern es dünckt jhnen von wegen der grossen Trawrigkeit vnd Anfechtung die er in seinem Hertzen empfindet / als sey er die Sünde selbst. Das ander das er spricht / wenn man den Menschen die Sünde selbst nennet / geschehe das nicht eigentlich / das man wölle das er die Sünde selbst sey: sondern es geschehe also oder auff die Weise / als wenn man in der Lateinischen Sprache / einen argen Schalck / den man sehr schelten will / nicht scelestum einen Schalck heisset / sondern scelus / das ist die Boßheit selbst. Wann diese zwey Stück erwogen werden / ist leicht zu vrtheilen das Lutherus hie nicht proprie eigentlich / sondern Figürlich oder per Epitasin den sündigen Menschen die Sünde selbst genandt habe / nemmlich weil er sich in hohen Anfechtungen also bedüncken lest / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern die Sünde selbst / etc. nicht das er eigentlich zu reden die Sünde selbst were.

E. iiij. fac. 2.

Wirdt die schöne Gleichnüß fürbracht: Wann einer fürgebe /

mitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum. Vt & in latina lingua, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / ein Sünder wenn er rechtschaffen zu seim selbs Erkäntniß kompt / bedünckt jhn nicht alleine das er ein Sünder sey / concretiuè seu adiectiuè, oder Sündig sey vnd Sünde habe: Sondern auch abstractiuè seu substantiuè, das ist / Es bedünckt jhn nicht alleine / das er ein elender Mensch sey / sondern das Elendt selbst / vnd nicht allein / daß er ein Sünder sey / sondern die Sünde vnd der Fluch selbst. Als wenn wir in der Lateinischen Sprach anzeigen wollen / daß einer ein sehr arger vnd böser Schalck sey / nennen wir in scelus die Schalckheit oder Boßheit selbst.

Zwey Stück sind in diesen Worten Lutheri / darauß wie er seine Wort wölle verstanden haben / kan erkent werden. Das erste ist / das er spricht: Wenn der Sünder rechtschaffen zu seim selbst Erkäntnüß kompt (sentit videtur) so bedünckt jnen / es ist jhm also zu sinn oder muht nicht alleine / als sey er ein Sünder: sondern es dünckt jhnen von wegen der grossen Trawrigkeit vnd Anfechtung die er in seinem Hertzen empfindet / als sey er die Sünde selbst. Das ander das er spricht / wenn man den Menschen die Sünde selbst nennet / geschehe das nicht eigentlich / das man wölle das er die Sünde selbst sey: sondern es geschehe also oder auff die Weise / als wenn man in der Lateinischen Sprache / einen argen Schalck / den man sehr schelten will / nicht scelestum einen Schalck heisset / sondern scelus / das ist die Boßheit selbst. Wann diese zwey Stück erwogen werden / ist leicht zu vrtheilen das Lutherus hie nicht propriè eigentlich / sondern Figürlich oder per Epitasin den sündigen Menschen die Sünde selbst genandt habe / nem̃lich weil er sich in hohen Anfechtungen also bedüncken lest / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern die Sünde selbst / etc. nicht das er eigentlich zu reden die Sünde selbst were.

E. iiij. fac. 2.

Wirdt die schöne Gleichnüß fürbracht: Wann einer fürgebe /

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0036"/>
mitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator &amp; maledictus, sed                      ipsum peccatum &amp; maledictum. Vt &amp; in latina lingua, cum excellenter                      volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / ein Sünder                      wenn er rechtschaffen zu seim selbs Erkäntniß kompt / bedünckt jhn nicht alleine                      das er ein Sünder sey / concretiuè seu adiectiuè, oder Sündig sey vnd Sünde                      habe: Sondern auch abstractiuè seu substantiuè, das ist / Es bedünckt jhn nicht                      alleine / das er ein elender Mensch sey / sondern das Elendt selbst / vnd nicht                      allein / daß er ein Sünder sey / sondern die Sünde vnd der Fluch selbst. Als                      wenn wir in der Lateinischen Sprach anzeigen wollen / daß einer ein sehr arger                      vnd böser Schalck sey / nennen wir in scelus die Schalckheit oder Boßheit                      selbst.</p>
        <p>Zwey Stück sind in diesen Worten Lutheri / darauß wie er seine Wort wölle                      verstanden haben / kan erkent werden. Das erste ist / das er spricht: Wenn der                      Sünder rechtschaffen zu seim selbst Erkäntnüß kompt (sentit videtur) so bedünckt                      jnen / es ist jhm also zu sinn oder muht nicht alleine / als sey er ein Sünder:                      sondern es dünckt jhnen von wegen der grossen Trawrigkeit vnd Anfechtung die er                      in seinem Hertzen empfindet / als sey er die Sünde selbst. Das ander das er                      spricht / wenn man den Menschen die Sünde selbst nennet / geschehe das nicht                      eigentlich / das man wölle das er die Sünde selbst sey: sondern es geschehe also                      oder auff die Weise / als wenn man in der Lateinischen Sprache / einen argen                      Schalck / den man sehr schelten will / nicht scelestum einen Schalck heisset /                      sondern scelus / das ist die Boßheit selbst. Wann diese zwey Stück erwogen                      werden / ist leicht zu vrtheilen das Lutherus hie nicht propriè eigentlich /                      sondern Figürlich oder per Epitasin den sündigen Menschen die Sünde selbst                      genandt habe / nem&#x0303;lich weil er sich in hohen Anfechtungen also                      bedüncken lest / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern die Sünde selbst /                      etc. nicht das er eigentlich zu reden die Sünde selbst were.</p>
        <note place="left">E. iiij. fac. 2.</note>
        <p>Wirdt die schöne Gleichnüß fürbracht: Wann einer fürgebe /
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] mitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum. Vt & in latina lingua, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / ein Sünder wenn er rechtschaffen zu seim selbs Erkäntniß kompt / bedünckt jhn nicht alleine das er ein Sünder sey / concretiuè seu adiectiuè, oder Sündig sey vnd Sünde habe: Sondern auch abstractiuè seu substantiuè, das ist / Es bedünckt jhn nicht alleine / das er ein elender Mensch sey / sondern das Elendt selbst / vnd nicht allein / daß er ein Sünder sey / sondern die Sünde vnd der Fluch selbst. Als wenn wir in der Lateinischen Sprach anzeigen wollen / daß einer ein sehr arger vnd böser Schalck sey / nennen wir in scelus die Schalckheit oder Boßheit selbst. Zwey Stück sind in diesen Worten Lutheri / darauß wie er seine Wort wölle verstanden haben / kan erkent werden. Das erste ist / das er spricht: Wenn der Sünder rechtschaffen zu seim selbst Erkäntnüß kompt (sentit videtur) so bedünckt jnen / es ist jhm also zu sinn oder muht nicht alleine / als sey er ein Sünder: sondern es dünckt jhnen von wegen der grossen Trawrigkeit vnd Anfechtung die er in seinem Hertzen empfindet / als sey er die Sünde selbst. Das ander das er spricht / wenn man den Menschen die Sünde selbst nennet / geschehe das nicht eigentlich / das man wölle das er die Sünde selbst sey: sondern es geschehe also oder auff die Weise / als wenn man in der Lateinischen Sprache / einen argen Schalck / den man sehr schelten will / nicht scelestum einen Schalck heisset / sondern scelus / das ist die Boßheit selbst. Wann diese zwey Stück erwogen werden / ist leicht zu vrtheilen das Lutherus hie nicht propriè eigentlich / sondern Figürlich oder per Epitasin den sündigen Menschen die Sünde selbst genandt habe / nem̃lich weil er sich in hohen Anfechtungen also bedüncken lest / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern die Sünde selbst / etc. nicht das er eigentlich zu reden die Sünde selbst were. Wirdt die schöne Gleichnüß fürbracht: Wann einer fürgebe /

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583/36
Zitationshilfe: Marbach, Timotheus u. a.: Refutatio Irenaei. Gründlicher Bericht auf das Examen M. Christophori Irenei, so er Anno 1581 wider den ersten Artikel des christlichen Konkordienbuchs von der Erbsünde durch offenen Druck ausgesprengt. Heidelberg, 1583, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marbach_refutatio_1583/36>, abgerufen am 21.11.2024.